(Guido Berg, PNN) Nauener Vorstadt — Als “Einzigartigkeit” hat Brandenburgs Bildungsminister Holger Rupprecht die Gedenkstätte im ehemaligen Gefängnis des sowjetischen Geheimdienstes KGB in der Leistikowstraße bezeichnet. Der Minister stattete dem 1945 von einem Wohnhaus in ein Gefängnis umgebauten Gebäude gestern einen Besuch ab. Sein Fazit nach der Begehung des Hauses: “Hier muss dringend saniert werden, um den Verfall aufzuhalten”. Rupprecht sagte den Mitgliedern des Fördervereins der Gedenk- und Begegnungsstätte sowie dem “Evangelischen-Kirchlichen Hilfsverein” – seit dem Abzug der russischen Streitkräfte 1994 wieder Eigentümer der Immobilie in der Nauener Vorstadt – seine Hilfe zu: “Wo ich helfen kann, werde ich helfen.” Dies beziehe sich hauptsächlich auf eine Bekanntmachung der Gedenkstätte in den Schulen, für eine materielle Unterstützung verwies Rupprecht auf aktuelle Verhandlungen mit dem Landeskulturministerium. Der Minister warb für eine verstärkte öffentliche Wahrnehmung der Zeit der russischen Besetzung Ostdeutschlands nach 1945: “Das ist ein Abschnitt unserer Geschichte, der in das kollektive Gedächtnis gehört”, sagte Rupprecht.
Die Villa in der ehemaligen Mirbachstraße Nr.1 war 1916 fertiggestellt worden und beherbergte bis 1945 Büroräume der “Frauenhilfe” des Evangelisch-Kirchlichen Hilfsvereins. Nach der Niederschlagung des Nazi-Regimes durch die Sowjetarmee wurde das Haus als Teil des “Militärstädtchens Nr.7” nach der Potsdamer Konferenz enteignet und zum Gefängnis umgebaut. Wie Gisela Kurze vom Verein “Memorial” gestern im Beisein des Bildungsministers erläuterte, sei dieser Umbau an den zugemauerten Fenstern noch heute gut erkennbar. Der russische Geheimdienst NKWD, später KGB, inhaftierte und verhörte dort Personen unter unmenschlichen Bedingungen. Rupprecht zeigte sich nach Besichtigung der Ausstellung “Von Potsdam nach Workuta” tief berührt von den Einzelschicksalen der in der Leistikowstraße Inhaftierten. So wurde der 1930 in Potsdam geborene Hermann Schlüter der Ausstellung zufolge gemeinsam mit drei anderen Schulkameraden am 23. Dezember 1945 verhaftet und dort inhaftiert, weil er den Russisch-Unterricht verweigerte. Schlüter, der heute noch in Potsdam lebt, wurde gerettet, seine inhaftierten Mitschüler erschossen.
Wie Peter Leinemann vom Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein erklärte, gibt der Zustand des Hauses Anlass zu größter Sorge: “Es zerbröckelt uns unter den Händen”. Hilfe bei der Substanzrettung erhoffe er sich nicht nur vom Land, sondern auch von der Bundesregierung. Anlass für ein Engagement des Bundes sieht Leinemann aus folgendem Grund: Recherchen zufolge sei das Haus das einzige im Originalzustand erhaltene KGB-Gefängnis in Deutschland und in Ost€pa. Das nächste ähnliche Gebäude finde sich in Estland. Leinemann: “Wo gab es nach Ende des kalten Krieges einen direkten Besitzerwechsel vom KGB zur Kirche, die gesagt hat, das kann man nicht einfach abreißen?”