Wie schon Jahre zuvor versucht der deutsche Staatsapparat vor Großereignissen, wie dem aktuellen 1.Mai in Berlin, linksradikale Projekte, Gruppen, Bündnisse und Einzelpersonen einzuschüchtern. Dazu nutzen sie meist die Mittel der Razzien, öffentliche Kriminalisierung und Hausdurchsuchungen.
Auch in diesem Jahr, kurz vor dem 1.Mai, bekamen linke Projekte Besuch von der Polizei, darunter der bekannte Laden M99 in Kreuzberg (24. April 2010, 28.April 2010), der Buchladen Schwarze Risse in Kreuzberg und Prenzlauer Berg (19.April 2010, 24.April 2010, 29.April 2010), der Antifa-Laden Red Stuff (24.April 2010, 29.April 2010), der Server So36 (28.April 2010). Grund hierfür waren Antimilitaristische Schriften und eine Interim Ausgabe in der zu Straftaten aufgerufen wurde, bzw. in der eine Bauanleitung für Molotow-Cocktails zu finden sein soll.
Dies betraf in den meisten Fällen Objekte, die sich mit Razzien auskennen, doch auch Einzelpersonen stehen unter besonderer Beobachtung. In Berlin gab es daher schon erste „Gefährderansprachen“ durch Mitarbeiter des LKA Berlin.
Wenn es dreimal klingelt…
Im südlich von Berlin liegendem Königs Wusterhausen fand am Dienstag, dem 27.April 2010, ein Hausdurchsuchung bei einem stadtbekanntem Antifaschisten statt. Morgens um sechs, wie üblich, hämmerten Mitarbeiter des Brandenburger sowie des Berliner LKA an die Tür von Steven G.*, wobei besonders die Berliner Beamten sich aggressiv hervortaten und nur durch das Einwirken der
Brandenburger Kollegen an einem Aufbrechen gehindert wurden.
Der Grund für die Kriminalisierung und Hausdurchsuchung war, dass G. im November 2009 an einem Angriff auf den Schöneweider Neonaziladen „Zum Henker“ aktiv dabei gewesen sein soll und ihm die Tat des Landfriedensbruchs angehangen wird. Es
gab mindestens drei unabhängige Zeug_Innen, die dies anders sehen. Fakt ist, dass G. von mindestens fünf Neonazis vor der Nazikneipe zusammengeschlagen wurde und als er am Boden lag, diese versuchten ihm auf dem Kopf zu treten, so dass er
kurzzeitig das Bewusstsein verlor. Die Polizei stellte trotz Zeugenaussagen die Ermittlungen gegen die identifizierten
Ex-Frontbann-Aktivisten ein, da G. keine Aussage zu Täter_Innen machen konnte.
Der weitere Grund für die Hausdurchsuchung durch die Brandenburger Beamten kam daher, da G. beim Verkleben eines Stickers „erwischt“ wurde. Auf dem Aufkleber war ein blutender Neonazi zu sehen mit der Unterschrift „Nazis aufs Maul“. Laut den
Polizeibeamten ist dies ein Aufruf zur Straftat.
Welchem Zweck diente also diese Hausdurchsuchung?
Bei der Hausdurchsuchung wurden Handys, Aufkleber, Plakate und linke Zeitschriften beschlagnahmt. Dabei handelte es sich nicht um das oben erwähnte Motiv, sondern um verschiedene typische Antifa-Aufkleber, die keine strafrechtliche Relevanz haben.
Der Hauptgrund dient nur zur Einschüchterung der sehr aktiven antifaschistischen Szene in Königs Wusterhausen, Zeuthen und den übrigen Gemeinden. Seit längerer Zeit stehen junge Antifaschist_innen in dieser Gegend unter Observation durch VS und
polizeilichen Staatsschutz und es gab einige Anquatschversuche und Einschüchterungen.
Enough is Enough
Das gesamte Jahr über sind gerade provinzielle Antifaschist_innen und Gruppen Repressionen von Seiten „Anti- Extremistischer“-Polemik der Lokalmedien und Naziangriffen ausgesetzt. Meist sind die wenigen alternativen Jugendlichen, die einzigen aktiven Akteure im Ort, die sich gegen eine rechte Hegemonie stellen. Im Fall von G. gingen die Nazis in den vergangenen Monaten soweit, dass sie sein Haus mehrfach attackierten und beschmierten. Der vorläufige Höhepunkt war die Zerstörung des Fahrzeuges seiner Eltern in der Nacht zum 13.03.2010.
Am kommenden Samstag wollen nach sechs Jahren Pause wieder einmal Neonazis aus vielen Bundesländern und Europa auf die Straße gehen. Wir werden dies nicht dulden und rufen gerade auch wegen den Problemen in den Berliner Vororten dazu auf, an Blockaden teilzunehmen und den Naziaufmarsch in Berlin Pankow mit allen Mitteln zu verhindern.
Darüber hinaus ist am Abend die revolutionäre erste Mai Demo, welche nicht nur eine Tradition ist, sondern eine der wenigen Demonstration im Jahr ist, in der wir uns für die übers Jahr verteilte Repression revanchieren können.
Aus diesem Grund kann die eigene Zielsetzung fürs Wochenende, an der wir uns selber messen sollten, nur lauten:
Keinen Meter Freiraum für Nazis und Bullen. Nicht
in Pankow, nicht in Kreuzberg, nirgendwo.
Unsere Straßen — Unsere Kieze – Unsere Stadt ! ! !
*(Name geändert)