Am Samstag, den 8. Mai 2010, will der NPD Kreisverband Havel Nuthe in Brandenburg an der Havel unter dem Motto: „Freiheit, Frieden und Selbstbestimmung“ einen Aufmarsch durchführen. Eine Entsprechende Anmeldung durch den Kreisverbandsvorsitzenden, Michel Müller aus Rathenow, liegt inzwischen der Polizei vor.
Mit der Wahl des Termins und dem entsprechenden Motto provoziert die NPD bewusst. Der 8. Mai ist der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus und ein herausragendes antifaschistisches Eckdatum zu dem sich selbst, seit der weltweit beachteten Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Jahr 1985, auch die Bundesrepublik offiziell bekennt.
(Neo)nazis ist dieser symbolische Tag jedoch ein stechender Dorn im Auge, steht er doch für die größte Niederlage ihrer geistigen Vorgänger und als Untergang ihres weltanschaulichen Ideals.
Das Motto „Freiheit, Frieden und Selbstbestimmung“ ist deshalb irreführend. Gemeint ist hier nicht das Bekenntnis zur Nachkriegsordnung und zur Verfassung der Bundesrepublik, sondern eher die Forderung nach einer Entledigung dieser. Zu diesem Zwecke will die NPD auch ihre Strukturen in Brandenburg an der Havel ausbauen und bereitet seit Anfang 2010 die Gründung eines Stadtverbandes vor. Für „volksfeindliche Akteure“ soll dann „die Luft“ in der Stadt „dünn(er)“werden, so deren Kreisverband Havel-Nuthe auf dessen Internetseite.
Als Redner für den Aufmarsch am 8. Mai werden der stellvertretende Vorsitzende des NPD Landesverbandes Brandenburg, Ronny Zasowk aus Cottbus, sowie der JN Landesvorsitzende von Sachsen-Anhalt, Andy Knape aus Magdeburg, erwartet. Sie traten bereits im vergangenen Jahr bei Veranstaltungen des NPD Kreisverbandes Havel-Nuthe auf, Zasowk am 18. April 2009 in Rathenow und Knape am 25. April 2009 in Treuenbrietzen. In ihren damaligen Redebeiträgen stellten sie die Befreier, die Alliierten der Anti-Hitler-Koalition, als „Kriegsverbrecher“ und „Täter“ dar, versuchten dadurch die historischen Abläufe zu verdrehen und die Verbrechen des Nationalsozialismus zu relativieren bzw. in die Vergessenheit zu drängen.
Vergessen sind die Schandtaten der Nationalsozialist_innen in Brandenburg an der Havel jedoch nicht, zu tief haben sich die Qual und das Leid der Opfer und deren Angehörige in die Stadtgeschichte eingebrannt. Insbesondere die massenhafte Vernichtung von psychisch kranken Menschen der städtischen Landesanstalt Görden als „lebensunwertes Leben“ steht dabei hier beispielhaft für die menschenverachtende Ideologie des NS Regimes. 9.772 Menschen wurden dabei allein in Brandenburg an der Havel ermordet.
Vergessen sind nicht die 1.798 Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, darunter Anton Saefkow, Werner Seelenbinder und Bernard Bästlein, die aufgrund Ihres Engagements gegen das NS Regime im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet wurden.
Vergessen sind nicht die 200 Jüd_innen, denen im Zuge des Novemberpogroms 1938 erst ihre Synagoge und nach der Wannseekonferenz 1942, deportiert in die Vernichtungslager des NS Regimes, systematisch ihr Leben genommen wurde.
Vergessen sind nicht die tausenden Zwangsarbeiter_innen, die in der städtischen Rüstungsindustrie zur Sklavenarbeit gezwungen wurden und von den mindestens 819 an den Folgen der unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen starben.
Vergessen sind nicht die Soldat_innen der sowjetischen und polnischen Armee, die ihr Leben für die Befreiung von Brandenburg an der Havel opferten.
Sie nicht zu vergessen und den (Neo)nazis am 8. Mai nicht die Deutungshoheit für diesen Tag zu überlassen sind verschiedene Veranstaltungen und Aktionen in Planung, zu den nähere Informationen noch folgen werden.
Momentaner Startpunkt der NPD Veranstaltung ist die Bahnhaltestelle Brandenburg/Altstadt, ab 12.00 Uhr.