Ex-NPD-Chef Deckert plant bei Freiberg rechtes Zentrum
Verfassungsschutz alarmiert / Bürgerinitiative macht mobil
Ein graues Haus, geduckt unter Bäumen, der Schriftzug “Gasthof Gränitz ” schimmert noch aus alter Zeit. Jahrelang tat sich in dem einst beliebten Landlokal südlich von Freiberg gar nichts mehr. Erst seit einigen Wochen sind Bauleute am Werk. Einer von ihnen, ein kräftiger Kerl mit Brille, Karo-Hemd und Cordhose, ist jedoch ein Mann, der jahrelang düstere Schlagzeilen machte: Günter Deckert, Anfang der 90-er Jahre Chef der rechtsextremen NPD und Auschwitz-Leugner, baut im Erzgebirge einen Knotenpunkt für sein neonazistisches Netzwerk auf, seit der 62-Jährige das Haus vor einigen Monaten erwarb.
Der Verfassungsschutz ist alarmiert. Es kann davon ausgegangen werden, “dass Deckert mit Hilfe des Objektes rechtsextremistische Ideologie verbreiten will. Sollte es zur Einrichtung dieses Tagungs- und Veranstaltungszentrums für Rechtsextremisten kommen, besteht die Gefahr des Anstiegs rechtsextremistischer Aktivitäten in der Region ” , warnt das Landesamt. Aus einem Aufruf Deckerts vom Juli 2001 gehe hervor, dass er beabsichtige, die Liegenschaft in Gränitz nach den Renovierungsarbeiten als “Deutsches Haus ” für Tagungen, Seminare, Parteitage und Konzerte zu nutzen. Deckert ist für die Fachleute ein rotes Tuch: “Es kann von einem überzeugten Rechtsextremisten gesprochen werden, dessen Aussagen nicht selten fremdenfeindlichen, antisemitischen und revisionistischen Charakter haben ” , heißt es beim Verfassungsschutz. NPD-Chef Deckert war im Herbst 1995 von den eigenen Leuten weggeputscht worden, wanderte von Ende 1995 bis Oktober 2000 unter anderem wegen Aufstachelung zum Rassenhass, Volksverhetzung und Verunglimpfung in Haft. Wieder auf freiem Fuß, versucht er, in der NPD erneut an Einfluss zu gewinnenlaut Verfassungsschutz auch mittels Kontakten zu Rechtsextremisten und NPD-Mitgliedern im Erzgebirge und in Görlitz. Freiberger NPD-Mitglieder sowie Angehörige der rechtsextremistischen Kameradschaft “Norkus ” würden Deckert nun beim Aufbau des Hauses in Gränitz unterstützen. Das Haus, so sagt Deckert, könne “Zum deutschen Erzgebirge ” heißen und solle für viele Gäste offen stehen, auch für den Feuerwehrabend oder den Dorfschwof. Der frühere Lehrer aus Weinheim (Baden-Württemberg) schränkt aber zugleich ein: ausländische Gruppen oder die PDS sind nicht willkommen. Viele Leute im Ort beobachten Deckerts Absichten mit Sorgenfalten. Wer weiß, was dann alles hier los ist ” ; sagt eine ältere Frau, die vom Gartenzaun den Gasthof sehen kann. Angst gebe es bei vielen der 160 Einwohner. Inzwischen formiert sich der Protest. Eine Bürgerinitiative um die 26-jährige Geologie-Studentin Katy Unger, die als Parteilose für die PDS im Freiberger Stadtrat sitzt, will die Bürger und die Öffentlichkeit über die Aktivitäten aufklären. Deckert versuche bereits, junge Leute aus der Region anzuwerben, sagt Unger. Für Mitte Mai plane sie eine Bürgerversammlung, nachdem eine Veranstaltung im April am Widerstand des Bürgermeisters kurzfristig gescheitert war. In der Bürgerinitiative engagierten sich vor allem junge Leute aus der Regiondarunter so manche, deren Jugendhäuser in der Vergangenheit von Neonazis angegriffen wurden. “Und wir befürchten, dass die Übergriffe zunehmen ” , sagt Unger, die im September für den Bundestag kandidiert. Sie will jetzt darauf drängen, dass Deckert die Gaststätten-Konzessionen gar nicht erst erhält. Große Hoffnungen macht sie sich aber nicht.