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Falscher Alarm

POTSDAM Der Fall Rolf Wis­chnath war hoch ange­bun­den. Der Leit­er des
Kon­sis­to­ri­ums der Evan­ge­lis­chen Kirche in Berlin-Bran­den­burg, Uwe Runge,
selb­st nahm sich den in der Kirche kur­sieren­den Stasi-Gerücht­en an. In Köln
traf er sich vor einiger Zeit mit zwei Mitar­beit­ern des Bun­de­samtes für
Ver­fas­sungss­chutz (BfV) — bei­des Experten für die Stasi-Hauptverwaltung
Aufk­lärung (HVA), die DDR-Spi­onage. Die hat­ten einen Deck­na­men (IM
“The­ologe”) entschlüs­selt, hin­ter dem sich der Cottbuser
Gen­er­al­su­per­in­ten­dent Wis­chnath ver­ber­gen kön­nte. Doch der ganze Vorgang
stellte sich als falsch­er Alarm her­aus. Die Akten­lage war der­art dünn, dass
nie­mand einen Vor­wurf gegen den 55-jähri­gen Wis­chnath erheben konnte.
Lediglich in den so genan­nten Sira-Bän­dern, die erst 1999 entschlüsselt
wur­den, gab es den IM “The­ologe”, der in einem Zeitraum von sechs Jahren
sechs Kon­tak­te zur HVA gehabt haben soll. In Frage kamen aber gle­ich mehrere
Per­so­n­en. Die Gen­er­al­bun­de­san­waltschaft in Karl­sruhe lehnte schon 1999 ein
Ermit­tlungsver­fahren gegen Wis­chnath ab. Die Birth­ler-Behörde, die Wischnath
bere­its in den 90er Jahren mehrere Male über­prüft hat­te, schick­te am vorigen
Fre­itag ihren Bescheid. Belas­tende Unter­la­gen hat sie nicht gefun­den. “Ein
klar­er Per­silschein”, so Wis­chnath. Warum die Kirche aus­gerech­net den
Ver­fas­sungss­chutz um Mith­il­fe bat, ist unklar. Sprech­er Rein­hard Lampe gab
an, dass es einen solchen direk­ten Kon­takt mit dem Ver­fas­sungss­chutz zu
einem möglichen Stasi-Fall seines Wis­sens zum ersten Mal gegeben habe.
Unter­schiedliche Angaben gibt es darüber, seit wann Wis­chnath von den
Erkun­dun­gen gegen sich gewusst hat. “Da gibt es noch Klärungs­be­darf”, so
Lampe. Kon­sis­to­ri­al­präsi­dent Runge will Wis­chnath bere­its Mitte September
2002 informiert haben. Das bestre­it­et Wis­chnath (siehe Inter­view). Runge gab
in ein­er Erk­lärung am Son­ntag an, es sei beim Gespräch mit dem
Ver­fas­sungss­chutz um die Frage gegan­gen, “ob die behauptete Identität
über­haupt stich­haltig sei”. Runge weit­er: “Darüber hin­aus geäußerte
Unter­stel­lun­gen ent­behren jed­er Grund­lage.” Der Bischof der Landeskirche,
Wolf­gang Huber, der zur Zeit im Urlaub ist, ließ gestern ver­bre­it­en, dass
die Über­prü­fun­gen ergeben hät­ten, dass es “keine Zusam­me­nar­beit” Wischnaths
mit der Stasi gegeben habe. Den Stein ins Rollen brachte am Woch­enende der
“Spiegel”. Die Kirche habe offen­bar mit Hil­fe des Verfassungsschutzes
ver­sucht, einen unbe­que­men Geistlichen zu diszi­plin­ieren, hieß es. Sie
knüpfe an eine berüchtigte DDR-Tra­di­tion an und kun­gele mit dem
Geheim­di­enst. Wis­chnath sagte, er könne sich das Aus­maß des Mis­strauens von
Kirchen­vertretern gegen ihn nicht erk­lären. Die Kirche, fordert nun
Wis­chnath, müsse sich zu den Vorgän­gen äußern. Die Reg­istrierung bei der
Stasi, so reimt er sich zusam­men, kön­nte so erfol­gt sein: In den 70er Jahren
war er als Mit­glied des Sozial­is­tis­chen Hochschul­bun­des oft in der DDR. Da
hätte es sein kön­nen, dass SED-Funk­tionäre ver­sucht­en, ihn ohne sein Wissen
anzuwer­ben. Wis­chnath ist seit 1995 Gen­er­al­su­per­in­ten­dent in Cot­tbus. Er
gilt als stre­it­bar­er Kopf, als umtriebig und unbe­quem. Wis­chnath ist
ehre­namtlich­er Vor­sitzen­der des Aktions­bünd­niss­es gegen Rechtsextremismus
und Gewalt und mis­cht sich des öfteren in die Tage­spoli­tik ein. Hin und
wieder tritt er Poli­tik­ern auf die Füße, vor allem CDU-Poli­tik­ern wie Jörg
Schön­bohm, wenn diese eine aus sein­er Sicht zu harte Abschiebeprax­is bei
Asyl­suchen­den an den Tag leg­en. Zulet­zt forderte Wis­chnath wegen einiger
Fälle von Kirchenasyl die Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion. Bis 2001
war er Mit­glied der SPD. Wegen des Afghanistan-Krieges gab er sein
Parteibuch ab.

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