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Antifaschismus

Fighting for 20 years!

Am 7. Novem­ber 1992 wurde Rolf Schulze in Lehnin von drei Neon­azis zusam­mengeschla­gen, ertränkt und verbrannt.

Am 20. Feb­ru­ar 1996 wurde Sven Beuter in Bran­den­burg an der Hav­el von einem Neon­azi zu Tode getreten.

Diese Morde sind nur zwei von über 180 die seit der Wiedervere­ini­gung in der Bun­desre­pub­lik verübt wur­den. Bei­de Fälle eint, dass die Men­schen von beken­nen­den und organ­isierten Neon­azis ermordet wor­den sind. Bei­de Män­ner mussten ster­ben, weil sie „kein Recht, [haben] unter der strahlen­den Sonne zu leben“, wie es ein­er der Mörder von Rolf Schulze während der Gerichtsver­hand­lung ver­laut­en ließ.
Rolf Schulze war zu seinem Todeszeit­punkt im Jahre 1992 woh­nungs­los und schlief häu­fig auf Bahn­höfen. Des Weit­eren ging er kein­er geregel­ten Arbeit nach. Dies allein machte ihn zum poten­tiellen Opfer. Die drei Täter sahen in ihm nur eine Belas­tung für die Gesellschaft und befan­den daher, dass sie im Sinne dieser agieren, wenn sie ihn mis­shan­del­ten und in let­zter Kon­se­quenz töteten. Aus ihrer Ide­olo­gie macht­en sie während der Gerichtsver­hand­lung keinen Hehl. Auch gaben sie offen zu in ver­schieden neon­azis­tis­chen Grup­pierun­gen aktiv zu sein. Dies lässt die Schlussfol­gerung zu, dass ihre Hand­lung nicht im Affekt geschehen ist, son­dern let­z­tendlich die Kon­se­quenz ihrer Weltan­schau­ung ist, in der nur Men­schen ein Recht zu leben haben, die einen Mehrw­ert für die Gesellschaft darstellen
Ähn­lich ver­hält es sich bei dem Mord an dem alter­na­tiv­en Jugendlichen Sven Beuter. Er wurde von dem noch heute in der Neon­aziszene aktiv­en Sascha L. ermordet. Dieser ver­suchte zwar während der Gerichtsver­hand­lung Reue zu zeigen, tat dies nach­weis­lich jedoch nur, um mit ein­er milderen Gefäng­nis­strafe davon zu kom­men. Nach Beendi­gung dieser, machte er da weit­er, wo er vor dem Mord aufge­hört hat­te. Seit diesem im Jahre 1996 gibt es immer wieder Gedenkver­anstal­tun­gen die ver­sucht­en, diesen nicht auf eine Auseinan­der­set­zung von rival­isieren­den Jugend­grup­pen zu reduzieren, son­dern die poli­tis­che Dimen­sion klar zu benen­nen. An diese Tra­di­tion gilt es in diesem Jahr anzuknüpfen, denn solche Morde, als auch die zahlre­ichen Über­griffe auf Geflüchtete und deren Unterkün­fte geschehen nicht von unge­fähr, son­dern sind die logis­che Kon­se­quenz der Ungerechtigkeit des kap­i­tal­is­tis­chen Systems.
Dieses basiert auf der Aus­nutzung von Vor- und Nachteilen. Wer den Vorteil des Reich­tums hat, kann weitest­ge­hend tun und lassen was er_sie will. Wer diesen Vorteil nicht hat, muss sich aus­bilden lassen, um möglichst nüt­zlich zu sein und anschließend hof­fen, dass er_sie irgend­wo benötigt wird. Rand­grup­pen passen nicht in dieses Sys­tem, weil sie kaum Vorteile haben, welche sie zu ihren Gun­sten nutzen kön­nen oder wollen. Der Kap­i­tal­is­mus ken­nt nur zwei Größen: Kap­i­tal und Arbeit, wer das eine nicht hat, muss das andere verkaufen. Woh­nungslose Per­so­n­en haben nur eine sehr kleine Chance sich wieder in die nor­male Gesellschaft zu inte­gri­eren. Rand­grup­pen sind fremd und kaum eine_r möchte frei­willi­gen Kon­takt zum Frem­den. Das Fremde ist unan­genehm, ob es nun LGBTIs, Geflüchtete, Woh­nungslose oder andere sind, sie haben keinen Platz in der Gesellschaft, sie sind nicht präsent, sie haben nur ein kleine oder gar keine Lob­by. So klärt sich auch die Frage wer Schuld an der aktuellen Miss­lage hat. Keine_r übern­immt gern die Ver­ant­wor­tung, also wird sie jenen zugeschoben, welche in der öffentlichen Wahrnehmung nicht präsent sind. Soziale Grup­pen wer­den zu Verursacher_innen stil­isiert. Momen­tan wird dies, ohne zu hin­ter­fra­gen, haupt­säch­lich auf geflüchtete Men­schen angewendet.
Immer wieder bedi­enen sich namen­hafte Politiker_innen der aktuellen Flüchtlings­the­matik um gegen diese oder jene geflüchteten Gruppe mobil zu machen. Es wird ver­sucht zwis­chen diese Men­schen ein Keil zu treiben in dem zwei Grup­pen geschaf­fen wer­den, zum einen die poli­tis­chen Geflüchteten die vor dem Bürg­erkrieg in Syrien, dem Irak und Afghanistan fliehen, und wom­öglich einen Mehrw­ert für unsere Gesellschaft haben, und zum anderen die ökonomis­chen Geflüchteten, die ange­blich nur wegen der wirtschaftlichen Sit­u­a­tion aus den West­balkan­län­dern fliehen. Ganz klar ver­schwiegen wird hier­bei jedoch, dass ger­ade Län­der wie Deutsch­land Fluchtur­sachen wie Krieg und Armut schaf­fen. Dies geschieht durch den Export von Waf­fen, die Unter­stützung von dik­ta­torischen und monar­chis­tis­chen Reg­i­men sowie die hem­mungslose Aus­beu­tung von Rohstof­fen, um nur einige Gründe zu nen­nen. Solange jedoch die ober­ste Maxime ist, unter allen Umstän­den Prof­it zu erwirtschaften, die Men­schen gegeneinan­der auszus­pie­len und die Ver­ant­wor­tung für die eige­nen Hand­lun­gen wegzuschieben, wird sich nichts ändern.
Die aktuelle Sit­u­a­tion lässt sich gut mit den 1990er Jahren ver­gle­ichen als zahlre­iche Men­schen auf der Suche nach Schutz in die Bun­desre­pub­lik kamen. Schnell wurde für schon vorher beste­hende Prob­leme genau diese Men­schen ver­ant­wortlich gemacht. Der Hass entlud sich in Mölln, in Ros­tock-Licht­en­hagen, aber auch in Lehnin und Bran­den­burg an der Hav­el. Die Kon­se­quenz etwa war nicht, die Men­schen vor den Über­grif­f­en zu schützen, son­dern die Asylge­set­ze zu ver­schär­fen und die Polizei bess­er auszurüsten. Ähn­lich­es geschieht ger­ade wieder, denn nahezu täglich bren­nen geplante Geflüchtete­nun­terkün­fte, kommt es zu Über­grif­f­en auf Geflüchtete und ihre Unterstützer_innen. Die Kon­se­quen­zen sind ähn­lich denen in den 1990er Jahren: Ver­schär­fung der Geset­ze, Ausweitung der Liste mit den soge­nan­nten sicheren Herkun­ftsstaat­en, Auf­s­tock­ung der Polizeibe­di­en­steten und die Forderung nach Gren­zkon­trollen und ‑zäunen.
Eben­so ist die antifaschis­tis­che Antwort der der 1990er Jahre nicht unähn­lich. Der antifaschis­tis­chen Reak­tion auf die ras­sis­tis­che Gewalt und Poli­tik wird und wurde stark repres­siv begeg­net. Während in Ros­tock-Licht­en­hagen über mehrere Tage bürg­er­liche Rassist_innen und Neon­azis gemein­sam Unterkün­fte angreifen kon­nten, in denen Asylbewerber_innen und ehe­ma­lige Vertragsarbeiter_innen unterge­bracht waren, war es möglich ein­er antifaschis­tis­chen Demon­stra­tion sechs Tage später mit 3.000 Polizeibe­di­en­steten zu begeg­nen. Es wur­den Zufahrtswege nach Ros­tock, sowie der Bah­n­verkehr kon­trol­liert und unter­brochen, mehrere Polizei- und Bun­des­gren­zschutzhub­schrauber kreis­ten über Ros­tock, mehrere tausend Demonstrationsteilnehmer_innen kon­nten noch vor Ros­tock fest­ge­hal­ten wer­den. Das heutige Äquiv­a­lent ist nahezu jede Woche zu beobacht­en, regelmäßig bren­nen Asylbewerber_innenunterkünfte, es ist bemerkenswert, dass es noch keine Toten gab. Wie in den 1990er Jahren ist die antifaschis­tis­che Bewe­gung, durch ras­sis­tis­che Gewalt und Repres­sion, zur Reak­tion gezwun­gen. Es gibt keine uni­versell funk­tion­ierende Gegen­strate­gie. Damals wie heute ist man damit beschäftigt die Brände zu löschen und die Mitstreiter_innen gegen Repres­sion zu unterstützen.
Wir wer­den nicht zulassen, dass Sven Beuter, Rolf Schulze und all die anderen Todes­opfer neon­azis­tis­ch­er und kap­i­tal­is­tis­ch­er Weltan­schau­ung vergessen wer­den. Wir wer­den am 20. Feb­ru­ar gemein­sam auf die Straße gehen und zeigen, wohin Neon­azis­mus und Kap­i­tal­is­mus führen – zum Mord an Men­schen. Dies bedeu­tend für uns, dass der antifaschis­tis­che Kampf auch immer ein antikap­i­tal­is­tis­ch­er ist. Solange Men­schen ver­trieben, unter­drückt und ermordet wer­den, gehen wir auf die Straße. Wir kämpfen für eine Welt ohne Gren­zen, in der sich Men­schen frei ent­fal­ten kön­nen. In der Krieg, Unter­drück­ung und Aus­beu­tung der Ver­gan­gen­heit ange­hören. Kommt mit uns am 20. Feb­ru­ar auf die Straße, gedenkt den zahlre­ichen ermorde­ten Men­schen und zeigt deut­lich, dass der Kap­i­tal­is­mus für uns keine Option ist.
Wir wer­den dafür kämpfen, dass den Opfern neon­azis­tis­ch­er und kap­i­tal­is­tis­ch­er Gewalt erin­nert wird, und aus Tat­en Kon­se­quen­zen gezo­gen wer­den. Dies schließt die kri­tis­che Auseinan­der­set­zung, und Bekämp­fung, des kap­i­tal­is­tis­chen Sys­tems ein. Eine Gesellschaft welche aus der Aus­beu­tung der Unter­schiede, vor allem den daraus resul­tieren­den Nachteilen, basiert, wird als Folge unauswe­ich­lich die Gewalt ern­ten, die von den Vertreter_innen des Sys­tems zuvor noch verurteilt wor­den ist. Das antifaschis­tis­che Gedenken und der damit ver­bun­dene Kampf schließt für uns auch die Auseinan­der­set­zung mit der Abschot­tung Europas und die Unter­stützung von Geflüchteten mit ein. Es kann nicht nur eine Spiel­regel des Regel­buchs bekämpft wer­den, die Prob­lematik liegt im Ganzen. Wie in den 1990er Jahren wer­den wir dafür kämpfen, den­noch darf nicht vergessen wer­den, dass wir uns selb­st (weiter-)bilden müssen. Antifaschis­tis­ches Han­deln bedeutet nicht nur, dass man sich durch Klei­dung, Aufnäher und Musik mit ihr iden­ti­fiziert. Sie bedeutet vor allem geistig und kör­per­lich fit zu sein, um auf allen Ebe­nen agieren zu kön­nen. Wir müssen in der Lage sein ras­sis­tis­chen Bürger_innen auch argu­men­ta­tiv ent­ge­gen­zutreten, da diese keine Min­der­heit, son­dern ein Großteil unser­er Gesellschaft sind. Eine gewisse kör­per­liche Fit­ness ist in Zeit­en, in denen ras­sis­tis­che und neon­azis­tis­che Gewaltäter_innen, immer freier agieren kön­nen, unab­d­ing­bar, um sich selb­st und andere zu verteidigen.
Es ist deswe­gen nicht notwendig mit Motor­rad­hel­men auf Demos zu gehen, den­noch kön­nen Aktion und The­o­rie nur funk­tion­ieren, wenn sie kom­biniert werden.
Deshalb:

Organ­isiert euch!
Bildet euch!
Wehrt euch!

– Am 20. Feb­ru­ar 11 Uhr – Antifaschis­tis­che Demon­stra­tion in Bran­den­burg an der Havel –

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