Im Anhang befindet sich ein offener Brief zu dem “Vorfall” letzte Woche in der
Ausländerbehörde.
Mit großer Betroffenheit haben wir von den schweren Verletzungen des
kenianischen Flüchtlings, Joseph M. gehört. Aus Panik und Angst vor der
Abschiebung ist er letzten Donnerstag aus dem Fenster der Frankfurter
Ausländerbehörde gesprungen. Querschnittsgelähmt wird er sein Leben lang
die Folgen davon tragen.
Herr M. ist mit einer Frankfurterin verlobt, nur bürokratische Hürden hatten
eine Terminsetzung für die Hochzeit verhindert. Für das Standesamt fehlte
eine schriftliche Bestätigung der Gültigkeit seines Reisepasses, obwohl die
Ausländerbehörde diesen bereits als gültig anerkannt hatte.
Die
Ausländerbehörde wiederum wusste von der Verlobung, trieb aber die
Abschiebung weiter voran. Herr M. wurde zur Behörde bestellt, dort erhielt er
die Abschiebeverfügung, die Polizei sollte ihn mitnehmen.
Es ist für Nichtbetroffene nicht nachvollziehbar, welche Verzweiflung die
Angst vor einer Abschiebung hervorrufen kann. Das plötzliche Erscheinen der
Polizei – wie letzten Donnerstag in der Frankfurter Ausländerbehörde – löst
Panik aus. Nicht zum ersten Mal im wiedervereinigten Deutschland sprang
deshalb ein Mann aus dem Fenster. Wieder ein Menschenleben zerstört.
Das ganze muss im Kontext des bundesdeut schen Asyl- und Ausländerrechtes
und deren Umsetzung gesehen werden.. Fakt ist, in solchen Fällen hat die
Ausländerbehörde einen im Gesetz festgelegten Ermessenspielraum, die
Abschiebung so lange nicht zu vollziehen, bis andere Fragen geklärt sind.
Warum die Ausländerbehörde in Frankfurt (Oder) dies nicht getan hat, wird
noch zu klären sein.
In anderen Ländern wird der Begriff „institutioneller Rassismus“ verwendet für
die Fälle, wo institutionelles Handeln zur rassistischen Ausgrenzung führt,
ohne dass einer konkreten Person Rassismus vorgeworfen werden kann. Da
aber Institutionen nur aus Menschen bestehen, liegt es an Menschen,
Verantwortung zu übernehmen und die Praxis zu verändern.
Wir fordern die Verantwortlichen der Stadtverwaltung auf, lückenlos
aufzuklären, wie es zu diesem tragischen Unglück kommen konnte, und
entsprechend Veränderungen in der Praxis im Umgang mit Ausländern
einzuleiten, die einen solchen Akt der Verzweiflung künftig vermeiden lassen.
Dabei meinen wir ausdrücklich nicht das Anbringen weiterer Gitter an die
Fenster der Behörde! Es würde ein schlechtes Licht auf Frankfurt (Oder)
werfen, wenn es nicht gelingt, aus diesem tragischen Vorfall mindestens ein
Bisschen positive Veränderung zu erreichen.
Außerdem fordern wir, dass Herr M. aus humanitären Gründen und
unabhängig von der Eheschließung eine Aufenthalterlaubnis erhält, sowie jede für
seine Genesung notwendige Unterstützung – als Zeichen dafür, dass Frankfurt (Oder) sich wirklich als freundlich bezeichnen kann.