POTSDAM Der Flüchtlingsrat Brandenburg hat einen Abschiebestopp für
Asylsuchende gefordert, die ab Januar unter die Härtefallregelung des
neuen Zuwanderungsgesetzes fallen könnten. Nach dem Vorbild
Schleswig-Holsteins müsse drei Monate vor Inkrafttreten des Gesetzes
auch in Brandenburg auf Abschiebungen verzichtet werden, sagte Judith
Gleitze vom Flüchtlingsrat gestern in Potsdam. Derzeit würden in fast
allen Bundesländern Menschen abgeschoben, die ab Januar die
Härtefallregelung nutzen könnten. In Brandenburg müsse zudem eine
Härtefallkommission eingerichtet werden, forderte Gleitze. “Wir gehen
davon aus, dass das im Koalitionsvertrag von SPD und CDU festgeschrieben
wird.”
Ein Leben in der Warteschleife
Tag des Flüchtlings: Initiativen erinnern
Ein Leben in der Lücke. Ein Leben, das gestattet ist, geduldet, befristet. Bis wieder eine Instanz entschieden hat, ob es weiter geht in Deutschland oder zurück in die — ja was eigentlich?
Heute ist Tag des Flüchtlings. Gestern luden Flüchtlingsrat, Flüchtlingsinitiative Brandenburg und der Schauspieler Kostas Papanastasiou (Lindenstraße) zum Pressegespräch. Auf dem Podium saß auch die seit Juli 2003 in Potsdam lebende Adela B.. Seit zehn Jahren lebt sie in Deutschland, dieses Jahr machte sie in Berlin ihr Abitur. Die Eltern sind von den Kriegsereignissen in Bosnien, woher sie damals flohen, traumatisiert. 2003 sollten sie alle abgeschoben werden. Der Asylantrag ist in erster Instanz abgelehnt. Mehr als die Hälfte ihres Lebens hat Adela in Berlin und Potsdam verbracht. Ist zur Schule gegangen. Würde gern hier Studieren. Oder der Kosovare, den Papanastasiou kurzerhand zu seinem Patenkind erklärte. Im Kosovo von der serbischen Polizei verfolgt, kam er mit seiner Frau vor 13 Jahren nach Berlin. Geduldet. Drei Kinder kamen in Deutschland zur Welt. Gehen hier zur Schule. Ihre Muttersprache ist deutsch, sagt der Vater. 2001 kam die Familie in Abschiebehaft. Sie beantragten Asyl, leben heute in Potsdam. Die Kinder wären im Kosovo so fremd wie jedes andere deutsche Kind auch.
Während die Betroffenen das erzählen, zerschnipselt Papanastasiou auf seinem Stuhl ein Maßband: Wäre jeder Schnipsel ein verlorener Tag, der durch das Warten entsteht, der Haufen wäre riesig, sagt er. “Verlorene Zeit. Für sich und das Land wo sie leben, um etwas Schöpferisches zu tun.”
Die derzeitigen Zustände möchten die Flüchtlingsinitiativen nicht hinnehmen. Sie fordern Bleiberecht für Familien, die seit drei Jahren hier leben, für Alleinstehende, die seit fünf Jahren in Deutschland sind und für Minderjährige, die allein hierher kamen, nach zwei Jahren. Sie wollen eine Chance dieser Menschen auf Sicherheit, Ausbildung, Studium oder Beruf.