POTSDAM Der Landesflüchtlingsrat hat Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) heftig kritisiert. Mit Äußerungen zum Asylrecht betätige sich Stolpe “als geistiger Brandstifter”, so der Tenor einer Kundgebung gestern vor der Potsdamer SPD-Landeszentrale. Anlass der Demonstration: Der Regierungschef hatte von der Bundesregierung Änderungen am Entwurf des Zuwanderungsgesetzes gefordert. Diese würden zu massiven “Verletzungen von Grund- und Menschenrechten führen”, heißt es in einem offenen Brief des Flüchtlingsrates.
 
Im MAZ-Interview hatte Stolpe die brandenburgische Haltung bekräftigt. Der Kompromissvorschlag der Landesregierung weicht in fünf Punkten vom Gesetzentwurf der Bundesregierung ab. Unter anderem sieht er vor, das Höchstalter für den Nachzug der Flüchtlingskinder von 14 auf 12 Jahre zu senken. Außerdem dürfe nicht-staatliche Verfolgung nicht als Asylgrund gesetzlich festgeschrieben werden. “Man kann für solche Fälle sicher weiterhin humanitäre Lösungen finden”, hatte Stolpe betont.
 
Zwischentöne, die das frierende Demonstranten-Grüppchen nicht interessierte. Das Schreiben des Flüchtlingsrates, das vorab an alle Abgeordneten des Landtages verteilt wurde, sieht in den Kompromissvorschlägen eine “Missachtung der Genfer Flüchtlingskonvention”. Dieser Meinung versuchten die rund 30 Protestierenden trotz dichten Schneetreibens mit satirisch-überspitzten Sketchen Ausdruck zu verleihen.
 
Für den Ministerpräsidenten nahm SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness das Schriftstück aus Händen der Potsdamer Ausländerseelsorgerin Annette Flade in Empfang. Er verteidigte die brandenburgische Haltung: Wichtig sei, in dieser Legislaturperiode das Gesetz zu verabschieden. “Das geht nur mit Kompromissen.” Weil es im Bundesrat keine rot-grüne Mehrheit gibt, gilt Brandenburg in der Länderkammer als “Zünglein an der Waage”.
 
Unterdessen nahm auch Stolpe dazu Stellung. Er bekannte, durchaus Verständnis für die Emotionen der Demonstranten zu haben. Als verleumderisch wies der Ministerpräsident jedoch den Vorwurf zurück, er provoziere Fremdenfeindlichkeit. “Politik”, bekräftigte er, “wird nicht nach Träumen gestaltet, sondern nach Mehrheiten.”