(Flüchtlingsrat) Aus Anlass des „Anti-Rassismus-Tages der Vereinten Nationen“ am 21. März verleiht der Flüchtlingsrat des Landes Brandenburg zum neunten Mal den Denkzettel für systeminternen und strukturellen Rassismus.
Der „Preis“ geht dieses Jahr an:
Herrn Ralf Schröder, Geschäftsführer des AWO-Kreisverbandes Havelland e.V.
für den Versuch, Flüchtlingen einen Maulkorb zu verleihen
Briefgeheimnis und Privatsphäre der Bewohner des Rathenower Flüchtlingsheimes wurden missachtet. Als sich die Bewohner des Heimes im Sommer 2002 Hilfe suchend an die Öffentlichkeit wandten, wurden sie von der Geschäftsführung der AWO Havelland wegen Verleumdung angezeigt.
Bis heute gibt es keine öffentliche Entschuldigung von Seiten des Geschäftsführers der AWO Havelland für die illegalen Kontrollen im Heim. Im Gegenteil — Herr Schröder ist der Ansicht, dass bereits die Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft als Erfolg der Anzeige gewertet werden müsse.
Bereits letztes Jahr sollte es einen Maulkorb für die Verleiherinnen des Denkzettels geben. Die „Preisträger“ von 2004 regten eine einstweilige Verfügung an, in der Ansicht eine solche öffentliche Meinungsäußerung müsse unterdrückt werden. Dieser einstweiligen Verfügung konnte sich der Flüchtlingsrat mit Hilfe kompetenter anwaltlicher Unterstützung vor Gericht erwehren.
Auch die Bewohner des Heimes in Rathenow erfuhren starke Unterstützung von Bekannten, Initiativen und Juristen und konnten so ihr Recht auf Meinungsäußerung durchsetzen. Doch was geschieht mit Menschen, die diese Unterstützung nicht bekommen? Wie viele sind schon durch ähnliche Einschüchterungsversuche von zaghaften Kritikversuchen abgebracht worden?
Die Erfahrungen der letzten beiden Jahre zeigen deutlich, dass Auszeichnungen wie der Denkzettel immer wieder notwendig sind, um Unterdrückungsversuche anzuprangern und zu bekämpfen.
Fragwürdiger Denkzettel für die Awo
Flüchtlingsrat Brandenburg kritisiert “systeminternen Rassismus”
(MAZ)RATHENOW Zum Anti-Rassismus-Tag der Vereinten Nationen am 21. März vergibt
der Flüchtlingsrat des Landes Brandenburg den “Denkzettel für systeminternen
und strukturellen Rassismus”. Die fragwürdige Auszeichnung bekommt in diesem
Jahr der Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Havelland, Ralf
Schröder. Dieser habe, so heißt es in einer Pressemitteilung des
Flüchtlingsrates versucht, “Flüchtlingen einen Maulkorb zu verleihen”. Das
Briefgeheimnis der Bewohner des Rathenower Asylbewerberheimes am Birkenweg
sei missachtet worden. Ein Gerichtsurteil, das Ende vergangenen Jahres vor
dem Amtsgericht Rathenow erging, bestätigt, dass im Asylbewerberheim
unerlaubt Briefe geöffnet wurden. Konkret handelt es sich um einen
Freispruch für zwei Asylbewerber, die von der Staatsanwaltschaft — nach
einer Strafanzeige der Awo gegen Unbekannt — wegen “Übler Nachrede”
angeklagt wurden. Die Asylbewerber hatten in einem offenen Brief auf die
Missstände im Asylbewerberheim aufmerksam gemacht.
Bis heute, so der Flüchtlingsrat in seiner Erklärung, gebe es keine
öffentliche Entschuldigung des Geschäftsführers der Awo. Zwar habe sich die
Arbeiterwohlfahrt Havelland, so Vera Everhartz vom Flüchtlingsrat gestern,
“mit einem kurzen Dreizeiler entschuldigt”. Dabei handele es sich jedoch
nicht um eine öffentliche Entschuldigung.
Fredi Matthews, Kreisvorsitzender der Awo Havelland, sagte gestern, er werde
die Delegation des Flüchtlingsrates am Montag empfangen. “Alles, was mit dem
Asylbewerberheim zu tun hat, geht inzwischen über meinen Schreibtisch”,
sagte er. Im Februar habe die Awo bei einem Gespräch mit Flüchtlingen aus
dem Heim und Flüchtlingsverbänden versucht Wege aufzuzeigen, wie das Leben
und Miteinander von Heimbewohnern und Heimleitung harmonisch organisiert
werden kann. “Dazu werden Arbeitsgruppen gebildet, in denen die Flüchtlinge
mitarbeiten”, sagte Matthews. Eine Bekanntmachung dazu, verfasst in mehreren
Sprachen, hänge im Asylbewerberheim. Matthews glaubt, dass sich die Awo nach
dem Aufsehen erregenden Prozess bewegt hat: “Wir lernen aus den Fehlern und
ich finde es schlimm, wenn man uns Rassismus vorwirft.”
Vera Everhartz nennt die Konsequenzen, die von der Awo bisher gezogen
wurden, “ein bisschen unehrlich”. Der Denkzettel sei nicht für die
Arbeiterwohlfahrt sondern für Awo-Geschäftsführer Ralf Schröder. Vera
Everhartz verweist auf einen Leserbrief von Schröder. Darin hatte dieser die
Ermittlungen des Staatsanwaltes nach der Anzeige gegen Unbekannt als Erfolg
gewertet.