Bürgermeister Jann Jakobs: Das ist keine Satire mehr.
(25.04.02)
Von Michael Erbach
In Bornstedt sind im Zusammenhang mit der Diskussion um den geplanten Umzug des Asylbewerberheims in die Kirschallee erneut Flugblätter aufgetaucht – diesmal jedoch scheinen die Absender aus dem linken Spektrum zu kommen. Unter der Überschrift „Anstandsregeln für die wahren Bornstedter“ veröffentlicht eine „Bürgerinitiative Braunstedt“ auf dem Flugblatt zunächst sogenannte „genetische Voraussetzungen“ für einen „wahren Bornstedter“, darunter „Hautfarbe: deckweiß … Haarfarbe: blond-dunkelblond (getönt gilt
nicht) … Haarlänge männlich: maximal ein entimeter/weiblich:
Gretchenzöpfe … Ariernachweis über drei Generationen“. Unter der Zwischenüberschrift „Der wahre Braunstedter“, heißt es dann u.a., „der wahre Braunstedter konsumiert nur Bornstedter Produkte (Essen bei minderwertigen Rassen, zum Beispiel Chinesen, Italiener, ist Tabu), … verziert seinen Vorgarten mit stämmigen Eichen und Gartenzwergen, da diese Erkennungszeichen von Bornstedt sind, … ist aufgeschlossen gegenüber Fremden und bemüht sich um die Schaffung von Integrationszonen ab Ortsausgangsschild, dabei gilt: bei
jüdischen Spätaussiedlern ab 200 Meter, bei €päischen
Ausländern ab ein Kilometer, bei Fremden der Anzivilisierten Welt ab 20 Kilometer“. In altdeutscher Schrift heißt es dann weiter: „Arbeitsplätze schaffen! Lassen Sie sich jetzt ausbilden zum ‘Fachpogromverwalter‘! Steine schmeißen, Brandsätze bauen. Wir bilden Ihre politische Meinung aus! Bürgerinitiative Braunstedt“
Bürgermeister Jann Jakobs kritisierte die offenbar satirisch gemeinte Flugblattaktion. „Das ist schon keine Satire mehr, das ist bösartig. Die Bornstedter werden verunglimpft, zu Nazis gemacht – das haben sie nicht verdient.“ Jakobs bezeichnete die unbekannten Autoren des Flugblatts als „Trittbrettfahrer, die nicht besser sind
als jene Trittbrettfahrer von der anderen Seite“. Solche Aktion dienten nicht dazu, „die gegenwärtig konstruktiv verlaufenden Gespräche zu unterstützen“. Jakobs: „So etwas schadet nur.“Wie Jakobs weiter berichtete, werde es Anfang Mai zum nächsten Gespräch mit der Bürgerinitiative Bornstedt kommen. Die Initiative hat sich gegen den Umzug der derzeit etwa 150 Asylbewerber, zumeist junge Männer, von der Michendorfer Chaussee in die Kirschallee ausgesprochen. Die Asylbewerber aus etwa 20 Nationen sollen in einem Neubaublock untergebracht werden, der jahrelang von Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion bewohnt war. Die Initiative erklärte, dass eine solche Ansammlung von Asylbewerbern für beide Seiten unzumutbar sei, dass eine Integration nicht möglich sei und äußerte die Befürchtung, es könne zu einer Zunahme der Kriminalität und zu Belastungen im Alltag kommen. Mehr als 1000 Bornstedter unterstützten diese Haltung bislang mit ihrer Unterschrift.
Der Umzug des Asylbewerberheims wurde notwendig, weil das Gelände an der Michendorfer Chaussee Standort zweier Bundesbehörden werden soll. Zudem wäre eine Sanierung mit Millionenaufwand notwendig geworden. Derzeit, so Jakobs, würden Alternativstandorte zur Kirschallee geprüft. Eine entsprechende Liste war von der Bürgerinitiative Bornstedt übergeben worden. Als Kriterien würden weiter gelten: die
Zugriffsmöglichkeit durch die Stadt, ein vertretbarer finanzieller Aufwand und die verkehrsmäßige Erschließung. „Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen“, sagte Jakobs. „Bislang war noch kein Standort dabei, der eine Alternative zur Kirschallee darstellen könnte.“