Am vergangenen Freitag demonstrierten in Forst etwa 110 Menschen gegen die rassistische Praxis der dortigen Ausländerbehörde und des Sozialamts.
Am Freitagnachmittag, 03.08.2007 haben sich Forster Flüchtlinge und UnterstützerInnen in Forst versammelt, um gegen die rassistische Behandlung durch Ausländerbehörde und Sozialamt in Forst zu demonstrieren. Es war eine kleine farbenfrohe und auch fröhliche Demonstration, die unter den meist erstaunten, manchmal auch feindseligen Augen und Worten der Forster, begleitet durch ein verhältnismäßig starkes Polizeiaufgebot, unter Samba-Klängen durch die Forster Innenstadt zog.Der Aufruf zu der Demo stammt von der Flüchtlingsinitiative Brandenburg (FIB), unterstützt vom Flüchtlingsrat Brandenburg, der Opferperspektive Brandenburg, der Initiative gegen Abschiebeanhörungen Berlin, FeLS, Samba Band, der Initiative gegen Abschiebehaft, NoLager Network und der ChipkartenInitiative Berlin.Im folgenden werden einige der Vorgänge in Forst detaillierter beschrieben.
Die Petition der Flüchtlinge
Bereits im Februar 2007 haben sich die Flüchtlinge mit einer Petition an den Deutschen Bundestag gewandt, der sich leider als nicht zuständig erklärte. Die Petition wurde an den Landtag Brandenburg weitergeleitet. Dort möchte man gern Namen, genaue Daten der Einzelfälle wissen. Doch die Flüchtlinge haben das Vertrauen verloren. Sie fürchten verstärkte Repressionen, deshalb sind sie nicht zur Nennung von Namen bereit.
Ausländerbehörde Forst ist eine der restriktivsten Ausländerbehörden Deutschlands
Kommt ein Forster Flüchtling in eine Flüchtlingsberatungsstelle und erzählt, welcher Ausländerbehörde er zugeteilt wurde, schlagen die Mitarbeiter die Hände über dem Kopf zusammen. Es ist bekannt, dass die Ausländerbehörde in Forst eine der restriktivsten in Deutschland ist. Dass ein Forster Flüchtling kein Bleiberecht erhält, auch wenn er mit einem Deutschen Partner verheiratet ist oder ein gemeinsames Kind mit einem Deutschen Partner hat. Die Forster Ausländerbehörde macht auch nicht halt davor, Familien zu trennen und minderjährige Kinder abzuschieben.
Flüchtlinge haben menschenunwürdige Lebensumstände hinzunehmen
Die Flüchtlinge haben „menschenunwürdige Lebensumstände hinzunehmen hat, da sie ja aus einem Land kommt, wo auch menschenunwürdige Lebensumstände herrschen“, wie Frau G. von der Ausländerbehörde einmal im Beisein einer deutschen Begleitperson äußerte. Und so ist es für die MitarbeiterInnen der Forster Ausländerbehörde auch in Ordnung, dass man die Flüchtlinge jahre- bis jahrzehntelang in Zimmer (mindestens 6 m², so viel steht einem Flüchtling zu) sperrt, ohne dass sie arbeiten oder lernen dürfen und ohne, dass sie den Landkreis verlassen dürfen.
Residenzpflicht
Die Residenzpflicht für Flüchtlinge gibt es nur in Deutschland und Deutschland führt damit die bereits in seinen damaligen afrikanischen Kolonien praktizierte unrühmliche Tradition fort. Eine Tradition die benutzt wird, Flüchtlinge zu kriminalisieren. Oft wird auch ein bisschen nachgeholfen, indem man den Flüchtlingen Urlaubsscheine (Erlaubnis zum vorübergehenden Verlassen des Landkreises) verweigert, z.B. wenn es der schwangeren Freundin schlecht geht oder wenn der Freund heiratet. Perfektioniert wird der Mechanismus, wenn die Polizei losgeschickt wird, um die Flüchtlinge auf dem Umsteigebahnhof Cottbus abzufangen, da sie sich ohne Urlaubsschein dennoch auf den Weg machen. So produziert man straffällige Flüchtlinge, denen man dann weitere Rechte verweigern kann.
Die Ausländerbehörde Forst hat die bereits abgeschafften Gutscheine wieder eingeführt
Da waren selbst die Polizisten verdutzt, als sie sahen, wie der Dönerbuden-Besitzer den Gutschein des Flüchtlings in seiner Hand ratlos hin- und herdrehte. Das lag in der Absicht der Flüchtlinge, die während der Demonstration am letzten Freitag den Polizisten u.a. mit dieser Aktion zeigen wollten, was ihnen alles verwehrt wird, wenn sie statt Bargeld nur Gutscheine vom Sozialamt erhalten. Sie gingen in verschiedene Geschäfte und versuchten dort mit ihren Gutscheinen einzukaufen, was selten gelang. Einkaufen nur in bestimmten Geschäften, keine Zigaretten, kein Bier, kein Wechselgeld. Den Einkauf haargenau planen, damit die Summe möglichst genau aufgeht. Kein Telefonshop, kein Internet-Café, um mit der Heimat zu kommunizieren, kein Anwalt, denn auch der nimmt keine Gutscheine.Die Ausländerbehörde in Forst hat die Gutscheine wieder eingeführt als Strafe für mangelnde Mitwirkung bei der Passbeschaffung. Wer damit bestraft wird, das ist Auslegungssache. Jedenfalls reicht es in den Augen der Ausländerbehörde nicht aus, mit zur Sammelanhörung nach Köln gefahren zu sein, man wird trotzdem wegen mangelnder Mitwirkung bei der Passbeschaffung bestraft.
Suizid eines Flüchtlings aus Forst im April 2006
Und unter diesen menschenunwürdigen Lebensumständen müssen die Flüchtlinge jahrelang, manche jahrzehntelang leben, der „dienstälteste Flüchtling“ in Forst begeht bald seinen 17. Jahrestag. Diese Asylpolitik macht krank. Ein Flüchtling hat im vergangenen Jahr kapituliert, er beging in seinem Raum Nr. 37 Selbstmord.