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Frauen legen das Mädchen-KZ frei

Junge Frauen tre­f­fen sich seit 1997 immer wieder zu einem Work­camp in Ravens­brück. Sie nächti­gen im alten Pfar­rhaus im nahen Him­melp­fort, tagsüber brin­gen sie peu à peu das ein­stige Mäd­chen-KZ »Uck­er­mark« wieder ans Tages­licht. Dieses faschis­tis­che Lager für »unerziehbare Jugendliche« war nach 1945 in Vergessen­heit geraten.

Jugen­derziehungslager einzuricht­en, beschloss der Reichvertei­di­gungsrat unter Vor­sitz von Her­mann Göring am 1. Feb­ru­ar 1940 mit dem Ziel der »Aus­merzung der Gemein­schafts­frem­den«. Die Konzep­tion dafür lieferte das Reich­skrim­i­malpolizeiamt. Lange Zeit rangen Jus­tiz und Gestapo um die Zuständigkeit, bis die Gestapo siegte. 

Ravens­brück wählte man als Stan­dort für ein Mäd­chen­lager aus. Als Vor­bild galt das Jugend­schut­zlager für männliche Min­der­jährige in Morin­gen bei Göt­tin­gen. Für Ravens­brück sprach für die Ver­ant­wortlichen die Möglichkeit, die Küche und das Lagerge­fäng­nis des Frauen-KZ mit zu benutzen, Häftlinge dieses Konzen­tra­tionslagers zu Bauar­beit­en zu zwin­gen und auf die Wach­mannschaften zurückzugreifen.
Noch bis in die 80er Jahre bestrit­ten führende Krim­i­mal­beamte der BRD den logis­tis­chen Zusam­men­hang von KZ Ravens­brück und Jugend­lager »Uck­er­mark«. Ins Lager wur­den Mäd­chen und junge Frauen zwis­chen 16 und 22 Jahren ein­geliefert, die aus allen Län­dern kamen, die von Nazi-Deutsch­land okkupiert waren. Die meis­ten Erin­nerung­spro­tokolle stam­men von Sloweninnen.

Als Lager­lei­t­erin fungierte Krim­i­nal­rätin Lotte Tober­entz. Sie wurde nach 1945 vor Gericht gestellt, aber eben­so wie ihre Stel­lvertreterin, die Krim­i­nalobersekretärin Johan­na Braach, freige­sprochen. Später bek­lei­dete Tober­entz eine hohe Funk­tion in der bun­des­deutschen Krim­i­nalpolizei. Bis vor weni­gen Jahren wurde das Mäd­chen­lager nicht als Bestandteil des KZ-Kom­plex­es in Ravens­brück wahrgenom­men. Erst Mitte der 80er Jahre belegten Forschun­gen die Zusam­men­hänge. So unter­stand »Uck­er­mark« dem KZ-Kom­man­dan­ten. Ab Dezem­ber 1944 wurde das Jugend­lager schrit­tweise geräumt, Tod­kranke aus dem Frauen-KZ dor­thin geschleppt und umgebracht.

Bis heute gehört das Lager »Uck­er­mark« nicht zur Mahn- und Gedenkstätte. Deshalb ver­suchte Gedenkstät­ten­lei­t­erin Insa Eschebach schon, es stärk­er einzu­binden. Am 24. und 25. Novem­ber wird es ein neues Forum »Uck­er­mark« geben. Fra­gen des möglichen Umgangs mit dem Gelände, For­men des Gedenkens sollen im Mit­telpunkt stehen.

Die jun­gen Frauen des gegen­wär­ti­gen Work­camps ver­ste­hen sich als los­es Net­zw­erk. Ein har­ter Kern von sechs Frauen bere­it­et das Camp vor, beantragt För­der­mit­tel. Die anderen find­en sich jedes Jahr neu zusam­men. Ihr Cre­do ist es, für die Vergesse­nen im Stillen zu wirken. Sie fühlen sich der Gruppe diskri­m­iniert­er Jugendlich­er im faschis­tis­chen Staat seel­isch so stark ver­bun­den, dass sie zwar den mörderischen Ort vor dem Vergessen bewahren wollen, dies jedoch, ohne dabei an die Öffentlichkeit zu treten.

Einige wirken so, als würde ihnen die prak­tis­che Geschicht­sa­u­far­beitung helfen, ihren Platz in der Gesellschaft zu find­en. Fast alle tra­gen schwarze Klei­dung. Sie nen­nen besten­falls ihre Vor­na­men, wollen auch nicht erk­lären, wie sie Mit­stre­it­er gewin­nen. Flug­blät­ter wer­den verteilt, heißt es. Wo, das bleibt im Dunkeln. Zögernd ver­rat­en die Frauen, wo sie herkom­men. In diesem Som­mer engagieren sich nur Berliner­in­nen. In den Jahren zuvor kamen auch Frauen aus anderen großen Städten. 

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