(Andreas Fritsche) Das Bild zeigt Häftlinge, die einen Baumstamm tragen, und im Hintergrund einen SS-Mann. Was das Bild nicht zeigt: Im KZ Sachsenhausen machten sich SS-Leute einen sadistischen Spaß daraus, hinten auf die Stämme zu springen, die durch die Hebelwirkung erst nach oben schnellten und dann herabsausten. Dadurch sind auch Häftlinge erschlagen worden. Im Neuen Museum der Gedenkstätte Sachsenhausen sind ab Sonntag 200 Fotos aus dem Dienstalbum des ersten KZ-Kommandanten Karl Otto Koch zu sehen.
Die Sonderausstellung kam zustande, nachdem die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten das Album mit insgesamt 500 Aufnahmen im Moskauer Archiv des russischen Geheimdienstes FSB entdeckte. Ab Januar 1945 verbrannte die SS Dokumente. Das wenige, das erhalten blieb, habe der sowjetische Geheimdienst NKWD einst beschlagnahmt, um es in dem Prozess gegen die Täter zu verwenden. Dies erläuterte gestern Stiftungsdirektor Günter Morsch, der die Ausstellung konzipierte.
Die Aufnahmen aus dem Album unterscheiden sich Morsch zufolge von faschistischen Propagandafotos. Hier sei der Blickwinkel der Täter nicht durch Inszenierungen verfremdet. Trotzdem demonstrieren die Fotos nicht die KZ-Wirklichkeit, sondern nur die Einstellung der SS-Leute, die sich als Herrenmenschen fühlten und stolz auf die äußerliche Sauberkeit, Disziplin und Ordnung im Lager waren. Um dem etwas entgegen zu setzen, stellten die Ausstellungsmacher Zitate von Häftlingen dazu, etwa aus den Erinnerungen von Alfred E. Laurence, der die Grausamkeit von Koch und Konsorten beschrieb.
Die Fotos beschönigen laut Stiftung den durch Verbrechen, Brutalität, persönliche Bereicherung und Alkoholexzesse charakterisierten Dienstalltag Kochs, der vor Sachsenhausen die KZ Hohnstein, Sachsenburg, Columbia und Esterwegen kommandierte. Die in der Ausstellung präsentierten Bilder stammen aus allen diesen Lagern.
Vor der Entdeckung des Dienstalbums habe man kein einziges Bild aus der Aufbauphase des KZ Sachsenhausen gekannt, nun seien es 200, berichtete Günter Morsch. Das Album sei von einem »außerordentlich hohen wissenschaftlichen Erkenntniswert«.
Sonderausstellung »Von der Sachsenburg nach Sachsenhausen. Bilder aus dem Fotoalbum eines KZ-Kommandanten«, Eröffnung am 27. August, 15 Uhr; zu sehen bis 14. Oktober täglich außer montags von 8.30 bis 18 Uhr, dann bis 28. Oktober 8.30 bis 16.30 Uhr, Gedenkstätte Sachsenhausen, Straße der Nationen 22 in Oranienburg, Eintritt frei