SPD-Landrat wirft Egon Wochatz vor, Ruf des Kreises zu schädigen
Der Machtkampf zwischen Landrat Dieter Friese (SPD) und
CDU-Fraktionsvorsitzendem Egon Wochatz nimmt an Schärfe zu. Hinter verschlossenen Türen kritisierte Friese im Kreisausschuss, dass der frühere Spremberger Bürgermeister Wochatz an einem Treffen ehemaliger SS-Angehöriger
teilgenommen hat. Wochatz bot gestern an, die Fraktionsgeschäfte bis zur Klärung der Angelegenheit ruhen zu lassen. CDU-Fraktion und Kreisvorstand werden am Dienstag darüber beraten.
Im Kreisausschuss verwies Friese nach RUNDSCHAU-Recherchen auf einen Brief, der an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) ging. Friese äußert sich darin «in tiefer Sorge um den Ruf der Stadt, des Landkreises, des Ministerpräsidenten und des
Innenministers» — denn die beiden führenden Männer des Landes waren am ersten Juni-Wochenende in Spremberg, als dort die Folklore-Lawine mit großer internationaler Beteiligung stattfand.
Brief an den Ministerpräsidenten
Gleichzeit trafen sich in dort Angehörige der ehemaligen SS-Division Frundsberg, die im April 1945 an Kämpfen um Spremberg beteiligt war. Wochatz räumte ein, an zwei Tagen bei dem Treffen gewesen zu sein — «wie in jedem
Jahr» . Als Bürgermeister und Gründungsmitglied des örtlichen Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge habe er persönliche Kontakte, weil in Spremberg die Umbettungsstätte für die Kriegsgräber des Tagebaubereiches Welzow liegt. Außerdem führt der ausgebildete Geschichtslehrer «historisches Interesse» an.
Wochatz betonte gegenüber der RUNDSCHAU, nicht an der Kranzniederlegung auf dem deutschen Soldatenfriedhof teilgenommen zu haben. Dort sei Älteren der Auftritt einer jüngeren Gruppe «unangemessen» erschienen, als diese sich -
teilweise mit Stahlhelm — zu einer «Ehrenwache» postierten, so Wochatz mit Verweis auf Informationen aus der «Seniorengruppe» . Die Organisatoren des Treffens seien ein eher loser Verbund von Vereinen. Offenbar seien dieses
Mal auch zwei andere Gruppen dabei gewesen, darunter die Stahlhelmgruppe und eine Gruppe Amerikaner, die Zeitzeugenaussagen sammelten. Er selbst werde angesprochen, wenn es um die Terminplanung gehe, so Wochatz, da die
Teilnehmer in Spremberger Hotels übernachteten. Wer aber zum Beispiel die Versammlungsräume bestelle, wisse er nicht.
Zurückhaltung bei Fraktionen
Auf Anfrage äußerten sich die Fraktionsvorsitzenden der PDS und SPD zurückhaltend. Man sollte der CDU zunächst Zeit geben, sich über den Vorfall zu verständigen, so Diethelm Pagel (PDS). Jörg Rakete (SPD) äußerte sich ähnlich, betonte aber, dass die Anwesenheit des Vorsitzenden einer
Kreistagsfraktion bei einem SS-Treffen dem Ansehen des Kreises schade. Es sei ein falsches Zeichen: «Die SS war eine verbrecherische Organisation.» CDU-Kreistagsfraktion und CDU-Kreisvorstand werden sich am Dienstag treffen,
so Kreisvorsitzender Michael Haidan. Wochatz hat gestern angeboten, die Fraktionsgeschäfte vorläufig ruhen zu lassen.
Vor sechs Jahren hatte es in Spremberg Diskussionen gegeben, als Wochatz — damals Rathaus-Chef — ohne Wissen der Stadtverordneten Gespräche mit Vertretern der SS-Kameradschaft zur Aufstellung eines Gedenksteins geführt
hatte.
Der Hinweis auf die Nähe zu SS-Angehörigen kommt in einer Phase der scharfen politischen Auseinandersetzung zwischen Friese und Wochatz. Wochatz fährt als Vorsitzender der größten Kreistags-Fraktion einen scharfen Kurs gegen
Friese. Aktuell geht es um den überarbeiteten Haushaltsplan.