Nach einer Kundgebung von ungefähr 80 Neonazis und Rassist_innen ist es am gestrigen Nachmittag zu Auseinandersetzungen kommen. In der Straße “Halbe Stadt” hatten abreisende Kundgebungsteilnehmer_innen Gegendemonstrant_innen angegriffen. Die Polizei trennte beide Lager und nahm u.a. Kundgebungsorganisator Peer K. kurzzeitig in Gewahrsam. Später wurde auch ein Gegendemonstrant festgenommen.
Insgesamt hatten ungefähr 200 Menschen gegen die rassistische Kundgebung protestiert.
Kein Ort für Nazis
Zu Protesten aufgerufen hatte u.a. das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“. Es mobilisierte vor allem zur zentralen Gegenkundgebung am Platz der Republik. Dort hatten sich ab 11.00 Uhr ungefähr 200 Menschen versammelt. In einem Redebeitrag bekräftigte u.a. Frankfurts Oberbürgermeister Martin Wilke, dass er für eine offene und solidarische Stadt stehe. Offen für die kulturelle Vielfalt, wie sie beispielsweise die Europauniversität repräsentiert oder in Chancen, welche die Grenznähe bietet, und solidarisch in der Aufnahme von Menschen aus „schwierigen“ Regionen der Erde. Die Kundgebung der Rassist_innen und Neonazis repräsentiere hingegen nicht die Meinung der Mehrheit der Einwohner_innen der Stadt, so Wilke weiter.
Gegen 12.00 Uhr zogen die Teilnehmer_innen der Gegenkundgebung dann zu einer weiteren Protestveranstaltung in der Nähe der rassistisch motivierten Versammlung um. Dort wurde u.a. auch auf der Straße protestiert, möglicherweise um den Neonazis und Rassist_innen später einen spontanen Marsch durch die Stadt zu verwehren. Bei dem Straßenprotest kam es zu einzelnen Reibereien mit der Polizei. Die wollte um jeden Preis einen Rettungsweg durch die Versammlung hindurch freihalten und zudem den Straßenbahnverkehr ermöglichen, obwohl Polizeifahrzeuge zeitweise selber die Schienen blockierten. Im Großen und Ganzen blieb die Lage hier aber entspannt.
Zu wesentlichen Spannungen kam es erst nach der Beendigung der Rassist_innenkundgebung. Als die Teilnehmer_innen dieser Veranstaltung über die Straße „Halbe Stadt“ zum Bahnhof geleitet werden sollten, hatten sich einige Gegendemonstrant_innen an einzelnen Punkten des Weges postiert und dann in unmittelbarer Hör- und Sichtweite gegen die abreisenden Neonazis und Rassist_innen protestiert. Daraufhin soll es zu Angriffen der ehemaligen Versammlungsteilnehmer_innen der rassistisch motivierten Kundgebung gekommen sein. Die Polizei schritt ein und nahm dann u.a. den Organisator der Anti-Asyl-Proteste, Peer K., kurzzeitig in Gewahrsam.
Der Zwischenfall heizte die Lage dann zusätzlich an. Die Gegendemonstrant_innen versuchten nun auch an anderen Punkten in der Stadt auf die Abzugsroute der Neonazis und Rassist_innen zu gelangen. Die Polizei schien mit der Situation jedoch überfordert und versuchte nun deutlich aggressiver die Gegenproteste zu zerstreuen. Einzelnen Personen sollen dabei zu Boden gestoßen worden sein, in der Heilbronner Straße wurde ein Gegendemonstrant in Gewahrsam genommen.
Dennoch gab sich das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ zufrieden mit den Protesten. „Der heutige Tag ermutigt uns, in Zukunft weiter entschlossen und solidarisch gegen rassistische Hetze und für eine antirassistische Kultur einzustehen, 365 Tage im Jahr“, so Janek Lessau, Sprecher des Bündnisses.
Vierter Rassist_innenaufmarsch im Jahr 2015
Das künftig auch weitere Aufmärsche folgen scheint indes absehbar. Die seit Februar 2014 als „bürgerlicher Protest“ veranstalteten Versammlungen bieten ein gewisses Rekrutierungspotential für das neonazistische Milieu. Insbesondere die Neonazipartei „der dritte Weg“ scheint hierbei emsig bestrebt zu sein neue Mitglieder anzuwerben. Momentan unterhält die Organisation im Land Brandenburg nur in Potsdam-Mittelmark einen eigenen Stützpunkt. Ein weiterer könnte durchaus auch im Raum Frankfurt (Oder) geplant sein. Zumindest traten neben drei bekannten Parteimitgliedern aus Bad Belzig, Mühlenfließ und Werder (Havel), auch gestern Neonazis aus der Oderstadt in Kluft des „dritten Weges“ auf.
Weiterhin zeigte auch die Jugendorganisation der NPD, die „Jungen Nationaldemokraten“, auf der Veranstaltung Präsenz.
Insgesamt nahmen ungefähr 80 Neonazis und Rassist_innen aus Frankfurt (Oder) sowie den Landkreisen Oder-Spree, Märkisch-Oderland, Spree-Neiße, Potsdam-Mittelmark, Havelland und Oberhavel teil.
Als Redner fungierten Maik Eminger und Pascal Stolle vom „dritten Weg“ sowie der Frankfurter „Liedermacher“ Björn Brusak.
Viel Neues hatten sie allerdings nicht zu erzählen. Insbesondere Eminger und Stolle spulten immer wieder dieselben rassistischen Phrasen ab.
Anlass der Veranstaltung war einmal mehr der geplante Umbau eines leerstehenden Bürogebäudes zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende.
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