Anhörung blieb ohne Annäherung
Landrat Gilde sieht viele Fragen unbeantwortet
NEURUPPIN Die zweite Anhörung zum geplanten Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide in Neuruppin hat gestern keine Annäherung der Standpunkte von Bundeswehr und Bombodrom-Gegnern gebracht.
Landrat Gilde (SPD) sagte, es sei völlig offen geblieben, welche Auswirkungen der Schießplatz auf die Bebauungspläne der Anrainergemeinden, auf die Belange des Naturschutzes und auf die Umwelt haben werde. Die betroffenen Gemeinden hätten deutlich gemacht, dass sie eine Verlängerung der Anhörung über den ursprünglich geplanten Termin des 4. Januar 2002 hinaus für notwendig halten. Dazu erklärte Standortkommandant Oberstleutnant Wolfgang Engel, die Bundeswehr werde dieses Anliegen prüfen.
Frei Heide-Sprecher Benedikt Schirge kündigte an, die Bürgerinitiative werde ihre politischen Aktionen auf künftig in der bisherigen Weise fortsetzen.
Anhörung mit sich selber
Scharfe Kritik von Freie Heide-Sprecher Benedikt Schirge an Bundeswehr
NEURUPPIN Die Bürgerinitiative Freie Heide blieb gestern vor dem Neuruppiner Rathaus unter sich. Anders als am Mittwoch in Wittstock, gab es keine Befürworter des Schießplatzes, die ihren Standpunkt öffentlich demonstriert hätten.
Während vor dem Neuen Rathaus in der Neuruppiner Karl-Liebknecht-Straße die Bombodrom-Gegner ihre Transparente und Plakate in die Höhe hielten, rüsteten sich im Rathaussaal die Kontrahenten für das Anhörungsverfahren. Die Tischplatte vor Oberstleutnant Wolfgang Engel, Kommandant des Truppenübungsplatzes Kyritz-Ruppiner Heide, war mit Broschüren und Papieren bedeckt. Die Frage, ob die Bundeswehr auch das Video wieder zeigen wird, das in Wittstock einen Eklat hervorgerufen hatte, beantwortete Engel so: “Nur, wenn der Wunsch danach besteht”.
Frei Heide-Sprecher Benedikt Schirge wertete das Video als “eine Frechheit”. Der Vorgang beweise, dass die Bundeswehr die Anhörung nicht ernst nehme. Es sei ohnehin der Mangel des Verfahrens, dass die Bundeswehr die Anhörung mit sich selber durchführe. Alle Einwände — gehört werden die Anrainergemeinden des Schießplatzes, der Landkreis und die Planungsgruppe Prignitz/Oberhavel — würden an die Bundeswehr gehen, einen neutralen Bewerter gebe es nicht, beschwerte sich Schirge.
Ohnehin hatte in Wittstock der Anwalt der Freien Heide Dr. Reiner Geulen, bereits die Rechtmäßigkeit des Verfahrens angezweifelt. In diesem Sinne äußerte sich gestern auch Landrat Christian Gilde (SPD). Das Verfahren müsse wegen schwerer rechtlicher Mängel eingestellt werden, meinte Gilde. Der Landrat kritisierte zudem, dass die Nachbarkreise im Norden, Müritz und Mecklenburg-Strelitz nicht in das Anhörungsverfahren einbezogen wurden. Er habe deren Landräte für die kommende Woche zu einem Gespräch eingeladen, um sie auf die neuesten Informationsstand zu bringen. Zu der gestrigen Anhörung meinte Gilde, die Bundeswehr habe viele Fragen offen gelassen. So sei weiter völlig unklar, wie sich der Bombenabwurf-Platz auf die Flächennutzungs- und Bebauungspläne der Gemeinden, auf den Naturschutz und die Umwelt auswirken werde. Auch zur Lärmbelästigung habe es nur sehr vage Angaben gegeben. Die Bürgermeister der Gemeinden und namentlich das Neuruppiner Stadtoberhaupt Otto Theel (PDS) hätten kritisiert, dass die Unterlagen, die die Bundeswehr zur Verfügung stellte, völlig unzureichend sind.
Der Zempower Bürgermeister Wolfgang Bauer habe darauf hingewiesen, das Grundstücksbesitzer mit drastisch sinkenden Bodenpreisen rechnen müssten, wenn der Schießplatz kommt.
Oberstleutnant Wolfgang Engel betonte gestern, dass Bundesministerium der Verteidigung strebe eine rasche Nutzung des Schießplatzes unter Einbeziehung des Anhörungsverfahrens an. Zu diesem Anhörungsverfahren wurde die Bundeswehr vom Bundesverwaltungsgericht verpflichtet. Sie hat dafür den Zeitraum vom 2. Oktober diesen Jahres bis 4. Januar 2002 vorgesehen. Die Gemeinden können sich während dieser Zeit schriftlich oder mündlich äußern. Letzterem dienten die so genannten Erörterungstermine am Mittwoch in Wittstock und gestern in Neuruppin. In der Terminfrage deutete Engel gestern ein mögliches Einlenken der Streitkräfte an. Da viele Gemeinden auf eine Verlängerung drängten, werde die Bundeswehr prüfen, ob sie dem entgegenkommen könne.
Benedikt Schirge meinte gestern, auch in Neuruppin sei deutlich geworden, dass die Bundeswehr-Vertreter das Anhörungsverfahren nicht ernst nähmen. “Wenn die Bundeswehrvertreter uns beispielsweise lapidar erklären, dass sich Truppenübungsplatz und Tourismus miteinander vertragen werden, haben sie nicht begriffen, dass wir das Bombodrom hier absolut nicht wollen”.