Anlässlich der Sommeraktionstage vom 21.–26.7. in der FREIen HEIDe ruft das Barnimer Aktionsbündnis gegen Gentechnik zum doppelten zivilen Ungehorsam auf, also dem bewussten Übertreten ungerechter und falscher Gesetze. Wir
werden das militärische Sperrgebiet betreten und damit gegen die Pläne der Bundeswehr protestieren, dort einen riesigen Bombenabwurfplatz einzurichten um sich auf weltweite Kriegseinsätze vorzubereiten. Direkt im militärischen
Sicherheitsbereich werden wir Getreidesaatgut ausbringen ohne dafür Nachbaugebühren zu bezahlen. Diese Aktion wendet sich gegen den Versuch der Agrarkonzerne mit Hilfe von Nachbaugebühren, Sortenschutz, Patenten und
Gentechnik Kontrolle über das Saatgut und die LandwirtInnen zu bekommen.
FREIe HEIDe
Die Bundeswehr wird zu einer Interventions- und Angriffsarmee umgebaut.
Zentrales Element der modernen Kriegsführung sind Bombenangriffe aus großer
Höhe wie in Jugoslawien, Afghanistan und Irak. Sie sollen auf dem Bombodrom
bei Wittstock, dem größten Luft-Boden-Schießplatz Europas, trainiert werden.
Damit werden Kriegshandlungen zur militärischen Durchsetzung von
machtpolitischen und wirtschaftlichen Interessen in der ganzen Welt
vorbereitet. Europa wird Weltmacht und seine Gesellschaft Schritt für Schritt
militarisiert.
Das Gebiet Kyritz-Wittstock-Ruppiner Heide wurde bereits von 1950 bis 1990 als
Bombenabwurfplatz der sowjetischen Armee verwendet. Kurz nach dem Abzug der
Roten Armee versuchte die Bundesregierung das Bombodrom wieder in Betrieb zu
nehmen. Die ersten, die darunter zu leiden hätten, sind die Menschen aus der
Region. 40 Jahre lang wurde die Bevölkerung durch extremen Lärm, Detonationen
und die Verseuchung der Umwelt massiv beeinträchtigt.
Doch die Inbetriebnahme konnte bis jetzt verhindert werden. Viele
Gerichtsprozesse wurden geführt aber noch wichtiger ist der kreative Protest,
der von den Menschen vor Ort getragen wird und Unterstützung aus ganz
Deutschland erhält.
Eine neue Qualität des Widerstandes stellt die Kampagne ?200 Gruppen in die
FREIe HEIDe? dar. Ziel ist, dass viele Gruppen durch ihre Anwesenheit auf dem
Bombodrom-Gelände den Übungsbetrieb unmöglich machen. Alle, die auf dem
strittigen Gelände wandern, dort campen, musikalische und künstlerische
Aktionen durchführen, stärken den Widerstand! Bis die ersten Bomben fallen,
soll eine Vielzahl von Gruppen und Menschen die FREIe HEIDe kennen lernen -
auch um am „B‑Day’ (dem Tag des ersten Bombenabwurf) eine möglichst große
Aktion durchzuführen.
Nachbaugebühren
Traditionell ist es in der Landwirtschaft üblich, Teile der Ernte eines Jahres
aufzubewahren um sie im nächsten Jahr wieder auszusäen — dies nennt man
Nachbau. Jahrhunderte lang züchteten BäuerInnen auf diese Weise, durch
Auslese und Nachbau, neue Getreide- oder Kartoffelsorten, die den jeweiligen
Standortbedingungen angepasst waren. Hierzulande gehört dies jedoch der
Vergangenheit an: Heutzutage ist fast die gesamte Züchtung aus den Händen der
BäuerInnen in die der Pflanzenzüchter übergegangen und BäuerInnen müssen nun
beim jährlichen Saatgutkauf Lizenzgebühren an die Züchter entrichten. Zu
dieser Neuerung kommt außerdem, dass sich die Züchter in Zusammenarbeit mit
der Politik in den letzten Jahren etwas besonders Perfides ausgedacht haben.
Nicht nur sehr bedrohlich, dass immer mehr Pflanzen durch Patente einem
besonders exklusiven “Schutz” unterliegen sondern auch die Einführung von
Gebühren — sogenannte Nachbaugebühren — auf wiederausgesätes Erntegut, die
viele landwirtschaftliche Betriebe in ihrer Existenz bedroht und den Züchtern
weitere Einnahmen sichert. Die BäuerInnen zahlen doppelt: Beim Kauf des
Saatgutes und bei der Wiederaussaat der eigenen Ernte!
Die Jahrhunderte lang ausgeübte bäuerliche Praxis, von seinen Ackerfrüchten
einen Teil für die Aussaat im nächsten Jahr aufzubewahren, wird damit
ausgehebelt. Damit jedoch noch nicht genug: Um überhaupt zu wissen, was die
BäuerInnen auf ihren Feldern anbauen, verschickte der Bundesverband Deutscher
Pflanzenzüchter durch seine Tochter Saatgut-Treuhand-Verwaltungs-GmbH
Fragebögen an alle BäuerInnen, mit der Aufforderung anzugeben, was sie auf
ihren Feldern anbauen. BäuerInnen, die sich verweigern durch diese Auskünfte
zur gläsernen LandwirtIn zu mutieren, werden mit Gerichtsverfahren überzogen,
mit Schreiben von Rechtsanwälten traktiert und kommen ob der bürokratischen
Belastung kaum dazu, ihrer Arbeit auf den Feldern nachzugehen.
Die Nachbaugebühren müssen vom Tisch, um der Kommerzialisierung von
Lebensformen Einhalt zu gebieten. Den Bauern und Bäuerinnen müssen wieder
ihre traditionellen Rechte auf Aufbewahrung, Tausch und kostenlose
Wiederaussaat von Erntegut zugesprochen werden. Nachbaugebühren und
Auskunftspflicht in Deutschland dürfen nicht zum weltweiten Präzedenzfall
werden — denn besonders die BäuerInnen im Süden sind auf den kostenlosen
Zugang zu und Nachbau von Saatgut angewiesen.
Wir beteiligen uns deswegen an der Aktion ?Widerstand keimt auf!!? der BUKO
Kampagne gegen Biopiraterie.
BARNIMER AKTIONSBÜNDNIS GEGEN GENTECHNIK
Telefon während des Camps: 0172/4915748