Politiker rufen gern zu “zivilem Ungehorsam” gegen Rechtsextremisten auf. Doch gerade weil sie eine Neonazidemo blockierten, erhielten ca. 70 Menschen einen Bußgeldbescheid über 124 Euro. Zwölf Gegendemonstranten zogen vor Gericht, und das entschied: Sie brauchen nicht zu zahlen.
Irmela Mensah-Schramm, beseitigt seit Jahren ehrenamtlich Nazischmierereien, wurde schon oft für ihr Engagement geehrt. Montagmorgen sollte sich die 62-Jährige jedoch wegen einer Bestrafung am Amtsgericht in Zehdenick einfinden: „Ich bin angeklagt wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht. Aber natürlich geh ich dagegen an, weil ich nicht bereit bin, das zu bezahlen.“
Mit ihr wehrten sich elf weitere Brandenburger und Berliner im Alter zwischen 18 und 70 Jahren gegen ihre Bußgeldbescheide. Der Anlass: Im März hatten sie sich nach einer Kundgebung gegen Rechts in Halbe nicht von ihrem Platz entfernt.
Stattdessen sind sie einfach auf der Straße geblieben, dort wo später die NPD marschieren sollte — den Platzverweisen der Polizei zum Trotz. Ermutigt, sagen sie, fühlten sie sich nicht zuletzt von Brandenburger Politikern.
Eine angenehme Überraschung erlebten die Betroffenen und ihre Unterstützer dann allerdings im Gerichtssaal. Die Bußgeldbescheide wurden zurückgezogen. Begründet wurde dies damit, dass auch eine spontane Versammlung legal und damit zu schützen sei. Eine Auflösung — etwa aus Sicherheitsgründen — hätte die Polizei jedoch klar anordnen müssen. Die Anwälte sehen das als Sieg für die Versammlungsfreiheit.
Für Irmela Mensah-Schramm ist auch ein Stück Gerechtigkeit wiederhergestellt. Sie nimmt das Urteil als Ermutigung. Rechtskräftig sind die Urteile allerdings noch nicht. Die Staatsanwaltschaft ist nicht einverstanden. Möglich scheint, dass sie Beschwerde einlegt.