Am gestrigen Donnerstag, den 6. März wurde ein Prenzlauer angeklagt,
einen kamerunischen Asylbewerber beleidigt und geschlagen zu haben.
Dieser bestritt die Vorwürfe und behauptete, selbst Opfer des Angriffs
geworden zu sein. Weil sich keiner der vielen Augenzeugen gemeldet
hatte, handelte das Gericht nach dem Grundsatz: Im Zweifel für den
Angeklagten.
Duplex N. schilderte vor Gericht, wie er am 31. März des vergangenen
Jahres in der Innenstadt von Prenzlau zunächst von einem Unbekannten,
der von einem weiteren Mann begleitet wurde, rassistisch beschimpft
wurde. Darauf habe er nicht reagiert, so der Kameruner, und seinen Weg
zu einem Supermarkt fortgesetzt. Nachdem er diesen verlassen habe, sei
er erneut auf die Beiden getroffen, wobei ihn der Unbekannte ein zweites
Mal als »Neger« beschimpfte. Er habe den Mann gefragt, ob er ein Problem
habe, woraufhin dieser ihn gegen den Hals geschlagen habe. Der Kameruner
berichtete, dass er den Angreifer von sich gestoßen habe, dieser ihm
aber in den Bauch trat. Keiner der Umstehenden habe eingegriffen; erst
als er versuchte, per Handy die Polizei zu rufen, flohen die Männer, so
Duplex N. Zwei Monate später begegnete Duplex N. den Männern zufällig,
wobei er erneut angepöbelt wurde. Gegenüber der Polizei konnte er die
Männer nun als Daniel B. und Alexander P. identifizieren. Beide äußerten
sich in ihren polizeilichen Vernehmungen nicht.
Vor Gericht räumte Daniel B. die Auseinandersetzung ein, gab allerdings
eine gänzlich andere Version zu Protokoll: Nicht er habe Duplex N.
angegriffen, vielmehr habe ihn der Asylbewerber erst »komisch« angesehen
und später, beim Verlassen der Kaufhalle, unvermittelt mit der Faust ins
Gesicht geschlagen und als »Nazi« beschimpft. Daniel B. will sich nur
gewehrt haben, „leider“ habe er den Kameruner jedoch nicht getroffen.
Dennoch beantragte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe.
Da sich auf einen Aufruf der Polizei kein einziger Augenzeuge des
Vorfalls gemeldet hat und die zwei ermittelten Zeuginnen vor Gericht
erhebliche Erinnerungslücken zeigten, blieb dem Gericht nur, die
Glaubwürdigkeit der sich widersprechenden Aussagen zu bewerten. Das
Ergebnis: Beide Schilderungen seien gleichermaßen »lebensnah« und
glaubwürdig; Es sei, so das Gericht, daher nicht zu klären, was
vorgefallen ist.
Weil sich kein weiterer Augenzeuge als Zeuge zur Verfügung stellte,
bleibt hier ein rassistischer Angriff ohne Strafe. Das Schöffengericht
muss sich allerdings auch die Frage gefallen lassen, ob die Vorstellung,
ein einzelner Schwarzer würde auf einem belebten Parkplatz in
Brandenburg ohne jedes Motiv zwei weiße Männer angreifen, nicht
weltfremd ist? Viel mehr lebensnah ist leider, dass ein Schwarzer vor
den Augen von Passanten rassistisch angepöbelt und geschlagen wird. Für
die Opfer rassistischer Gewalt erschüttern solche Verfahrensausgänge das
Vertrauen in die rechtsstaatlichen Institutionen.
Die Anwältin von Duplex N., der als Nebenkläger aufgetreten war, wird
Berufung einlegen.
Opferperspektive | www.opferperspektive.de