ELSTAL Joachim Stein wollte seinen Augen nicht trauen. Die Blumen waren
verschwunden, als er am späten Sonnabendnachmittag noch einmal am
Gedenkstein für Opfer des Faschismus in Elstal vorbeikam. Das Gebinde, das
erst am Vormittag anlässlich des “Tages der Erinnerung, Mahnung und
Begegnung” von örtlichen PDS-Mitgliedern und Sympathisanten niedergelegt
worden war, fand er im Regenrückhaltebecken wieder. Das Mahnmal war außerdem
beschmiert worden. “Mit Kuchen”, schilderte der Elstaler. “Ein schlimmes
Bild”, fand der langjährige PDS-Kommunalpolitiker. “Diese Tat war kein
Dummejungenstreich, sondern eine gezielte Provokation”, vermutet Stein. Die
PDS Elstal hat Anzeige erstattet.
Wer wirklich hinter dem Frevel steckt, ist bislang unklar. Die Polizei
ermittelt. Bislang gebe es noch keine Hinweise auf die Täter, sagte
Polizeisprecher Dietmar Keck gestern. Auch die Gemeinde Wustermark, in deren
Eigentum sich das erst 2005 restaurierte Denkmal befindet, prüft derzeit, ob
und inwieweit die Tat strafrechtlich relevant ist. “Sollte sich dies
herausstellen, werden wir Anzeige erstatten”, so Bürgermeister Bernd Drees
(SPD).
Das Denkmal ist zwei Personen, Ernst Walter und Rudi Nowak, gewidmet. Zwei
Männer, die gleich zu Beginn der Hitlerzeit zu Tode kamen, erinnert Joachim
Stein. “Die Schändung des Denkmals bedeutet daher nicht nur einen
finanziellen Verlust, sondern im Besonderen die Beschmutzung der Biografien
der Toten.” Es sei nicht ausgeschlossen, dass Jugendliche hinter der Tat
stünden. In den Elternhäusern und Schulen müsse mehr getan werden, um die
Geschichte Deutschlands bis in die heutigen Tage realistisch aufzuarbeiten,
fordert er.
Auch in der Gemeindeverwaltung Wustermark zeigte man sich von dem Vorfall
betroffen. Bürgermeister Drees wies aus aktuellem Anlass darauf hin, dass es
um so wichtiger sei, das sanierte Denkmal der Öffentlichkeit mit einer
Widmung zu übergeben. Wie es entstand und warum es den Männern gewidmet ist,
sei zu großen Teilen unbekannt. Auf der letzten Gemeindevertretersitzung
habe er angeregt, mit Hilfe von Fachleuten Näheres herauszufinden.
Dass sich die Suche tatsächlich schwierig gestaltet, haben die
ehrenamtlichen Geschichtsforscher vom Verein Historia Elstal schon seit
längerem erkannt. Anlässlich des 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus
hatten sie sich jüngst mit Ernst Walter und Rudi Nowak befasst, nach denen
Straßen in Elstal benannt sind. Ernst Walter, aus Rohrbeck-Ausbau stammend,
starb im Mai 1933 bei Velten in einem SA-Außenlager nach Folterungen. Seine
Leiche wurde nach Elstal überführt und dort bestattet. Allerdings ist der
Anlass der Verhaftung Walters bis heute unbekannt.
Über Rudi Nowak haben die Historia-Leute bislang wenig herausgefunden. Es
gebe Hinweise darauf, dass es sich um den ersten Bürgermeister Elstals,
einen SPD-Mann, handeln könnte. Andererseits war im Einwohnerverzeichnis von
1931 niemand mit diesem Namen verzeichnet.