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Friedlicher Bürgerprotest, brennende Mülltonnen

Pots­damer Erfahrun­gen mit der Demokratie

Pots­dam war am let­zten Okto­ber-Sam­stag Schau­platz mehrerer Demon­stra­tio­nen. Ein bekan­nter Recht­sex­trem­ist hat­te seine Anhänger zu einem Auf­marsch gerufen und ein paar Hun­dert “Kam­er­aden” aus Bran­den­burg, Sach­sen und Sach­sen-Anhalt mobil­isiert. Die Lan­deshaupt­stadt, unter­stützt von Parteien, Gew­erkschaften und Vere­inen, rief daraufhin zu ein­er Gegen­demon­stra­tion auf. Die link­sex­trem­istis­che Szene ließ sich die Gele­gen­heit auf erhoffte Ran­dale nicht ent­ge­hen und rück­te mit ein­er größeren Zahl von Autonomen an. 

Am Vor­mit­tag dieses grauen, wenn auch noch recht milden Spätherb­st­mor­gens lag zwis­chen Haupt­bahn­hof und Mark­t­cen­ter Span­nung in der Luft. Der Straßen­bah­n­verkehr war zum Erliegen gekom­men, mehrere Bah­nen staut­en sich hin­tere­inan­der auf der Friedrich-Ebert-Straße. Im Zen­trum trieben sich auf­fäl­lig viele schwarz gek­lei­dete Gestal­ten herum. Die Stadt wim­melte bere­its vor Polizis­ten. Der Verkehr auf der Bre­ite Straße war ges­per­rt, über­all standen Mannschaftswa­gen der Polizei. 

Tol­er­ante Stadt mit gutem Ruf 

Am Platz der Ein­heit, dem Tre­ff­punkt für die friedlichen Abge­sandten von mehr als 40 Organ­i­sa­tio­nen, Kirchen und Bürg­erini­tia­tiv­en, strömten nach und nach aus allen Rich­tun­gen Men­schen zusam­men. Gekom­men waren Men­schen aller Alters­grup­pen, die ein Zeichen gegen Recht­sex­trem­is­mus set­zen woll­ten. Unter ihnen waren auch viele Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern. Ein Mäd­chen zeigte ein selb­st gemaltes Trans­par­ent: Ein dick­es rotes X über­malte ein schmächtiges Hak­enkreuz. Ein Junge hielt einen Papp­kar­ton hoch, auf dem stand “Nur Kacke ist braun”. 

Die Ver­samm­lung wurde zuse­hends größer und vere­inte schließlich etwa zweiein­halb Tausend Men­schen. Als Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs das pro­vi­sorische Podi­um betrat, kon­nte er seine Blicke über eine stat­tliche Men­schen­menge schweifen lassen. Er sprach von Pots­dam als der Stadt der Tol­er­anz, die bere­its seit Jahrhun­derten Men­schen ander­er Län­der und Kul­turen willkom­men heißt. Er erin­nerte an den guten Ruf, den Pots­dam als Zen­trum von Wis­senschaft und Kul­tur im Aus­land genießt, wovon auch die Anwe­sen­heit aus­ländis­ch­er Wis­senschaftler an der Uni­ver­sität Pots­dam zeugt. Der neue Bil­dungsmin­is­ter Hol­ger Rup­precht dank­te beson­ders den Kindern und Jugendlichen für ihre zahlre­iche Anwe­sen­heit. Spon­tan­er Applaus. 

Die anfangs lose Ver­samm­lung wuchs allmäh­lich zu ein­er Gemein­schaft zusam­men. Heit­ere, friedliche Entsch­ieden­heit, klare Posi­tio­nen ohne Het­ze, ohne Polarisierung. 

Abge­drängt von link­er Gewalt 

Es war geplant, dass die Demon­stran­ten sich in Rich­tung Lange Brücke bewe­gen, um dort das unmit­tel­bare Gespräch mit den Recht­sex­trem­is­ten zu suchen. Phan­tasievolle Aktio­nen soll­ten den Zug begleit­en. Doch immer häu­figer wur­den die Reden von Polizeisire­nen übertönt und bewirk­ten Unruhe: irgend etwas war im Gange. Der Ober­bürg­er­meis­ter trat schließlich vor die Menge und teilte mit, dass die Demon­stra­tion umgeleit­et wer­den müsse, weil es zu gewalt­täti­gen Auss­chre­itun­gen auf der Bre­it­en Straße gekom­men sei. 

Dort waren die Zeichen link­sex­trem­istis­ch­er Gewalt unüberse­hbar. Müll­con­tain­er, auf der Fahrbahn aus­geleert oder in Flam­men ste­hend, umgekippte Park­bänke, Blu­menkü­bel, die — als Wur­fgeschosse ver­wen­det — zer­schmettert am Boden lagen.
Statt von kreativ­en Aktio­nen wurde Pots­dam von Ran­dale geprägt. 

Erleb­nis Wertegemeinschaft 

Den­noch hielt die gute Stim­mung an, als sich der Zug in Rich­tung Stadthaus in Bewe­gung set­zte. Es blieb die Erfahrung, den immer wieder neuen Her­aus­forderun­gen des Recht­sex­trem­is­mus mit demokratis­chen Mit­teln begeg­nen zu kön­nen. Hinzu kam das Erleb­nis ein­er Wertege­mein­schaft — ger­ade für Kinder und Jugendliche so wichtig. Aber nicht nur für sie. 

Pots­dams Ober­bürg­er­meis­ter fand deut­liche Worte: “Einige linke Spin­ner haben die Umset­zung viel­er kreativ­er Ideen ver­hin­dert.” Den­noch sei die Demo ein Erfolg und mit ihren zweiein­halb Tausend Teil­nehmern viel größer aus­ge­fall­en, als er zu träu­men gewagt hat­te. Jann Jakobs dank­te den Pots­damern für ihr Kom­men. Das zeige, dass es in Stadt eine bre­ite demokratis­che Grund­lage gibt. Die Tra­di­tion der Tol­er­anz werde fortgesetzt.

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