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Frohes neues… Nichts: Perspektiven für junge Flüchtlinge schaffen statt gefährden — Jetzt verantwortlich handeln!

Die Unterze­ich­nen­den, darunter die Jugen­dini­tia­tiv­en Care­leaver e.V. und Jugendliche ohne Gren­zen (JoG), appel­lieren an Poli­tik und Ver­wal­tung, unbe­gleit­ete Min­der­jährige auf dem Weg in die Volljährigkeit nicht alleine zu lassen. Sys­tem­be­d­ingt wer­den zum Jahreswechsel****jugendliche Geflüchtete regelmäßig volljährig (gemacht). Wer­den sie dann sich selb­st über­lassen, dro­hen Desta­bil­isierung, Schul- und Aus­bil­dungsab­brüche und im schlimm­sten Fall die Obdachlosigkeit. Die Weichen für gute Übergänge und funk­tion­ierende Anschlussver­sorgung müssen daher jet­zt von Poli­tik und den zuständi­gen Trägern gestellt werden.
Während junge Flüchtlinge als „jugendlich, männlich, Aus­län­der“ medi­al ins­beson­dere im Kon­text von Krim­i­nal­ität the­ma­tisiert wer­den, ist wenig bekan­nt über die zahlre­ichen Hür­den, mit denen junge Geflüchtete tagtäglich zu kämpfen haben. Unbe­gleit­ete Min­der­jährige gehören zu den beson­ders Schutzbedürfti­gen unter den Geflüchteten. Trotz­dem wer­den ihnen, ins­beson­dere seit dem Jahr des großen Flüchtlingszu­gangs 2015/2016, fun­da­men­tale Rechte voren­thal­ten: So wurde ihr Recht auf Eltern­nachzug mas­siv eingeschränkt und ihre Unter­bringung und Ver­sorgung in vie­len Kom­munen unter­halb gel­tender Stan­dards der Jugend­hil­fe vielfach hin­genom­men. Viele der damals als Jugendliche im Alter von 15 oder 16 Jahren ein­gereis­ten Geflüchteten wer­den nun volljährig, ein Großteil von ihnen zum 31.12. oder 1.1. – ein fik­tives Geburts­da­tum, das bei ungek­lärtem oder nicht nach­weis­barem Geburt­stag behördlich fest­gelegt wird, ohne dass sich die jun­gen Men­schen effek­tiv dage­gen wehren könnten.
Mit diesem fest­gelegten Datum wird in zahlre­ichen Kom­munen die Jugend­hil­fe been­det, obwohl es einen rechtlichen Anspruch auf Weit­ergewährung der Hil­fe bis zum 21. Leben­s­jahr gibt, wenn ein indi­vidu­eller Bedarf vor­liegt. Damit stellt sich ins­beson­dere die Frage
nach Unter­bringung und Leben­sun­ter­haltssicherung neu. Eine Anschlussver­sorgung ist nicht immer unmit­tel­bar gewährleis­tet. Mit den hier entste­hen­den Ver­sorgungslück­en bei Beendi­gung der Jugend­hil­fe haben auch junge Men­schen ohne Fluchthin­ter­grund, die die Jugend­hil­fe ver­lassen, zu kämpfen. Bei jun­gen Geflüchteten kommt hinzu, dass ihr
Aufen­thalt oft­mals noch nicht gesichert ist, die Anschlussver­sorgung aber hier­von abhängt und sie zum Teil gezwun­gen wer­den, ihren Wohnort zu wech­seln. Ohne Unter­stützung führt dies zu Schul- und Aus­bil­dungsab­brüchen, Unter­bringung in Gemein­schaft­sun­terkün­ften oder
gar Obdachlosigkeit.
Fehlende Über­gangsmech­a­nis­men, unzure­ichende Hil­fe-Koor­di­na­tion, man­gel­nde Beratungsstruk­turen und nicht aufeinan­der abges­timmte Geset­ze sowie Behör­den­prax­is sor­gen hier für Per­spek­tivlosigkeit: „Für meine Fre­unde ist der 18. Geburt­stag ein Freuden­tag. Ich habe große Angst davor 18 zu wer­den. Durch die Jugend­hil­fe bin ich dabei meine Ziele im Leben zu erre­ichen und plöt­zlich soll damit Schluss sein.“ sagt ein Jugendlich­er der Ini­tia­tive Jugendliche ohne Gren­zen (JoG) befragt zu seinem bevorste­hen­den „Geburt­stag.“ Belas­tend hinzu kommt die Angst vor Abschiebung, denn bei gedulde­ten Jugendlichen endet mit dem 18. Geburt­stag der Schutz vor der Abschiebung.
Die Jugend­hil­fe ist deshalb in beson­derem Maße gefordert, damit die erforder­liche Unter­stützung gewährt wird und der Über­gang in die vorge­se­henen Unter­stützungssys­teme gelin­gen kann. Sie darf aber mit dieser Auf­gabe nicht alleine gelassen wer­den. Auch die Träger von Sozial­hil­fe und Job­cen­ter müssen endlich Ver­ant­wor­tung für die jun­gen Men­schen übernehmen. Dafür ist allerd­ings zen­tral, dass Poli­tik zu den jun­gen Men­schen sowie zu ihrer Inte­gra­tion in die deutsche Gesellschaft auch tat­säch­lich ste­ht und ihnen (Aus)Bildung und Per­spek­tivschaf­fung ermöglicht, statt diese durch fortwährende geset­zliche Ver­schär­fun­gen zu tor­pedieren und zu verhindern.
„Bil­dungser­folge, Inte­gra­tion und Erfolge der Jugend­hil­fe dür­fen an der Schwelle zur Volljährigkeit nicht riskiert wer­den“, erk­lärt Nerea González Mén­dez de Vigo vom Bun­des­fachver­band umF. „Geschaf­fene Per­spek­tiv­en müssen aufrechter­hal­ten und ver­fol­gt wer­den kön­nen, wenn Inte­gra­tion gelin­gen soll. Das Pri­mat der Kinder- und Jugend­hil­fe muss nach­haltig umge­set­zt wer­den. Ger­ade junge volljährige Geflüchtete benöti­gen vielfältige Unter­stützung, um ihre Zukun­ft in die Hand nehmen zu können.“
Bran­den­burg liegt unter dem Bun­des­durch­schnitt bei der Gewährun­gen von Jugend­hil­feleis­tun­gen für geflüchtete Jugendliche, die älter als 18 Jahre sind. Während im Bun­des­durch­schnitt 43% der jun­gen Volljähri­gen Unter­stützung erhal­ten, sind es in Bran­den­burg aktuell 31%. Beson­ders auf­fäl­lig sind die großen Unter­schiede zwis­chen den Land­kreisen: Absolute Schlus­slichter in der Hil­fegewährung sind die Prig­nitz mit 0%,
Frank­furt Oder mit 7,7% und Ober­spree­wald-Lausitz mit 8%. Weit über dem Bun­des­durch­schnitt liegt hinge­gen der Land­kreis Märkisch-Oder­land mit 54% Hil­fen für junge Volljährige, die geflüchteten Jugendlichen gewährt wer­den. Es braucht daher drin­gend eine Auseinan­der­set­zung zu den Ursachen und Kon­se­quen­zen nicht bzw. zu sel­ten gewährter Unter­stützung. Den beson­deren Bedar­fen von jun­gen Geflüchteten muss uneingeschränkt Rech­nung getra­gen werden.
Pots­dam, den 14.12.2017
Ansprechperson:
Kirstin Neu­mann| Flüchtlingsrat Brandenburg
|neumann@fluechtlingsrat-brandenburg.de|Tel: 0160 – 56 33 193

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