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Fünf Jahre später


Nach dem bru­tal­en Mord mit Bor­d­stein­kick in Pot­zlow am 12. Juli 2002 ist nur ein Gedenkstein geblieben. Rechter Hin­ter­grund aus­ge­blendet. Erin­nerung an Mar­i­nus Schöberl

von Markus Stieger 

Die Leiche von Mar­i­nus Schöberl wurde im Novem­ber 2002 in ein­er Jauchegrube eines ehe­ma­li­gen LPG-Gelände in Pot­zlow in der Uck­er­mark gefun­den. Ein­er sein­er Mörder hat­te Mitschüler zum Tatort geführt. Erst da offen­barte sich, was fünf Monate zuvor, am 12. Juli 2002, passiert war. 

Alles hat­te recht harm­los begonnen. Der 16jährige Mar­i­nus Schöberl war mit seinen späteren Peinigern, Seba­stian F., Macro S. und dessen jün­gerem Brud­er Mar­cel S., leicht alko­holisiert um die Häuser gezo­gen. Dann entwick­elte sich eine gewalt­tätige Dynamik, die von nie­man­dem gestoppt wurde. Nie­mand schritt ein, als der 16jährige wegen seines Stot­terns aufge­zo­gen und gegen seinen Willen gezwun­gen wurde, Hoch­prozentiges zu trinken. Nie­mand schritt ein, als sie den HipHop­per wegen sein­er weit­en Hose und den blond gefärbten Haaren demütigten. Auch nicht, als sie ihn schwul nan­nten und auf den mit­tler­weile stark Alko­holisierten und am Boden Liegen­den urinierten. Schließlich zwan­gen die Peiniger Mar­i­nus Schöberl, sich selb­st als Juden zu tit­ulieren. Der Abend endete mit einem tödlichen Bor­d­stein­kick. Mar­i­nus Schöberl wurde gezwun­gen, in die Steinkante eines Schweinet­rogs zu beißen. Mar­co S. trat auf seinen Hin­terkopf, der Kiefer brach. Daraufhin schlug Mar­co S. solange mit Steinen auf ihn ein, bis er tot war. Anschließend wurde der Leich­nam in der Jauchegrube versenkt. 

Mar­co und Mar­cel S. erhiel­ten Haft­strafen über 15 bzw. achtein­halb Jahre. Sebas­t­ian F. kam mit zwei Jahren davon, die er auf­grund der bere­its in Unter­suchung­shaft ver­bracht­en elf Monate und fol­gen­der Haf­tun­fähigkeit nicht antreten mußte. In Pot­zlow war es kein Geheim­nis, in welchen Kreisen die Täter verkehrten. Mar­co S. war mehrmals wegen recht­sex­tremer Gewalt­de­lik­te vorbe­straft und zum Tatzeit­punkt frisch aus der Haft ent­lassen. Auch die Rich­terin stellte die Szenezuge­hörigkeit der drei in ihrem Urteil fest. Den­noch klas­si­fizierte die Bran­den­burg­er Polizei den Mord zunächst nicht als poli­tisch motivierte Straftat. Erst 2005 wurde das von der Bun­desstaat­san­waltschaft revidiert. 

Der Doku­men­tarfilm »Zur falschen Zeit am falschen Ort« (2004) von Tama­ra Milo­se­vic, benan­nt nach dem lakonis­chen Kom­men­tar des Bürg­er­meis­ters der Großge­meinde Oberuck­ersee, Peter Feike, sowie das The­ater­stück »Der Kick« von Andres Veiel haben ver­sucht, das Geschehene aufzuarbeiten. 

In Pot­zlow selb­st erin­nert ein Gedenkstein an Mar­i­nus Schöberl, enthüllt im Okto­ber 2003. Viel mehr ist dort seit­dem nicht geschehen. Eine Gedenkver­anstal­tung »sei dieses Jahr nicht angedacht« sagt Feike, der immer noch im Amt ist.

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