Ungefähr 100 Unterstützer_innen einer Initiative der Babelsberger Ultragruppierung „Filmstadtinferno99“ hatten sich gestern beim Rathenower Flüchtlingsheim am Birkenweg eingefunden, um sich mit den Asylsuchenden zu solidarisieren und Sachspenden zu überreichen. Unter dem Motto „Solidarität ist eine Jacke!“ hatten die Fußballfans in der vergangenen Woche via Internet ihre Anhänger_innen aufgefordert, „brauchbare Dinge (Kleidung, Spielzeug, Haushaltswaren, Geschirr, Bettwäsche, Taschen, Decken, Bücher, Schulsachen, Bälle …)“ zu sammeln und dann für die Spende zur Verfügung zu stellen.
Inspiration aus Berlin-Hellersdorf
Als Vorbild für die Spendensammlung in Potsdam-Babelsberg diente eine ähnliche Aktion einer Bürgerinitiative in Berlin-Hellersdorf. Dort waren Mitte September zweihundert, mit unterschiedlichen Sachspenden gefüllte, Kartons als „Willkommensgruß“ für die neu untergebrachten Asylsuchenden gesammelt worden. Die Gegenstände sollten die Flüchtlinge in ihrem Alltag unterstützen, aber auch ein Symbol für Gastfreundschaft und Solidarität, gegen das in Hellersdorf im Zuge des Heimbezugs wieder offen ans Tageslicht gekommene rassistische Gedankengut sein.
Spendenübergabe und Kundgebung in Rathenow
Auch in Rathenow und noch viel deutlicher in der Nachbarstadt Premnitz, waren in der jüngsten Zeit wieder Ressentiments gegen Asylsuchende deutlich spürbar. Grund genug für die Babelsberger Ultras, dem Heim, dass unmittelbar an der Anfahrtstrecke zum Rathenower Stadion liegt, im Vorfeld der Fußballregionalligabegegnung FSV Optik Rathenow gegen den SV Babelsberg 03 einen solidarischen Besuch abzustatten und die gesammelten Sachspenden zu überreichen. Anschließend wurde im Rahmen einer kurzen Kundgebung gegen Rassismus und fremdenfeindliche Ressentiments protestiert.
Es zeichne sich zum Teil „ein abscheuliches Bild von vielen Menschen in dieser Region“, so ein Gastsprecher der Rathenower Antifa. Habe mensch „20 Jahre nach Lichtenhagen, Mölln und Solingen, 13 Jahre nach der Serie rassistisch motivierter Überfälle in Rathenow nichts dazu gelernt?“. Zwar waren, so der Sprecher weiter, „Land, Stadt und zivilgesellschaftliche Initiativen (…) redlich bemüht“, insbesondere rassistische Gewalt und die Organisationsstruktur der lokalen Neonaziszene einzudämmen, fremdenfeindliche Ressentiments, die in Mitte der Gesellschaft vor sich hinschwebten und durch „Sarrazins Thesen“ weiter beflügelt wurden, wurden hingegen nicht beachtet. Wichtig sei es deshalb die Flüchtlinge jetzt nicht allein zu lassen, „ihnen Gastfreundschaft, Obdach, Asyl“ anzubieten und sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. „Gerade der Fußball könnte“, so der Antifa-Sprecher im Hinblick auf einen Dialog zwischen Flüchtlingen und Einwohner_innen am vergangenen Donnerstag in Rathenow, „hier ein erhebliches Potential bieten“.