Und auch dieses Jahr treffen sich die „G8“ wieder, um über das Gesundheitssystem in
der Dritten Welt, die Armut auf diesem Planeten, den Klimawandel sowie über andere
wichtige Probleme zu beraten und letztendlich über das Schicksal der Erde zu
entscheiden. Stattfinden wird das alles im Hotel Kempinski in Heiligendamm. Neben
den NonGovernmentOrganisations (NGO’s), Kirchen und Parteien gibt es auch zahlreiche
linke und linksradikale Bündnisse, die nach Mecklenburg-Vorpommern mobilisieren und
verschiedenste Arten des Protestes planen. Infos findet ihr unter anderem bei den
Links.
In Potsdam gab es vom 15. bis zum 17. März bereits ein Treffen der G8-Umweltminister
(Schloss Cecilienhof), vom 18. und 19. Mai wird ein Treffen der Finanzminister
(Ressort Schwielowsee in Petzow) und am 30. Mai das Vorabtreffen der Außenminister
(Schloss Cecilienhof) stattfinden. Auch diese Treffen dürfen nicht einfach so im
Stillen und Heimlichen hingenommen werden. Sie müssen für die Mobilisierung nach
Heiligendamm genutzt werden.
Überflüssig sind das System und die G8!
Die Verhältnisse angreifen!
Doch warum eigentlich gegen die G8 sein? Es gibt sicher viele Kritikpunkte an der
Politik der Gruppe der Acht. Greenpeace zum Beispiel bemängelt die unzureichenden
Handlungsweisen zur Bekämpfung des Klimawandels, andere wiederum die Tatsache, dass
die VertreterInnen, die sich dort die Hände schütteln, nicht demokratisch
legitimiert sind. Als Konsequenz wird von der G8 eine andere Politik gefordert, die
mehr im Interesse der jeweils Kritisierenden steht.
Unsere Forderungen unterscheiden sich von den Beispielen oben sehr grundlegend: Wir
erwarten keine gerechtere Politik von den acht mächtigsten Nationen der Erde. Unsere
Haltung zielt vielmehr auf die Abschaffung solcher Institutionen wie der G8 ab, da
wir nicht denken, dass durch ein Treffen von „Ach so“ mächtigen Regierungschefs
irgendetwas in eine irgendwie sinnvolle Richtung verändert werden könnte. Probleme
wie soziale Not und Verelendung ganzer Bevölkerungsschichten in allen Teilen der
Erde können nicht durch die G8 gelöst werden. Sowohl die Probleme als auch die
Gipfelmenschen sind Teil des Systems. Sie liegen diesem sogar zu Grunde und gehören
daher bekämpft.
Diesen Standpunkt leiten wir uns aus den folgenden Überlegungen ab:
Jede Gesellschaft wird bestimmt von dem herrschenden Wirtschaftssystem. In den so
genannten westlichen Industrienationen ist das der Kapitalismus. Der Kapitalismus
beruht auf einer Gesellschaft der Konkurrenz, die wie folgt zustande kommt: Ein Teil
oder eben eine Klasse der Gesellschaft, wie sie bei Marx bezeichnet wird, ist im
Besitz von Produktionsmitteln, die sie zum Beispiel vererbt oder „akkumuliert“.
Das können zum Beispiel Aktien, Fabriken oder Unternehmen sein, die für sie durch
Produktion und Verkauf von Waren und Dienstleistungen Profit abwerfen.
Der große Rest, der erfahrungsgemäß den größten Teil der Gesellschaft ausmacht, hat
eben dieses Privateigentum an Produktionsmitteln nicht. Um aber trotzdem Geld
verdienen zu können um zu überleben, muss er das einzige verkaufen, was von
Interesse ist und Marktwert besitzt: Seine Arbeitskraft.
Die Arbeitskraft wird von den KapitalistInnen benötigt um in den Fabriken
eingesetzt, den Umsatz zu erwirtschaften. Die Eigentümer der Fabriken etc. haben so
eine enorme Macht über die ArbeiterInnen und können in letzter Konsequenz ganz nach
Belieben Forderungen an die Lohnabhängigen stellen, ohne dass diese sich vollständig
dem entziehen können.
Sicher ist diese Analyse nur eine sehr verkürzte und stark vereinfachte. Eine
wirklich gute Broschüre dazu gibt es zum Beispiel von der A.L.I., genannt das
„Klassenbuch“ und runterzuladen unter http://www.puk.de/ali.
Alles in allem läuft es jedoch darauf hinaus, dass Wenige die Macht über nahezu alle
Individuen innerhalb der Gesellschaft haben. Diese Machtverhältnisse drücken sich
konkret in dem Leistungsdruck aus, der auf die ArbeiterInnen ausgeübt wird. Wenn
diese sich nicht den Vorstellungen des Arbeitgebers entsprechend ausbeuten lassen,
werden sie einfach entlassen und so ihrer Existenzgrundlage beraubt. Auch an
Schulen, in Familien und unter FreundenInnen, in nahe zu allen Institutionen der
Gesellschaft werden diese Machtverhältnisse reproduziert.
Als eine doppelte Schutzinstitution hat sich der moderne Nationalstaat
herausgebildet. Einerseits schützt diese Institution das kapitalistische
Wirtschafts- und Ausbeutungssystem durch Polizei, Armee und Beamtenapparate, die für
die Durchsetzung bestimmter Regelungen und Gesetze zuständig sind. Sie verhindern
und unterbinden den Kampf der “Lohnabhängigen” um Unabhängigkeit von den
ProduktionsmittelbesitzerInnen, indem Streiks mit Hilfe von Polizeikräften
verhindert oder zerschlagen werden. Auf der anderen Seite hat der Staat auch eine
Art Auffangfunktion für Menschen, die allein im System der Konkurrenz und Ausbeutung
nicht überleben würden. Was auf den ersten Blick sehr nützlich und begrüßenswert
erscheint, ist nichts anderes als eine weitere Schutzfunktion für das herrschende
System. Denn durch solch ein „Abfangen“ der dramatischsten Folgen der systematischen
Ausbeutung und Unterdrückung wird das Gefühl erzeugt, dass die Zustände ja „so
schlimm nicht“ sind. Ein Aufbegehren gegen die Zustände wird bis zu einem bestimmten
Grad im Voraus eliminiert. Auch vom “Sozialstaat” installierte Institutionen wie
Schulen und Universitäten sind in der Verwertungslogik nichts weiter als die
Vorraussetzung für die Aufrechterhaltung der Zustände: Dort werden Menschen geformt,
die in einigen Jahren als ArbeiterInnen schon selbst Teil der Verwertungsmaschinerie
sein werden.
Nun treffen sich im Sommer in Heiligendamm an der sonnigen Ostseeküste die
Regierungschefs der sieben stärksten Industrienationen und Russlands, um über all
die Probleme auf der Welt zu reden: Umweltzerstörung, Marken- und Produktpiraterie,
Abhängigkeit der dritten Welt, usw.. Heißt also nichts anderes, als dass die
ChefInnen eben jener Institutionen, die das herrschende System der Ausbeutung
aufrecht erhalten wollen und die Probleme bekämpfen wollen, die von eben diesem
System erst erschaffen werden. Neoliberalismus, nämlich Privatisierung öffentlichen
Raumes oder Deregulierung sind Auswüchse, die auch hier spürbar werden.
Wir denken, dass das Treffen der acht “wichtigsten” und stärksten Industrienationen
nicht die Probleme dieser Welt lösen kann. Es wird sich getroffen, um angeblich über
Frieden zu reden, doch warum sind die G8-Staaten dann an über 90 % der weltweiten
Waffenexporte beteiligt?
Der Gedanke daran, dass ein paar hundert Delegierte, Wirtschaftsbosse und
PolitikerInnen der „wichtigsten“ Nationen über das Schicksal von Milliarden Menschen
entscheiden sollen, macht uns ganz krank. Die VertreterInnen von Wirtschaft und
Politik der einzelnen G8-Staaten vertreten weder die Interessen der später von ihren
Handlungen Betroffenen, noch treten sie für eine nachhaltige Nutzung unserer Umwelt
ein, da eben dies nicht mit den kapitalistischen Verwertungsprinzipien vereinbar
ist, es geht ihnen allein um die Vermehrung von Kapitals und Profit.
Wir nehmen die Proteste gegen die Treffen der G8 Staaten zum Anlass, um symbolisch
den Kapitalismus mitsamt seinen Institutionen anzugreifen. Wir denken, dass eine
andere Welt möglich ist und die Geschichte noch längst nicht am Ende ist. Doch nur
zusammen können wir was daraus machen. Die Versuche der Selbstorganisierung und das
teilweise Aufbrechen bestehender Machtverhältnisse
wie jüngst in Chiapas (Autonomie
der Zapatistas) geben Mut und Kraft für eine antikapitalistische Perspektive. Mut
und Kraft für eine Zeit ohne Neoliberalismus, G8 und kapitalistische
Verwertungslogik.
Krieg dem Krieg!
Kapitalismus abschaffen!
G8 auffressen!
Organisiert euch gegen den G8, Fahrt nach Heiligendamm oder startet dezentrale Aktionen! Kommt zu den Vorgipfeln nach Potsdam oder in die anderen Städte und achtet
auf Ankündigungen!