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Garnisonkirche versöhnt Stadt und Land

Das Land Bran­den­burg, die Stadt Pots­dam und die evan­ge­lis­che Kirche wollen die Gar­nisonkirche als “Ver­söh­nungszen­trum” mit Spenden­mit­teln neu erbauen.
Der Ideenge­ber der Rekon­struk­tion, ein rechter Tra­di­tionsvere­in, bleibt erst mal außen vor

(TAZ, Heike Hold­ing­hausen) Über Pots­dam soll wieder der preußis­che Adler schweben — jeden­falls als
Wet­ter­fahne auf dem Turm der wieder­er­stande­nen Gar­nisonkirche. Mit einem
“Ruf aus Pots­dam” wollen die evan­ge­lis­che Kirche, die Stadt Pots­dam und das
Land Bran­den­burg nach Vor­bild des Dres­d­ner Frauenkirchen-Pro­jek­ts gemeinsam
Geld für den Wieder­auf­bau des barock­en Gotte­shaus­es sam­meln. Dazu werden
sie, unter Schirmherrschaft von Bran­den­burgs Min­is­ter­präsi­den­ten Matthias
Platzeck, Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm und dem evan­ge­lis­chen Landesbischof
Wolf­gang Huber eine Stiftung grün­den. Am Don­ner­stagabend stell­ten sie den
Aufruf der Öffentlichkeit vor, den bish­er 90 Unter­stützer unterschrieben
haben, darunter RBB-Inten­dan­tin Dag­mar Reim, der The­ologe Richard Schröder
und Mod­er­a­tor Gün­ther Jauch. 

Um die im Krieg stark beschädigte und 1968 gesprengte Kirche in ihrer
his­torischen Form und mit “sehr orig­i­nalem Innenaus­bau” wieder herzustellen,
wür­den 45 bis 50 Mil­lio­nen Euro benötigt, sagte Hans Reinheimer,
Vor­sitzen­der des Indus­trieclubs Pots­dam. Auf seine Ini­tia­tive hin wurde
dieser zweite Ver­such zum Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche ges­tartet. Ziel
sei es, das Bauw­erk an seinem ursprünglichen Ort neu zu erricht­en, so
Rein­heimer. Für die inhaltliche Konzep­tion der Gar­nisonkirche werde die
evan­ge­lis­che Lan­deskirche zuständig sein. Sie möchte laut Superintendent
Bertram Althausen in dem Gebäude ein inter­na­tionales Versöhnungszentrum
ein­richt­en und eine offene Stadtkirche ohne feste Gemeinde betreiben. 

An der Frage der Nutzung war der erste Anlauf zum Wieder­auf­bau gescheitert.
Der Vere­in “Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft Pots­damer Glock­en­spiel” (TPG) sammelt
schon seit Jahren Geld, bis­lang sind 5,7 Mil­lio­nen Euro zusammengekommen.
Allerd­ings haben sich die Tra­di­tion­spfleger über die spätere Bes­tim­mung des
Gebäudes mit der evan­ge­lis­chen Kirche der­art zer­strit­ten, dass das Projekt
zum Erliegen kam. Der Vere­in forderte, in das Gebäude müsse eine Gemeinde
einziehen, das Konzept des Ver­söh­nungszen­trums lehnte er strikt ab. Außerdem
hät­ten nach seinen Vorstel­lun­gen in der Gar­nisonkirche keine Trau­ung von
Homo­sex­uellen vorgenom­men, keine Kriegs­di­en­stver­weiger­er berat­en und kein
Kirchenasyl gewährt wer­den dür­fen. Ob die TPG die von ihr gesammelten
Spenden in die Stiftung ein­brin­gen wird, ist noch unklar. 

Mit dem geplanten Ver­söh­nungszen­trum will die Kirche der Geschichte eines
Gebäudes gerecht wer­den, das wie kaum ein anderes an den preußischen
Mil­i­taris­mus, aber auch an die Vere­in­nah­mung Preußens durch die
Nazion­al­sozial­is­ten erin­nert. In der Gar­nisonkirche waren der Soldatenkönig
und sein Sohn Friedrich der Große bestat­tet, hier wur­den die von Preußen im
Krieg eroberten Stan­darten auf­be­wahrt. Und hier reicht­en sich Paul von
Hin­den­burg und Adolf Hitler 1933 am “Tag von Pots­dam” die Hand. Zwölf Jahre
später, am 14. April 1945, wurde die Kirche bei der Bom­bardierung Potsdams
schw­er beschädigt. Zum 60. Jahrestag dieses Datums im kom­menden Jahr ist die
Grund­stein­le­gung für den Neubau geplant. In sechs bis acht Jahren soll die
Kirche fer­tig sein. 

Vor­bild Dresden

Wie für die Frauenkirche wird für die Gar­nisonkirche weltweit gesammelt -
vom Tra­di­tionsvere­in kommt nichts

(Tagesspiegel, Thorsten Met­zn­er) Am 14. April näch­sten Jahres soll der Grund­stein für den Wieder­auf­bau der
Gar­nisonkirche gelegt wer­den — wenn die Spenden­samm­ler erfol­gre­ich sind. Am
Don­ner­stag haben Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) Innenminister
Jörg Schön­bohm (CDU) und Wolf­gang Huber, der Bischof von Berlin-Brandenburg
einen weltweit­en Spende­naufruf ges­tartet, um die 1945 zer­störte Kirche bis
2010 wieder zu erricht­en. Vor­bild ist die Spenden­samm­lung für die Dresdener
Frauenkirche. Die Baukosten wer­den auf 50 Mil­lio­nen Euro geschätzt. Und
schon jet­zt ist klar: Die Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft Pots­damer Glockenspiel
(TPG) wird die bere­its gesam­melten rund 5,7 Mil­lio­nen Euro Spenden vorerst
nicht für den Auf­bau der Gar­nisonkirche zur Ver­fü­gung stellen. Das
bestätigte der TPG-Vor­sitzende Max Klaar am Fre­itag. Die
Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft behar­rt auf ihren Forderun­gen. Dazu gehört, dass in
der Kirche keine homo­sex­uellen Paare geseg­net wer­den und das Gotteshaus
nicht für Kirchenasyl und fem­i­nis­tis­che The­olo­gie offen sein darf. 

Die Evan­ge­lis­che Kirche, das Land, die Stadt und der Indus­trieclub Potsdam
wollen die Kirche als “offene Stadtkirche” und “Zen­trum für Frieden und
Ver­söh­nung” erricht­en. Dafür hof­fen sie “auch auf Unter­stützung aus den
Staat­en, die an dem von uns Deutschen ent­fes­sel­ten Zweit­en Weltkrieg
beteiligt waren.” 

Um das Ver­söh­nungszen­trum, das die Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft ablehnt, hat­te es
jahre­lang Auseinan­der­set­zun­gen gegeben. Den öffentlichen Stre­it will auch
die Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft been­den. Ihr Vor­sitzen­der begrüßte sogar
aus­drück­lich die jüng­sten Entwick­lun­gen: “Wir freuen uns riesig.”
Schließlich soll nach dem neuen Mod­ell die gesamte Gar­nisonkirche wieder
aufge­baut wer­den, wie es die TPG immer wollte. Bis­lang war nur der Aufbau
des Turms vorge­se­hen. Zum anderen, weil die aufge­baute Barock­kirche bis in
die Spitze dem his­torischen Vor­bild entsprechen soll. 

Die Evan­ge­lis­che Kirche plante ursprünglich, die Spitze des 88 Meter hohen
Wahrze­ichens mit einem Ver­söh­nungssym­bol zu krö­nen, mit dem “Nagelkreuz” aus
dem von deutschen Bombern zer­störten Coven­try. Jet­zt soll das “Nagelkreuz”
neben dem Ein­gang aufgestellt wer­den. Die TPG sei zur Mitwirkung an dem
neuen Mod­ell ein­ge­laden, betonte Hans Rhein­heimer, der Vor­sitzende des
Pots­damer Indus­trieclubs. Mit ihrem Geld rechne man derzeit nicht. 

Rhein­heimer und Pots­dams Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs (SPD) sind
opti­mistisch, dass der neue Spende­naufruf Gehör find­et. Mäzene aus der
Wirtschaft hät­ten bere­its ihre Spenden­bere­itschaft sig­nal­isiert. “Allein die
Tat­sache, dass man einen Anfang macht, set­zt Energie frei”, sagte Jakobs. 

Gar­nisonkirche wird ein Touristenmagnet”

Hans P. Rhein­heimer zum Echo auf den “Ruf aus Potsdam”

(BM) Pots­dam — Der Grund­stein für den Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche soll am 14.
April 2005 — dem 60. Jahrestag ihrer Zer­störung — gelegt wer­den. Das ist das
Ziel ein­er inter­na­tionalen Spende­nak­tion, die der Vor­standsvor­sitzende des
Indus­trieclubs Pots­dam, Hans P. Rhein­heimer, ini­ti­iert hat. Mit ihm sprach
Dieter Salzmann. 

Berlin­er Mor­gen­post: Herr Rhein­heimer, ist Ihrem “Ruf aus Pots­dam” schon
jemand gefolgt? 

Hans P. Rhein­heimer: Das Spenden­in­ter­esse ist ein­deutig da. Mich haben schon
einige Leute angerufen, ohne bere­its konkrete Beträge zu nen­nen, und haben
gesagt: Ich spende. Der Aufruf der kün­fti­gen Förderge­sellschaft zum
Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche ist bei der Vorstel­lung am Donnerstagabend
von mehr als 100 Men­schen unterze­ich­net wor­den. Das ist ein sehr
ermuti­gen­des Zeichen. Wir selb­st wer­den aber erst dann gezielt mögliche
Spon­soren ansprechen, wenn das Pro­jekt genauer umris­sen ist, zum Beispiel
was Umfang und Kosten, aber auch den Zeit­plan anbelangt. 

Was hat Sie bewogen, sich für den Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche zu
engagieren? 

Das ist etwas Per­sön­lich­es. Ich habe eine Liebe zu alter Architek­tur und
Geschichte. Die Freude am Wieder­auf­bau ein­er Stadt, zu sehen, wie eine Stadt
wieder schön wird, das ist etwas, was mich bewegt. Obwohl ich ein Mann bin,
der von sein­er wirtschaftlichen Tätigkeit der Mod­erne ver­schrieben ist, kann
ich an dieser S
telle keine mod­er­nen Alter­na­tiv­en sehen, die die wunderbare
Kirche erset­zen könnten. 

Weshalb dieser zweite Anlauf, wo sich doch auch die Traditionsgemeinschaft
Glock­en­spiel seit Jahren um die Wieder­errich­tung des Turmes bemüht? 

Wir sind in eine totale Patt-Sit­u­a­tion ger­at­en. Nach sorgfältiger Prüfung
war klar, dass eine Eini­gung zwis­chen Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft und Kirche
nicht mehr möglich war. Und da die Stadt nicht auf das Ange­bot der
Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft einge­gan­gen war, sich die Kirche bauen zu lassen,
musste die Patt-Sit­u­a­tion über­wun­den wer­den. Das Haupt­prob­lem ist, dass sich
die Kirche, wie ich meine zu Recht, nicht vorschreiben lassen will, was in
der Kirche kün­ftig erlaubt ist und unter­lassen wer­den soll. Die
Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft sieht sich im Moment nicht in der Lage, mitzuziehen.
Ich hoffe, sie wird ihre Mei­n­ung noch revidieren. 

Sie wür­den also mit der Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft zusammenarbeiten? 

Sofort. Ich schätze deren Vor­sitzen­den Max Klaar sehr. Er ist ein aufrechter
Mann. Nur glaube ich, dass er sehr fern von Pots­dam ist. Die Men­schen hier
haben anderes durchgemacht, ins­beson­dere die Vertreter der Kirche. 

Fast sechs Mil­lio­nen Euro hat die Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft bish­er gesammelt.
Kön­nen Sie auf dieses Geld verzichten? 

In der Kasse haben sie 4,2 Mil­lio­nen Euro, der Rest sind Spendenzusagen.
Wenn man das ganze Pro­jekt mit um die 50 Mil­lio­nen Euro anset­zt, sind das
weniger als zehn Prozent. Damit sollte das Pro­jekt nicht ste­hen und nicht
fall­en. Es wäre natür­lich sehr schön und auch eine Frage der Gerechtigkeit,
wenn das Geld der Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft als Urhe­berin des
Wieder­auf­baugedankens ein­fließen würde. Wenn sie allerd­ings auf ihren
Forderun­gen beste­ht, kann ich nur sagen: schade. 

Wie soll das Bauw­erk, wenn es im Jahr 2010 wieder ste­ht, genutzt werden? 

So, wie es die Kirche will. Eine Citykirche ohne eigene Gemeinde, wo
Men­schen hinge­hen, um zu beten. Es wird sicher­lich Ausstel­lun­gen und
Konz­erte geben. Und die wieder­aufge­baute Gar­nisonkirche wird ein
Touris­ten­mag­net wer­den — nach und während des Baus. Darüber hin­aus sieht die
Kirche die Notwendigkeit, eine ver­stärk­te Ver­söh­nungs- und Frieden­sar­beit zu
leisten. 

Warum jet­zt die ganze Kirche auf ein­mal und nicht Stück für Stück: erst der
Turm, dann das Schiff? 

Es macht architek­tonisch keinen Sinn, nur den Turm hochzuziehen. Außerdem
befürchte ich, wenn erst nur der Turm errichtet würde, wäre es mit dem
Schwung vor­bei, die gesamte Kirche zu erricht­en. Dies bliebe dann den
fol­gen­den Gen­er­a­tio­nen vorbehalten. 

Lässt sich die Kirche ohne die öffentliche Hand finanzieren? 

Ich möchte das Land nicht aus der Ver­ant­wor­tung ent­lassen. In diesem Jahr
hat Bran­den­burg kein Geld, aber vielle­icht im näch­sten Jahr. Ich kön­nte mir
vorstellen, dass der Land­tag sich bere­it erk­lärt, eine gewisse Summe für die
Gar­nisonkirche aufzubrin­gen. Der Freis­taat Sach­sen hat beispiel­sweise zum
Wieder­auf­bau der Frauenkirche mit drei Mil­lio­nen beige­tra­gen. Schließlich
ist das Land ja Stiftungsträger. Dadurch entste­ht eine gewisse finanzielle
Ver­ant­wor­tung. Die evan­ge­lis­che Lan­deskirche hat uns 500 000 Euro in
Aus­sicht gestellt, von denen 100 000 Euro sofort fließen sollen. 

Wird Sol­datenkönig Friedrich Wil­helm I. seine let­zte Ruh­estätte wieder in
der Gar­nisonkirche finden? 

Ich würde mir das wün­schen. Es wäre dem Respekt des Mannes geschuldet, der
die Kirche gebaut hat. Und es war sein Wille, darin begraben zu werden.

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