Zum nunmehr sechsten mal seit 2007 versuchten heute Neonazis, durch die nordbrandenburgische Kreisstadt Neuruppin zu marschieren. Ungefähr 80 Mitglieder und Sympathisant_innen der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ waren dazu in die Fontanestadt gereist — vorgeblich um gegen „staatliche Inkompetenz“ zu protestieren.
Neonazis gegen Polizeieinsätze
Anlass für den neonazistischen Aufzug war die polizeiliche Auflösung von zwei (neo)nazistischen Veranstaltungen in einer Kleingartenanlage am Ruppiner See im Dezember 2011 sowie im März 2012. Die als „Geburtstagsfeiern“ getarnten Treffen waren zur “Gefahrenabwehr” von der Polizei aufgelöst worden.
Die Neonazis, die sich sonst bei jeder Gelegenheit, beispielsweise bei einer Spontandemonstration am 31. März 2012 in Premnitz, als harte und entschlossene Aktivist_innen präsentieren, wollten nun zaghaft in Form einer ordentlich angemeldeten Demonstration gegen die ihrer Meinung nach unangemessenen Polizeieinsätze protestieren. Zudem wurde die angebliche „Niveaulosigkeit“ und die „Gewaltbereitschaft“ der damaligen Einsatzkräfte bejammert.
Andererseits gaben die Neonazis in Neuruppin in der jüngsten Vergangenheit kein besseres Bild von sich zu erkennen. So wurden vor einigen Wochen das Landratsamt in der Stadt mit dem Slogan „BRD = Volkstod“ beschmiert (4.) und in der Nacht vom 11. zum 12. April 2012 lautstark neonazistische Parolen gegrölt. Zudem wurden mehrere Jugendliche von einer Gruppe alkoholisierter Neonazis mit einem Messer bedroht.
Nach dem sich eine Spaßguerilla anfänglich erst über den merkwürdigen Aktionismus der Neuruppiner Neonazis amüsiert hatte, rief die Antifa Neuruppin in Anbetracht der Zuspitzung der Lage in der Stadt dann doch unter dem Motto „Schluss mit lustig …“ dazu auf, sich ernsthaft mit den Neonazis auseinander zusetzen und den „Naziaufmarsch zu einem Desaster“ zu machen. „Rückzugsräume für Nazis“ sollten zudem „weder in Neuruppin noch anderswo“ länger geduldet werden.
Blockaden stoppen Neonaziaufmarsch
An der Präsidentenstraße entstanden, kurz nachdem die Neonazis am heutigen Nachmittag von ihrem Startpunkt am Bahnhof Neuruppin West in die Präsidentenstraße abgebogen waren, zwei größere Blockaden mit ungefähr 50 und 30 Teilnehmer_innen. Diese hatten das Ziel, dem neonazistischen Aufzug den Zugang zur Innenstadt zu versperren. Die Polizei ließ diese Eilversammlungen bestehen und leitete stattdessen die Neonazis in die Puschkinstraße um.
Von dort aus sollten sie dann offenbar weiter über die Franz-Künstler-Straße in die Innenstadt geführt werden. Dies scheiterte an einer weitere Blockade mit ungefähr 100 Teilnehmer_innen in der Franz-Künstler-Straße Ecke Junckerstraße, die als Eilversammlung angemeldet wurde.
Damit war dann für Neonazis, nachdem sie bereits am 24. März 2012 in Frankfurt (Oder) vollständig und am 31. März 2012 in Brandenburg an der Havel teilweise gestoppt wurden, auch in Neuruppin Schluss. Stattdessen wurden der neonazistische Aufzug von der Polizei umzingelt und zum Bahnhof Neuruppin West zurückgebracht.
In der Präsidentenstraße Ecke Eisenbahnstraße kam es dabei noch zu einer kurzen Auseinandersetzung zwischen Neonazis und Polizei, wobei auch Pfefferspray seitens der Beamt_innen eingesetzt wurde.
…und gelacht wurde trotzdem
Zu Protesten hatte auch das Bündnis „Neuruppin bleibt bunt“ aufgerufen und am Bahnhof Neuruppin West eine Kundgebung mit ungefähr 100 Teilnehmer_innen durchgeführt. Mit Hilfe eines Lautsprecherwagens wurden die dort eintreffenden Neonazis dann mit derben Gelächter und Schlagerliedern begrüßt. Die Musikanlage war dabei so laut, dass sie die Lautsprecheransage der neonazistischen Versammlung übertönte.