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Gauland – Sorgen und Selbstbild

Ent­ge­gen sein­er Insze­nierung als Ver­mit­tler zwis­chen den Strö­mungen in der »Alter­na­tive für Deutsch­land« hat ihr Ehren­vor­sitzen­der stets den völkischen »Flügel« und seine Akteur*innen pro­te­giert. Mit der Causa Kalb­itz hat er nun seine partei­in­terne Rolle verspielt.

Antifa Magazin der rechte rand

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der alte Mann und die junge Partei: Seit Beste­hen der »Alter­na­tive für Deutsch­land« (AfD) war Alexan­der Gauland partei­in­tern der gelassene Ver­mit­tler zwis­chen den Parteiströ­mungen – der »Grand­seigneur« des »gäri­gen Haufens« : Eine Selb­stin­sze­nierung und Selb­st­beze­ich­nung, die nicht bloß die Partei pflegte. Bei den anhal­tenden Stre­it­ereien und Rich­tungskämpfen scheint dem Bun­destags­frak­tionsvor­sitzen­den und Ehren­vor­sitzen­den der AfD nun aber nicht nur die Gelassen­heit abhan­den gekom­men zu sein. Er räumt vielmehr ein: »Ich kann die Partei nicht zusam­men­hal­ten, wenn sie sich auf diese Weise auseinan­der­di­vi­diert.« Am Woch­enende hat­te Gauland in der »Welt am Son­ntag« im Inter­view weit­er gesagt, er hoffe, aus dem Stre­it um und zwis­chen Andreas Kalb­itz und Jörg Meuthen werde nicht der »Zer­fall der Partei«. Das AfD-Grün­dungsmit­glied nach fast 40 Jahren CDU-Mit­glied­schaft befürchtet nun , dass die »Partei schwieri­gen Zeit­en ent­ge­genge­ht, und ich sehe im Moment kaum Möglichkeit­en, sie davor zu bewahren«. Eines sei aber für ihn gewiss, der 79-Jährige möchte nicht mehr als Bun­destags­frak­tionsvor­sitzen­der antreten, ob er für den Bun­destag 2021 erneut kan­di­dieren will, möchte er im Win­ter entschei­den. »Wenn ich das hier so sehe, bin ich eher skep­tisch«, meinte er . Mit den Inter­viewaus­sagen sorgte Gauland am Woch­enende für ein großes Medi­ene­cho – was sein­er Partei lange nicht mehr gelun­gen war. Im Echo klang das Selb­st­bild des Aus­gle­ichen­den oft mit an. Doch Gauland war nie ein Ver­mit­tler zwis­chen den ver­meintlich Mod­er­at­en und den offen Radikalen in der Partei. Er war ein Förder­er von Kalb­itz und ein Unter­stützer des inzwis­chen formell organ­isatorisch aufgelösten »Flügels«. Den Bun­desvor­sitzen­den Meuthen warnte er mehrfach, den bran­den­bur­gis­chen Land­tags­frak­tion­schef Kalb­itz nicht wegen sein­er recht­sex­tremen Vita aus der AfD zu drän­gen. Und prompt kri­tisierte er die Bestä­ti­gung des Rauswurfs von Kalb­itz vor ein­er Woche durch das Bun­dess­chieds­gericht der Partei. Er zweifelte die Unab­hängigkeit des Parteigerichts an und hob her­vor, er werde sich »einzig und allein nach den Entschei­dun­gen und Urteilen der ordentlichen Gerichts­barkeit richt­en«. Diese Ein­schätzung hat er mit Kalb­itz gemein. Mal wieder sind sie ein­er Mei­n­ung. Denn Kalb­itz kämpft beim Berlin­er Landgericht auf zivil­rechtlichem Weg um die Aufhe­bung der Annul­lierung. Der Kon­flikt hat längst die Bun­destags­frak­tion erre­icht, Macht und Glanz ihres Vor­sitzen­den sind gesunken. Im Inter­view erweckt Gauland den Ein­druck, er habe unen­twegt ver­sucht zu ver­mit­teln. Hat er aber nicht. In der Causa Kalb­itz stand er immer für Kalb­itz ein. Wenn er heute beklagt, er könne nicht mehr ver­mit­teln, liegt es daran, dass er es vorher auch nicht getan hat. Die Ver­ant­wor­tung für den harten Kon­flikt sieht er aber nur bei Meuthen und stiehlt sich damit aus jeglich­er Ver­ant­wor­tung. Mit Kalb­itz hat Gauland seine partei­in­terne Rolle ver­spielt, in der AfD wird er nun zum Ex-»Flügel« gezählt. Diese Posi­tion­ierung wäre es wert, von den Medi­en endlich bre­it wahrgenom­men zu wer­den – und eine Talkrun­denein­ladung weniger an den ver­meintlichen »Grand­seigneur« mit ange­blich kon­ser­v­a­tiv­en Ansicht­en auszusprechen.

Das »Gären des Haufens« ist jedoch nicht allein der Grund, dass die Umfragew­erte gesunken sind. Mehrere Fak­toren ließen sie aktuell auf bun­desweit acht Prozent sinken. Fast vergessen: Bere­its im Som­mer 2015 lag die AfD gar unter der Fünf-Prozent-Marke. Erst die Krise der Flüchtlingspoli­tik brachte wieder den Zus­pruch, den die CSU ver­stärk­te, da sie die Kri­tik von rechts an Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel (CDU) mit befeuerte. Mit der jet­zt geschlosse­nen Union, die in ihrem Rah­men hart gegen die AfD auftritt, ver­liert die Partei Wähler*innen und find­et zurzeit auch kein eigenes Mobil­isierungs­the­ma, denn den bre­it­en Protest gegen die Pan­demiemaß­nah­men kon­nte sie bish­er nicht parteipoli­tisch ein­binden. Dass das Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz die seit Jahren durch Medi­en, Recht­sex­trem­is­mus­forschung und Zivilge­sellschaft bekan­nten Ver­net­zun­gen und Posi­tio­nen in der AfD wahrgenom­men hat, schreckt auch ab. Einen Gauland allerd­ings sich­er nicht . Er kön­nte auch ein­fach müde vom Poli­tik­be­trieb sein, falls er nicht mehr kan­di­diert. Seinen größten Erfolg hat er ohne­hin schon erre­icht, die Repub­lik hat er nach weit rechts getrieben, was er über fast vier Jahrzehnte mit der CDU nicht geschafft hatte.

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