Kategorien
Flucht & Migration Parlamentarismus

Über 18.400 Unterschriften sagen Nein zum Abschiebezentrum

Miri­am Tödter vom Vere­in Wir packen’s an erk­lärt die Hin­ter­gründe der Peti­tion: “Wir starteten die Peti­tion, um auf das sehr intrans­par­ente, überdi­men­sion­ierte Abschiebezen­trum aufmerk­sam zu machen.” Sie fährt fort: “Unsere Kri­tikpunk­te sind ein­er­seits dieser ganze frag­würdi­ge Prozess, aber ander­seits auch die Abschiebeprax­is ins­ge­samt. Aus der Ukraine wur­den kurzfristig über 1 Mil­lio­nen Men­schen aufgenom­men, was wir sehr begrüßen. Let­ztes Jahr waren allerd­ings auch ca. 12.000 Men­schen aus Deutsch­land von Abschiebung in Län­der wie Pak­istan betrof­fen. Und wir fra­gen uns:  Ist ger­ade in Bran­den­burg angesichts des demografis­chen Wan­dels kein Platz für die paar Men­schen? Warum wird hier wieder selek­tiert nach Herkun­ft?

Inner­halb von nur 2 Wochen kon­nten über 18.400 Unter­schriften gesam­melt wer­den. Einger­ahmt wurde die heutige Über­gabe von drei sym­bol­is­chen Flugzeu­gen mit Spruch­bän­dern mit klaren Botschaften an die drei Regierungsparteien.

Hen­rike Koch vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg merkt dazu an: “Über 18.400 Unter­schriften in nur zwei Wochen zeigen deut­lich, dass die Zivilge­sellschaft nicht will, dass Schöne­feld zu einem Hot-Spot für Abschiebun­gen, Inhaftierun­gen und Asylschnel­lver­fahren wird.” Und weit­er: “Die Bran­den­burg­er Lan­desregierung sollte die Errich­tung und Inbe­trieb­nahme des Abschiebezen­trums sofort stop­pen.

Auch die Jusos Bran­den­burg und die Grüne Jugend Bran­den­burg haben sich mit­tler­weile öffentlich gegen dieses frag­würdi­ge Pro­jekt aus­ge­sprochen. Über 80 Organ­i­sa­tio­nen und Ini­tia­tiv­en aus Bran­den­burg, Berlin und ganz Deutsch­land unterze­ich­neten vor kurzem eine gemein­same Stel­lung­nahme gegen den Bau des Abschiebezen­trums. Anlässlich ein­er Preisver­lei­hung am 7.11. adressierte der Vere­in Wir packen‘s an den Protest direkt gegenüber Min­is­ter­präsi­den­ten Woidke.

Bei­de Organ­i­sa­tio­nen erwarten eine zeit­na­he Antwort des Peti­tion­sauss­chuss­es und der Bran­den­burg­er Regierungs­frak­tio­nen auf die ein­gere­ichte Peti­tion. Koch und Tödter stim­men in der Ablehnung des Pro­jek­tes übere­in. “Bran­den­burg braucht ein Willkom­men­szen­trum, und kein Abschiebezen­trum! Nie­mand flieht ohne Grund!” so Tödter. Und Koch ergänzt: “Wir erwarten, dass die Mit­glieder des Land­tags diesem men­schen­rechts­feindlichen Pres­tige­pro­jekt bei den aktuellen Haushaltsver­hand­lun­gen ihre Zus­tim­mung ver­weigern. Statt Hun­derte Mil­lio­nen in Abschot­tung und Abschreck­ung zu investieren, müssen Teil­habe- und Bleiberechtsmöglichkeit­en aus­ge­baut wer­den.

Die Peti­tion find­en Sie hier.

Bild­mat­er­al von der Über­gabe find­en Sie hier.

Kategorien
(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Parlamentarismus

Skandal um das geplante Abschiebezentrum am Flughafen BER

Skandal um das geplante Abschiebezentrum am Flughafen BER: Kein Abschiebezentrum nirgendwo!

Die heuti­gen Veröf­fentlichun­gen von Frag­Den­Staat, rbb und dem  ARD-Poli­tik­magazin Kon­traste führen vor Augen, zu welchen frag­würdi­gen  Mit­teln das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um greift, um am eige­nen  Koali­tion­spart­ner und dem Land­tag vor­bei den Bau eines  Abschiebezen­trums am Flughafen BER durchzuset­zen. Es ist nicht nur ein  poli­tis­ch­er Skan­dal, diese Pläne selb­st vor dem eige­nen Finanzmin­is­ter  geheim zu hal­ten. Auf intrans­par­ente Art wurde von Anfang an mit einem  windi­gen Investor zusam­mengear­beit­et, der anschließend als ange­blich  alter­na­tiv­los vorgestellt wird.

Der eigentliche Skan­dal ist, dass am BER ein Abschiebezen­trum gebaut  wird, in dem geflüchtete Men­schen bewusst isoliert und einges­per­rt  wer­den. Geplant ist ein  Abschiebege­wahrsam, um 120 Per­so­n­en  festzuhal­ten und per­spek­tivisch kön­nte das Zen­trum sog­ar zu einem  Abschiebege­fäng­nis aus­ge­baut wer­den”, sagt die Press­esprecherin der  Ini­tia­tive “Abschiebezen­trum BER ver­hin­dern” Alex­is Martel.

Die zwielichti­gen Machen­schaften der Fir­ma Hard­er & Part­ner waren und  sind dem Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um bekan­nt. Anscheinend hat  Jür­gen B. Hard­er die Poli­tik fest im Griff und kann die Bedin­gun­gen  zugun­sten sein­er neuen Großbaustelle “Abschiebek­nast” maßge­blich  mitbes­tim­men. Das dürfte in seinem Inter­esse sein: Denn mit dem  ras­sis­tis­chen Geschäft lassen sich Mil­lio­nen verdienen.

Während europäis­che Regierun­gen das Recht auf Asyl mehr und mehr  aushöhlen, set­zen Bran­den­burg und der Bund auf noch mehr  Abschiebun­gen. Seit Bekan­ntwer­den der Pläne für das Abschiebezen­trum  machen wir deut­lich: Kein Men­sch ist ille­gal. Wir ste­hen gegen alle  For­men der ras­sis­tis­chen Inhaftierung von geflüchteten Men­schen, egal,  ob es sich Aus­reisege­wahrsam, Abschiebe­haftein­rich­tung oder  Flughafe­na­sylver­fahren nennt.

Die sys­tem­a­tis­che ras­sis­tis­che Unter­drück­ung, Abschiebung und  Diskri­m­inierung von Men­schen nehmen wir nicht hin! Deshalb wehren wir  uns gegen die Inhaftierung und Abschiebung von Men­schen und wer­den das  Abschiebezen­trum am BER ver­hin­dern. Unser Wider­stand hat erst begonnen.

Kein Abschiebezen­trum am Flughafen BER!
Kein Abschiebezen­trum nirgendwo!

Über “Abschiebezen­trum BER verhindern”
Die Ini­tia­tive hat sich Ende 2021 gegrün­det, um sich gegen das  geplante Abschiebezen­trum am Flughafen BER zu organ­isieren und den  Protest auf die Straße und ins Netz zu tra­gen. Zulet­zt arbeit­ete die  Ini­tia­tive an ein­er Kam­pagne gegen die frag­würdi­ge Investor­fir­ma  “Hard­er & Part­ner” und rief zu einem Online-Aktion­stag auf (siehe auch  https://dumpharder.neocities.org/).

Kategorien
(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Parlamentarismus

Für einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik

Für einen Par­a­dig­men­wech­sel in der Flüchtlingspoli­tik: Keine selek­tive Solidarität

Gemein­sam mit Bun­de­saußen­min­is­terin Annale­na Baer­bock, Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Michael Stüb­gen und Olaf Jansen, Leit­er der Zen­tralen Aus­län­der­be­hörde, hat der Flüchtlingsrat Bran­den­burg heute die Erstauf­nah­meein­rich­tung in Eisen­hüt­ten­stadt besucht. 

Wir begrüßen, dass aus der Ukraine fliehende Men­schen großzügig aufgenom­men und ver­sorgt wer­den. Gle­ichzeit­ig kri­tisieren wir die aktuelle Ungle­ich­be­hand­lung ver­schieden­er Grup­pen von Geflüchteten. Die aktuelle Sit­u­a­tion muss jet­zt Anstoß sein für einen Par­a­dig­men­wech­sel in der Flüchtlingspoli­tik.

Wir fordern:

1) Verbesserung von Auf­nah­mebe­din­gun­gen für alle Geflüchteten

Das deutsche Asyl­sys­tem ste­ht seit langem für Abschreck­ung, Iso­la­tion und Ent­mündi­gung. Die Mehrheit der­jeni­gen, die jet­zt aus der Ukraine fliehen, erhal­ten hier tem­porären Schutz. Damit bleibt ihnen ein lang­wieriges Asylver­fahren samt seinen Gän­gelun­gen erspart. Die aktuelle Sit­u­a­tion zeigt, dass vieles möglich ist, wenn es poli­tisch gewollt ist. Die Auf­nah­mebe­din­gun­gen müssen nun für alle Schutz­suchen­den verbessert werden: 

Wir fordern die Abschaf­fung des sog. Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setzes, die freie Wahl des Wohnorts und dezen­trale Unter­bringung, eine Ende von Beschäf­ti­gungsver­boten und einen umge­hen­den Aus­bau von Beratungsange­boten und psy­chosozialer Ver­sorgung. Land und Land­kreise müssen sich jet­zt ver­mehrt um dezen­trale Unter­bringung bemühen, um gesellschaftliche Teil­habe für alle Geflüchteten von Beginn an zu ermöglichen”, so Mustafa Hussien vom Flüchtlingsrat Brandenburg. 

2) Aufen­thaltssicherung für alle Men­schen, die aus der Ukraine fliehen

Der Aufen­thalt von allen Men­schen, die aus der Ukraine fliehen, muss auch nach dem 23. Mai 2022 gesichert sein, etwa durch Erteilung des vorüberge­hen­den Schutzes nach § 24. Für inter­na­tionale Studierende muss min­destens die Über­gangszeit verlängert wer­den, damit diese aus­re­ichend Zeit haben, sich neu zu ori­en­tieren und ggf. um die Fort­set­zung ihres Studi­ums in Deutsch­land oder in einem anderen Staat der Europäis­chen Union zu bemühen.

Darüber hin­aus sollte das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um sich­er­stellen, dass die poli­tisch getrof­fe­nen Entschei­dun­gen von den lokalen Aus­län­der­be­hör­den auch tat­säch­lich umge­set­zt wer­den. Uns erre­ichen Berichte über Diskri­m­inierungen von Per­so­n­en, die zwar nach gel­tenden Regeln einen Anspruch auf „tem­porären Schutz” hät­ten, aber als Drittstaat­sange­hörige den­noch zum Stellen von Asy­lanträ­gen oder sog­ar zur Aus­reise aufge­fordert wer­den.

3) Schutz­suchende aus anderen Län­dern evakuieren

Wir haben Außen­min­is­terin Annale­na Baer­bock aufge­fordert, sich gegenüber der pol­nis­chen Regierung für die Freilas­sung von in geschlosse­nen Ein­rich­tun­gen inhaftierten Geflüchteten einzuset­zen und push­backs an der pol­nisch-belarus­sis­chen Gren­ze scharf zu verurteilen. Die weni­gen Geflüchteten aus dem Gren­zge­bi­et soll­ten in der EU aufgenom­men wer­den. Die Evakuierung von Schutz­suchen­den aus anderen Län­dern wie beispiel­sweise Afghanistan und Libyen muss eben­falls drin­gend ver­stärkt bzw. begonnen wer­den.

Es ist gut, dass ukrainis­chen Geflüchteten mit den neuen EU-Regelun­gen viele der Zumu­tun­gen des deutschen Asyl­sys­tems erspart bleiben. Gle­ichzeit­ig kom­men auch sie hier in einem Auf­nahmesys­tem an, dass seit Jahren Geflüchtete ent­mündigt und kon­trol­liert. Erle­ichterte Auf­nah­mebe­din­gun­gen, auch über die Ukraine hin­aus, wären ein wichtiges Sig­nal gegen die ras­sis­tis­che Ungle­ich­be­hand­lung ver­schieden­er Grup­pen von Geflüchteten”, so Mara Hasen­jür­gen vom Flüchtlingsrat Brandenburg. 

Kategorien
Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Parlamentarismus Verschwörungsideologie

Der Judenhasser beim „Widerstand Cottbus“

Die Coro­na-Proteste in Cot­tbus sind die größten im Land Bran­den­burg und gehören zu den bestor­gan­isierten. Sie gel­ten in anderen Orten als Vor­bild. Deut­lich­er noch als ander­swo sind die Cot­tbuser Demon­stra­tio­nen von Recht­sex­tremen dominiert: das Bünd­nis aus AfD, dem Vere­in Zukun­ft Heimat, Neon­azis und Adepten der „Iden­titären“ haben die Protest-Regie bish­er fest unter ihrer Kon­trolle. Noch immer gibt es wöchentlich Demon­stra­tio­nen mit ein­er hohen dreis­tel­li­gen Anzahl an Teilnehmer*innen.

Kolodzik und Gauland vor der Synagoge
Heiko Kolodzik 2013 gemein­sam mit Alexan­der Gauland vor der Syn­a­goge in Cottbus

Dem Gesamt­bild der Cot­tbuser Proteste soll hier ein wichtiges Puz­zlestück hinzuge­fügt wer­den: Die größte Telegram­gruppe für die Coro­n­aproteste wird von einem Hard­core-Anti­semiten admin­istri­ert. Erst im Dezem­ber hat­te es einen grausamen, anti­semi­tisch motivierten Vier­fach­mord in Königs Wuster­hausen gegeben – der Täter war ein „Quer­denker“ und in ein­schlägi­gen Telegramkanälen unter­wegs [1]. Vor diesem Hin­ter­grund sollte die Reich­weite anti­semi­tis­ch­er Het­ze in den Kom­mu­nika­tion­skanälen Bran­den­burg­er Coro­n­aproteste beson­dere Aufmerk­samkeit erfahren. Darum: Blick­en wir auf den Cot­tbuser Telegram-Admin­is­tra­tor Heiko Kolodzik.

Nach­dem im Dezem­ber der lokale AfD-Vor­sitzende Jean-Pas­cal Hohm dazu aufrief unangemeldet zu demon­stri­eren [2] ver­bre­it­ete sich im Jan­u­ar der Link zur Telegram-Gruppe „Wider­stand Cot­tbus“ in der Szene. Die Gruppe wuchs inner­halb von nur zwei Wochen auf über 1.000 Mit­glieder. Vor­rangiges Ziel ist sich intern auf der Straße zu koordinieren. 

Heiko hat den Kanal voll
Exk­lu­sives Schreibrecht

Der Adminin­stra­tor „reißzahn“ brachte mit dem Kanal nicht nur die Spaziergänger miteinan­der ins Gespräch, son­dern nutzte ihn auch als eigenes Sprachrohr. Schon nach weni­gen Tagen begann er Schreibrechte für die Grup­pen­mit­glieder einzuschränken, weil er befürchtete, dass seine „Wahrheit“ zwis­chen den hun­derten anderen Nachricht­en unterge­ht. Zwis­chen­zeitlich ist er fast der einzige, der dort noch regelmäßig schreiben darf, dafür in ein­er hohen Fre­quenz. Inhaltlich geht es bei den Posts von „reißzahn“ um die „Coro­na-Gift­spritze“ und die „BRD-Besatzung“, ihre „Söld­ner“ usw.. Er sieht sich und seine Mitstreiter*innen in ein­er Art End­kampf auf Leben und Tod. Es ist ein ver­schwörungside­ol­o­gis­ches Pot­pour­ri, wie es für Bran­den­burg­er Coro­na-Protestkanäle auf Telegram nicht untyp­isch ist.

Heiko Kolodzik bei YouTube
Videos von Heiko Kolodzik bei YouTube

Der Admin „reißzahn“ ver­weist immer wieder auf die Telegram-Kanäle “Coro­n­aWah­nAr­chiv“, „ImpfWahn“ und „BRD-Besatzer-Poli­tik“ deren Inhalte darauf hin­deuten, dass diese eben­falls von ihm selb­st ver­wal­tet wer­den. Auf allen diesen Kanälen find­en sich PDF-Doku­mente aus der Fed­er des Cot­tbuser Finanzber­aters Heiko Kolodzik. Am 18. Jan­u­ar postete „reißzahn“ ein Foto aus der Per­spek­tive des Fir­men­büros von „Kolodzik & Kol­le­gen“ am Alt­markt. Am 31. Jan­u­ar ver­bre­it­ete „reißzahn“ dann ein PDF mit einem Wider­spruchss­chreiben gegen eine polizeiliche Ver­botsver­fü­gung – dessen Urhe­ber eben­falls „Heiko“ heißt. So wird nachvol­lziehbar: Admin „reißzahn“ ist Heiko Kolodzik.

Heike Kolodzik ist ein Anti­semit mit nation­al­sozial­is­tis­ch­er Schlag­seite. Schon ober­fläch­liche Suchen im Inter­net zeigen dies. Heiko Kolodzik ver­bre­it­et unter seinem vollen Namen und auch im Namen seines Unternehmens ultra-anti­semi­tis­che Inhalte bis hin zu Holo­caust-Leug­nung. Er bezieht sich in seinen kru­den Tex­ten pos­i­tiv auf die Nazi-Ide­olo­gie, beispiel­sweise auf die Schrift „Kampf gegen die Hoch­fi­nanz“ des Nazi-Wirtschaft­s­the­o­retik­ers Got­tfried Fed­er. Auf YouTube und dem Por­tal Odysee ver­bre­it­et er krude selb­st­pro­duzierte Videos.

Homepage von Heiko Kolodzik
Fir­men­sitze von Heiko Kolodzik in Cot­tbus und Hamburg

Dass jemand mit Fir­men­sitz in bester Cot­tbuser Altstadt­lage auf sein­er Home­page offen­bar seit Jahren Inhalte ver­bre­it­et, die sog­ar strafrechtlich rel­e­vant sein kön­nten, zeigt, wie fest rechte Struk­turen in Cot­tbus ver­ankert sind und wie sich­er sie sich fühlen kön­nen. Kolodzik ist aktuell Geschäfts­führer der HIH Wertholz GmbH, die mit Holz han­delt. Bis 2020 hat­te er die gle­iche Funk­tion bei der HWA Hanseatis­che Werte GmbH in Ham­burg inne. Die zuge­höri­gen Adressen in Ham­burg und am Alt­markt in Cot­tbus sind auch als Büros auf den Web­seit­en kolodzik.de und risk-management.org angegeben.

Kolodziks Büro am Altmarkt
Eröff­nung des ersten AfD-Büros 2013 in Cottbus

Kolodziks poli­tis­che Biografie ist mit der AfD ver­bun­den. Nach der Grün­dung der Partei in Cot­tbus war Kolodziks Büro 2013 die Adresse des ersten lokalen Parteisitzes. Kolodziks selb­st war Leit­er der Grün­dungsver­samm­lung und zählt somit zur Grün­dungs­gen­er­a­tion der AfD [3]. 2014 trat er aus der Partei allerd­ings aus, weil er sich nach eigen­er Aus­sage zu den „Zustän­den in Gaza“ nicht frei genug äußern könne [4]. Auch in der aktuellen Telegram-Gruppe zeigt „reißzahn“ ein ambiva­lentes Ver­hält­nis zur AfD. Ein­er­seits wer­den die Aktion­saufrufe der Partei und der mit ihr assozi­ierten Grup­pen ver­lässlich ver­bre­it­et. Auf der anderen Seite wird von „reißzahn“ und anderen auch AfD-Kri­tik geäußert. Die Partei sei zu sys­temkon­form und angepasst. Wahrhaft rev­o­lu­tionär seien nur unangemeldete Ver­samm­lun­gen im Gegen­satz zur tak­tis­chen Flex­i­bil­ität der AfD in dieser Frage.

Matthias Stein mit Schwarzer Sonne bei Telegram
Matthias Stein mit Schwarz­er Sonne bei Telegram

In der „Wider­stand Cot­tbus“ ‑Gruppe gibt es zahlre­iche per­son­elle und organ­isatorische Schnittmen­gen zur örtlichen AfD. Mit-Admin­is­tra­tor ist der Sen­ften­berg­er AfD-Abge­ord­nete Matthias Stein. Bei der Land­tagswahl 2019 scheit­erte dieser nur knapp dabei, ein Direk­t­man­dat zu errin­gen [5]. Bei Telegram posiert Stein mit dem SS-Sym­bol der Schwarzen Sonne. Auch AfD-Kreis­chef Jean-Pas­cal Hohm erteilte am 18. Jan­u­ar tak­tis­che Ratschläge: „Ein­fach nicht so viel Zeug schreiben, was einem auf die Füße fall­en kann“. Zumin­d­est Heiko Kolodzik beherzigt diesen Tipp nicht.

Diese Telegram-Gruppe dient der AfD und ihren Aktio­nen in Cot­tbus als Ver­größerung ihres Res­o­nanzraums. Für einen Anti­semiten wie Heiko Kolodzik sind die aktuellen Coro­na-Proteste ein Glücks­fall: im sozialen Nahraum sein­er Heimat­stadt schenkt ihm im Zuge der aktuellen Mobil­isierun­gen ein Pub­likum Aufmerk­samkeit, dass eine vier­stel­lige Größe hat. Sein Fall zeigt , dass auch härtester Recht­sex­trem­is­mus in der Spaziergänger-Szene auf keinen Wider­spruch mehr trifft. Die Fanatisierung bis hin zu bru­tal­sten Gewalt­tat­en, wie in Sen­zig, ver­läuft in Cot­tbus weit­er ungebremst.

[1] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/02/bmi-antisemitismus-koenigs-wusterhausen-mord-senzig-brandenburg.html
[2] https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/anti-corona-demos-in-cottbus-warum-die-afd-nach-einer-neuen-protest-strategie-sucht-61575063.html
[3] https://www.lr-online.de/nachrichten/die-lausitzer-und-die-alternative-fuer-deutschland-35282308.html
[4] https://www.lr-online.de/nachrichten/cottbuser-afd-mitbegruender-verlaesst-enttaeuscht-landespartei-36016048.html
[5] https://www.lr-online.de/lausitz/senftenberg/wahlanalyse-fuer-oberspreewald-lausitz-und-senftenberg-einzig-roick-kann-afd-die-stirn-bieten-39643717.html

Kategorien
Antifaschismus Parlamentarismus

Birgit Bessin — unterschätzte rechte Projektmanagerin

Dieser Beitrag war als Rede­beitrag der Kam­pagne “Kein Ack­er der AfD” für die Gegen­proteste zum abge­sagten Lan­desparteitag der Bran­den­burg­er AfD geplant. Da wir es trotz­dem wichtig find­en, ein Schlaglicht auf Bir­git Bessin zu wer­fen, wird er an dieser Stelle veröffentlicht.

Viele Artikel lassen sich find­en über den recht­en Net­zw­erk­er Lars Gün­ther, den Faschis­ten Andreas Kalb­itz oder den ver­meintlichen recht­en Bie­der­mann Christoph Berndt. Wenig jedoch über Bir­git Bessin, die treue Anhän­gerin des völkischen Flügels, die beim Lan­desparteitag der AfD für den Lan­desvor­sitz kan­di­diert. Bish­er ist sie stel­lvertre­tende Lan­desvor­sitzende und stel­lvertre­tende Frak­tionsvorisitzende im Bran­den­burg­er Land­tag. Im Som­mer war Bessin über­all dort zu find­en, wo die AfD Infos­tände, Aktio­nen oder Kundge­bun­gen angemeldet hat­te – häu­fig in mod­erieren­der oder organ­isieren­der Rolle.

Der Frauenan­teil unter den Parteim­it­gliedern der AfD liegt bei 13%. Bessin ist zusät­zlich eine der weni­gen Frauen in den oberen Rän­gen der Bran­den­burg­er AfD. Immer wieder tritt sie gemein­sam mit der Vor­sitzen­den der Jun­gen Alter­na­tive, Anna Leis­ten, gemein­sam auf. Dass Frauen sich gegen­seit­ig hochziehen und unter­stützen, sieht man in der AfD eher sel­ten. Und dass die anwe­senden Frauen häu­fig in ihrer sozialen und organ­isatorischen Funk­tion häu­fig unter­schätzt wer­den, zeigt die noch immer vorherrschende dop­pelte Unsicht­barkeit rechter Frauen. Damit ist zum einen gemeint, dass Frauen häu­fig als fried­fer­tiger wahrgenom­men wer­den und somit weniger ein­er recht­en Szene zuge­ord­net, und dass ihre Aktiv­itäten inner­halb rechter Grup­pen häu­fig überse­hen werden.

Lasst uns gemein­sam dafür sor­gen, dass diese Unsicht­barkeit bei Bessin nicht ver­schleiert, mit was für ein­er Per­son wir es zu tun haben: Ein­er knall­harte rechte Net­zw­erk­erin, die inner­halb des völkischen Flügels und darüber hin­aus gut ver­net­zt ist und erst gar­nicht ver­sucht, der AfD einen biederen Anstrich zu geben.

Birgit Bessin vor dem Eingang des MIttelpunkt der Erde in Hönow
Bir­git Bessin vor dem Ein­gang des Restau­rants Mit­telpunkt der Erde in Hönow.

Bessin ist bere­its seit 2013 Mit­glied der AfD und hat somit schon viele Verän­derun­gen, Abspal­tun­gen und Radikalisierung­sprozesse der AfD über­standen. 2015 war sie Erstun­terze­ich­ner­in der Erfurter Res­o­lu­tion und so Grün­dungsmit­glied des aufgelösten völkischen „Flügels“ der Partei. Immer wieder ist bei von Bessin organ­isierten Ver­anstal­tun­gen auch der aus der AfD aus­geschlossene Andreas Kalb­itz anzutr­e­f­fen. Maßge­blich hat Bessin am ersten Novem­ber­woch­enende ein Recht­srock­konz­ert im Hönow­er Restau­rant „Mit­telpunkt der Erde“ ver­anstal­tet. Für die gelade­nen WahlkampfhelferIn­nen spielte Sacha Korn, welch­er bere­its mit der Neon­az­iband Kat­e­gorie C auf­trat und dessen Lieder sich 2011 auf der Schul­hof-CD der NPD wieder­fan­den. Bessin hat kein­er­lei Berührungsäng­ste nach ganz weit rechts aussen, son­dern fühlt sich am recht­en Rand mehr als wohl.

Birgit Bessin sitzt vor dem neuen Logo mit "Motor für Brandenburg"
Bir­git Bessin im Livestream bei der Vorstel­lung ihrer Kampagne.

Mit ihrer Bewer­bung auf den Lan­desvor­sitz wird die faschis­tis­che Bezug­nahme inhaltlich und ästhetisch noch sicht­bar­er. Die Kam­pagne „MOTOR FÜR BRANDENBURG“ ziert ein Zah­n­rad mit zwei Kol­ben und den Worten „Kraftvoll – zuver­läs­sig – leis­tungsstark“. Wirkt dieses Mot­to auf den ersten Blick wie ein abgeklatscht­es FDP-Zitat, so lässt die Ästhetik doch Bös­es ahnen: Das Zah­n­rad war im Nation­al­sozial­is­mus das Sym­bol der größten NS-Massenor­gan­i­sa­tion, der Deutschen Arbeits­front (DAF). Auch die neon­azis­tis­che Kle­in­st­partei III.Weg bedi­ent sich einem Zah­n­rad mit Ham­mer und Schw­ert als Logo. Eine Ähn­lichkeit ist hier sich­er nicht zufäl­lig gewählt, son­dern zeigt das Fis­chen nach Zus­tim­mung in extrem recht­en Strukturen.

Es bleibt dabei: Die AfD ist keine nor­male Partei. Nor­mal­ität mit der AfD bedeutet Ras­sis­mus und Abschot­tung an den deutschen und europäis­chen Gren­zen. Nor­mal­ität mit der AfD bedeutet in ein­er weltweit­en Pan­demie ohne Maske weit­er­hin Impfver­weiger­er zu vertei­di­gen und Tote in Kauf zu nehmen. Nor­mal­ität mit der AfD heißt, dem Faschis­mus die Tür auf zu halten.

Wir set­zen dem etwas ent­ge­gen: Sol­i­dar­ität, Fem­i­nis­mus, Anti­ras­sis­mus. Unter dem Hash­tag #helfenist­nor­mal sind grad viele Hil­f­sor­gan­i­sa­tio­nen und Frei­will­lige in Polen und Deutsch­land unter­wegs, um Geflüchteten zu helfen, die zum Spiel­ball inter­na­tionaler Poli­tik gewor­den sind. Lasst uns zeigen, welche Nor­mal­ität wir wollen: ohne Recht­srock­konz­erte, ohne Poli­tik­erin­nen wie Bir­git Bessin und ohne die AfD!

Kategorien
Antifaschismus Parlamentarismus

AfD will Chef der eigenen Jugendorganisation ausschließen

Auf ihrem Bun­deskongress vom 17. und 18. April 2021 hat die AfD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion „Junge Alter­na­tive“ (JA) ein neues Führungs­duo gewählt. Eine Dop­pel­spitze, beste­hend aus Car­lo Clemens (JA NRW) und Mar­vin T. Neu­mann (JA Bran­den­burg), sollte die unter­schiedlichen Strö­mungen vere­inen und ein neues Kapi­tel in der Geschichte der noch jun­gen Parteior­gan­i­sa­tion ein­leit­en. Parte­ichef Tino Chru­pal­la sprach gar von einem „Auf­bruch in eine neue Junge Alter­na­tive“. Nur zwei Wochen später ist vom Auf­bruch nichts mehr übrig. Ein internes Gutacht­en der AfD emp­fiehlt, Neu­mann aus der Partei zu wer­fen. Der Bun­desvor­stand der Partei hat den Fall offen­bar am 30. April in ein­er Tele­fonkon­ferenz besprochen. Neu­mann soll am kom­menden Mon­tag, 3. Mai ange­hört wer­den. Laut der weit rechts ste­hen­den Wochen­zeitung „Junge Frei­heit” soll sich auch AfD-Frak­tion­schefin Alice Weisel für „schnelle und harte Maß­nah­men” aus­ge­sprochen haben.

Grund dafür sind  recht­sex­trem­istis­che und ras­sis­tis­che Äußerun­gen Neu­manns. Was für die „Arbeits­gruppe Ver­fas­sungss­chutz“ (AGVS), die inner­halb der Partei einen Umgang mit der Beobach­tung durch den Inlands­ge­heim­di­enst find­en soll, und den Rest der Partei offen­bar eine große Über­raschung darstellt, ist Beobachter*innen schon lange bekan­nt. Immer wieder hat Neu­mann auf Twit­ter und Insta­gram deut­lich gezeigt, welch­es Gedankengut er ver­tritt. Mit seinen provozieren­den, mehr als gren­zw­er­ti­gen („nonkon­formistis­chen“) Tweets hat er sich einen gewis­sen Ruf (und auch viele Gegner*innen) in der Rechtst­wit­ter-Blase erarbeitet.

Im Vor­feld der Wahl für den Chef­posten der JA hat­te er sich in einem Inter­view mit dem „neurecht­en“ „kon­flikt Mag­a­zin“ als „Ide­olo­gen“ beze­ich­net, der sich vor allem gegen das „geistige Boomer­tum“ der Partei stellen würde. Ein Seit­en­hieb auf Parte­ichef Jörg Meuthen, der als Vertreter eines eher gemäßigten Kurs­es gilt. Denn „gemäßigt“ — was auch immer dieses Adjek­tiv im Zusam­men­hang mit der AfD bedeutet — ist Neu­mann keines­falls. In sein­er Bewer­bungsrede um den Vor­stand­sposten beim Bun­deskongress der JA kri­tisierte er ange­bliche „Massen­mi­gra­tion als Nor­malzu­s­tand“, „Weißen-feindlichen Ras­sis­mus“ und „72 oder mehr Geschlechter“.

Neu­manns Nähe zur Ide­olo­gie der recht­sex­tremen „Iden­titären Bewe­gung“ (IB) und anderen Teilen der soge­nan­nten „neuen“ Recht­en, die schlussendlich die Werte der Aufk­lärung und der Mod­erne ablehnt, hat er immer wieder deut­lich gemacht. Auf Twit­ter beze­ich­nete er vor sein­er Wahl Lib­er­al­is­mus als „volks­feindlichen Müll“. „Nation und Kul­tur“ kön­nten nur ohne Lib­er­al­is­mus bewahrt wer­den. Lib­er­al­is­mus sei der „Erzfeind aller, die an der Kon­servierung von Tra­di­tio­nen, über­liefer­t­er Kul­tur, Reli­gion, Volk und Nation (…) fes­thal­ten“, schreibt er im Januar.

Dabei bezieht sich Neu­mann ganz direkt auf faschis­tis­che Vor­denker wie Arthur Moeller van den Bruck (1876–1925), zen­traler Autor der von Armin Mohler kanon­isierten „Kon­ser­v­a­tiv­en Rev­o­lu­tion“ und Schöpfer des Begriffs „Drittes Reich“. Van den Brucks Lib­er­al­is­mus-Dik­tum („An Lib­er­al­is­mus gehen die Völk­er zugrunde“) ist in der „neuen“ Recht­en ein geflügeltes Wort. Auch andere Faschis­ten gel­ten ihm offen­bar als Vor­bild, in Stil­fra­gen scheint es Oswald Mosley zu sein, der Grün­der der „British Union of Facists“ (und erk­lärtes Vor­bild des Recht­ster­ror­is­ten von Christchurch). An ander­er Stelle bezieht er sich pos­i­tiv auf neo­re­ak­tionäre und neo­faschis­tis­che Denker wie C.A. Bond oder Jonathan Bowden.

Screen­shots aus dem Insta­gram-Kanal von Neu­mann vom Twit­teruser @w_teupher

Seine The­sen bracht­en ihm immer wieder Lob von recht­saußen ein. Zum Beispiel von Mar­tin Sell­ner, Chef-Kad­er der „Iden­titären Bewe­gung“ (IB). Und auch das sich selb­st als intellek­tuell beze­ich­nende Milieu rund um das „Insti­tut für Staat­spoli­tik“, das dem Ver­fas­sungss­chutz als „Ver­dachts­fall“ gilt, unter­stützt Neu­mann nach dem angekündigten Rauswurf. Benedikt Kaiser, heute Redak­teur der „neurecht­en“ Zeitschrift Sezes­sion des Kle­in­stver­legers Götz Kubitschek, früher Teil der recht­sex­tremen Kam­er­ad­schaftsszene mit Verbindun­gen zum NSU, beteiligt sich auf Twit­ter mit Retweets an den Mitlei­ds­bekun­dun­gen von recht­saußen für Neumann.

Dabei steckt — wie so oft bei der ange­blich „neuen“ Recht­en — hin­ter dem bemüht intellek­tuellen Habi­tus und den rhetorisch aufge­plus­terten Debat­ten im Wesentlichen Alt­bekan­ntes: NS-Rel­a­tivierun­gen und Ras­sis­mus. Auch im Auftreten des nun in Bedräng­nis ger­ate­nen JA-Co-Chefs Neu­mann schlägt dieser Umstand durch: In ein­er Insta­gram-Sto­ry postet er ein Spiegel-Self­ie mit der Bemerkung „Opa hat­te defin­i­tiv die frischeren Seit­en“. Auf der Handy­hülle das Foto eines Mannes in Wehrma­cht­suni­form. In einem Insta­gram-Post feiert Neu­mann Hein­rich Ehrler, einen NS-Luft­waf­fenof­fizier und „Helden“ des Nationalsozialismus.

Screen­shots aus dem Insta­gram-Kanal von Neu­mann vom Twit­teruser @w_teupher

Im Dezem­ber 2020 schreibt Neu­mann auf Twit­ter: „Es gibt keine ‚Schwarze Deutsche und Europäer‘. Sie sind besten­falls Teil der Gesellschaft und besitzen bes­timmte Staats­bürg­er­schaften, aber sie sind nicht Teil ein­er tradierten, authen­tis­chen‚ europäische[n] Iden­tität.‘“ In einem andere Tweet heißt es: „Andere weiße Europäer bzw. ihre Nach­fahren könn(t)en Deutsche wer­den, Schwarzafrikan­er aber nicht.“ Eine Argu­men­ta­tion, die man so auch von der NPD und andere recht­sex­tremen Akteur*innen immer wieder hört. Dementsprechend ver­wun­dert es nicht, wenn Neu­mann auch gegen „gemäßigtere“ Stim­men im eige­nen Umfeld schießt. Als Eri­ka Stein­bach, Vor­sitzende der AfD-nahen Desiderius-Eras­mus-Stiftung, in einem Tweet stolz auf die Exis­tenz von AfD-Abge­ord­neten mit Migra­tions­geschichte hin­weist, schreibt Neu­mann nur „Gehen Sie endlich in den Ruh­e­s­tand.“ Als Götz Fröm­ming, Abge­ord­neter der AfD im Bun­destag, über „deutsche Schüler mus­lim­is­chen Glaubens“ twit­tert, bringt Neu­mann ihn in Zusam­men­hang mit der CDU und sieht einen Ver­such, die Beobach­tung durch den Ver­fas­sungss­chutz durch solche For­mulierun­gen zu ver­mei­den. In einem weit­eren Tweet zu Fröm­mings Aus­sage betont er, dass „Mut zur Wahrheit bedeutet, auch bei der demographis­chen Frage Alter­na­tive zu sein“.

In Neu­manns „iden­titärem“ Welt­bild wird prak­tisch alles eth­nifiziert. Auch Reli­gion und Kul­tur wer­den als Wesen­szüge ver­meintlich­er „Rassen“ gedacht, die unverän­der­bar nebeneinan­der ste­hen und sich nicht ver­mis­chen kön­nen oder dür­fen. Genau das meint das dif­fuse Konzept des „Ethno­plu­ral­is­mus“, das dem alt­bekan­nten Ras­sis­mus lediglich ein neues Gewand ver­lei­ht. Die „demografis­che Frage“ ist schließlich nur eine andere For­mulierung für die Wah­n­vorstel­lung vom „großen Aus­tausch“, ein­er ras­sis­tis­che Ver­schwörungserzäh­lung der soge­nan­nten „neuen“ Recht­en, laut der Europäer*innen von meist jüdisch imag­inierten Eliten durch mus­lim­is­che Migrant*innen erset­zt wür­den. Dazu passt auch ein Tweet von Neu­manns Part­ner­in Zita T., ein­er Volon­tärin bei der recht­en Wochen­zeitung „Junge Frei­heit“, den Neu­mann retweet­et. Für T. ist auf einem Insta­gram-Bild der EU-Kom­mis­sion, auf der ein Mann mit schwarz­er Haut­farbe und ein Kind abge­bildet sind, „nicht ein einziger eth­nis­ch­er Europäer zu sehen“.

Screen­shot von Neu­manns Twitterkanal

Dabei ist für Neu­mann am Islam nicht alles schlecht. Beson­ders bei den Intellek­tuellen der soge­nan­nten „neuen“ Recht­en gibt es immer wieder auch Bewun­derung für einen rigi­den Islamis­mus. Die „dekadente“ und von „Ver­fall“ geze­ich­nete west­liche Gesellschaft sei dem­nach selb­st für die ange­bliche „Islamisierung“ ver­ant­wortlich, die als Symp­tom des Lib­er­al­is­mus betra­chtet wird. Im Unter­schied zum „degener­ierten“ West­en halte der Islam an tradierten Werten fest und zemen­tiere so den eige­nen Ein­fluss. Etwas, was sich Neo­faschis­ten für die eige­nen Ide­olo­gie und das eigene „Volk“ wünschen.

Screen­shot von Neu­manns Twitterkanal

Mar­vin T. Neu­mann gilt als „Chef-Ide­ologe“ der JA Bran­den­burg. Seine recht­sex­treme Weltan­schau­ung ist umfassend und hört nicht bei der Aus­gren­zung von Geflüchteten und pseudoin­tellek­tuell verklei­de­tem Ras­sis­mus auf. Sie geht bis hinein in per­sön­liche, zwis­chen­men­schliche Beziehun­gen und äußert sich auch in ein­er rück­wärts­ge­wandten Sex­ual­moral; ein Gebi­et, das von den ein­schlägi­gen „neurecht­en“ Akteuren aus guten Grün­den zumeist nicht näher the­ma­tisiert wird. Neu­mann ken­nt in dieser Hin­sicht allerd­ings tat­säch­lich keine Hem­mungen. Er fordert aus­drück­lich eine „moralisch-reak­tionäre Wende. Untreue gehört gesellschaftlich geächtet, Sex­u­al­ität wieder mehr sakral­isiert.“ Also zurück in Zeit­en, als „une­he­liche“ Kinder diskri­m­iniert wur­den und Frauen bis zur Ehe „enthalt­sam“ sein soll­ten. Zeit­en, in denen Men­schen, die nicht der het­ero­sex­uellen Norm entsprachen, krim­i­nal­isiert, an den Rand der Gesellschaft gedrängt und alltäglich diskri­m­iniert und bedro­ht wurden.

Viel mehr zum The­ma lesen Sie in diesem Twitter-Thread:

 

 

Kategorien
(Anti-)Rassismus Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order Parlamentarismus

Die tödliche Dimension von Rechts wird unterschätzt

Die tödliche Dimension von Rechtsterrorismus, Antisemitismus, Rassismus und rechter Gewalt wird noch immer unterschätzt

Neun Men­schen wur­den beim recht­ster­ror­is­tisch und ras­sis­tisch motivierten Atten­tat in Hanau am 19. Feb­ru­ar 2020 ermordet. Doch trotz aller Erk­lärun­gen von Strafver­fol­gungs­be­hör­den, Jus­tiz und Innen­poli­tik wird die tödliche Dimen­sion rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt noch immer nicht aus­re­ichend erfasst.  

Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Ver­schwörungsnar­ra­tive haben in 2020 während der Coro­n­a­pan­demie zu ein­er für viele Men­schen extrem bedrohlichen Zunahme von poli­tisch rechts motivierten Gewalt­tat­en geführt. Am 19. Feb­ru­ar 2020 wur­den in Hanau Fer­hat Unvar, Gökhan Gül­tekin, Hamza Kur­tović, Said Nesar Hashe­mi, Mer­cedes Kier­pacz, Sedat Gür­büz, Kaloy­an Velkov, Vili Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu durch einen ras­sis­tisch motivierten Atten­täter ermordet, der weit­ere Men­schen ver­let­zte und anschließend seine Mut­ter und sich selb­st tötete. Dass Ras­sis­mus und Recht­ster­ror­is­mus die Motive für eines der schw­er­sten recht­ster­ror­is­tis­chen Atten­tate seit der Jahrtausendwende waren, wird auch von den Strafver­fol­gungs­be­hör­den eben­so wie von Bun­des- und Lan­despoli­tik­ern anerkannt.

Wie schon in den Vor­jahren müssen wir fest­stellen, dass in den Jahres­bi­lanzen der Strafver­fol­gungs­be­hör­den der Län­der und des BKA zahlre­iche Gewalt­tat­en aus 2020 fehlen, in denen die Täter mit unglaublich­er Bru­tal­ität vorge­gan­gen sind und offen­sichtlich aus ras­sis­tis­ch­er und rechter Moti­va­tion gehan­delt haben”, kri­tisiert Robert Kusche vom Ver­band der Beratungsstellen für Betrof­fene rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt (VBRG e.V.). „Dabei haben die Betrof­fe­nen die Schussver­let­zun­gen, Tritte, Schläge und Messer­stiche der recht­en Täter oft nur durch glück­liche Umstände überlebt.”

Die nach wie vor man­gel- und lück­en­hafte Erfas­sung und Anerken­nung von Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Recht­sex­trem­is­mus als Tat­mo­tive durch Polizei und Jus­tiz ver­schleiert das Aus­maß der tödlichen Dimen­sion rechter Gewalt und lässt die Betrof­fe­nen im Stich”, betont Robert Kusche.

Fol­gende Beispielfälle vol­len­de­ter und ver­suchter Tötungs­de­lik­te haben Opfer­ber­atungsstellen des VBRG in 2020 reg­istri­ert, die bis­lang von den Lan­deskrim­i­nalämtern und dem BKA nicht als Poli­tisch motivierte Krim­i­nal­ität-Rechts (PMK-Rechts)-Gewalttaten gew­ertet werden.

Altenburg, 12.02.2020: Ein 52-Jähriger wird in sein­er Woh­nung von zwei jun­gen Män­nern mit Bezü­gen zur recht­en Szene mit einem Mess­er ange­grif­f­en und mit Schlä­gen und Trit­ten gegen Oberkör­p­er und Kopf so lange mis­shan­delt, bis er stirbt. Zu ihren Motiv­en geben die Angreifer im Mord­prozess am Landgericht Gera im März 2020 an, sie hät­ten den Mann für seine ange­bliche Homo­sex­u­al­ität und ver­mutete Pädophilie bestrafen und ihm einen „Denkzettel” ver­passen wollen. Bis­lang ist offen, ob das LKA Thürin­gen den Mord als PMK-Rechts Tötungs­de­likt wertet. www.ezra.de

Schwe­in­furt, 25.02.2020: Ein 19-jähriger Algerier wird am Faschings­di­en­stag auf dem Roß­markt durch einen Messer­stich in den Herz­muskel lebens­ge­fährlich ver­let­zt. Bei dem 27-jähri­gen Täter wer­den zahlre­iche recht­sex­treme Pro­pa­gandage­gen­stände und ein­schlägige Szenek­lei­dung gefun­den. Den­noch lässt das Urteil der Schwurg­ericht­skam­mer des Landgerichts Schwe­in­furt die Frage nach Ras­sis­mus als Tat­mo­tiv offen. Der Täter wird wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zu fünf Jahren Haft verurteilt. In den PMK-Rechts Sta­tis­tiken des LKA Bay­ern wird der Fall nicht erwäh­nt. www.bud-bayern.de

Halle/Saale, 01.05.2020: An ein­er Straßen­bahn­hal­testelle wer­den kurz vor 1 Uhr nachts zwei syrische Geflüchtete von drei Unbekan­nten umringt, ras­sis­tisch und homo­phob belei­digt und dann unver­mit­telt zu Boden geschla­gen. Ein­er der bei­den Ange­grif­f­e­nen erlei­det lebens­bedrohliche Kopf- und Gesichtsver­let­zun­gen und muss mehrfach operiert wer­den. Die Ermit­tlun­gen wegen ver­sucht­en Totschlags sind über Monate block­iert, weil die Staat­san­waltschaft Halle die Ermit­tlungsak­ten „ver­liert”. Das LKA Sach­sen-Anhalt führt den Angriff nicht in der PMK-Rechts Sta­tis­tik. Auch in der Anklage, die die Staat­san­waltschaft Halle mit­tler­weile erhoben hat, fehlen Ras­sis­mus und Homo­pho­bie als Tat­mo­tive. www.mobile-opferberatung.de

Stral­sund, 21.05.2020: Eine Gruppe von fünf Recht­en greift nach ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen einen Geflüchteten aus Soma­lia an und schlägt ihn bewusst­los. Dann zer­ren die Angreifer den leblosen Kör­p­er des Betrof­fe­nen auf eine viel befahrene Straße. Nur Dank des beherzten Ein­greifens eines Zeu­gen über­lebt der Betrof­fene den Angriff. Obwohl der Betrof­fene die ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen ver­standen und der Ers­thelfer die Angreifer als Rechte beschrieben hat, wertet das LKA Meck­len­burg-Vor­pom­mern den Angriff nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. Eine Anklage gegen die polizeibekan­nten Angreifer gibt es bis heute nicht. www.lobbi-mv.de

Guben, 22.05.2020: Zwei Geflüchtete sind mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Super­markt, als ein Auto mit über­höhter Geschwindigkeit auf sie zufährt mit frt Absicht, sie anz­u­fahren. Beim Ver­such auszuwe­ichen, ver­let­zt sich ein­er der Geflüchteten. Dann legt der Aut­o­fahrer den Rück­wärts­gang ein und ver­sucht erneut, die Geflüchteten anz­u­fahren. Kurze Zeit später ver­sucht der Aut­o­fahrer einen drit­ten Geflüchteten anz­u­fahren. Die Amok­fahrt endet erst, als das Auto des Angreifers sich am Bürg­er­steig verkan­tet. Die Täter flücht­en zu Fuß und wer­den kurze Zeit später gefasst. Ein­er von ihnen wird der recht­en Szene zuge­ord­net. Eine Anklage ist bis heute nicht erhoben. Das LKA Bran­den­burg wertet den Fall nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. www.opferperspektive.de

Dres­den, 30.08.2020: Bei ein­er Open-Air-Technopar­ty in der Dres­den­er Hei­de mit vie­len Besucher*innen aus der alter­na­tiv­en Szene belei­digt ein 16-jähriger Rechter zunächst eine Besucherin ras­sis­tisch und zeigt den Hit­ler­gruß. Dann sticht er mit einem Mess­er auf einen jun­gen Mann und eine jun­gen Frau ein und ver­let­zt bei­de lebens­ge­fährlich. Die Staat­san­waltschaft Dres­den hat inzwis­chen Anklage wegen zweifachen ver­sucht­en Mordes erhoben, sieht jedoch kein recht­es Tat­mo­tiv. Das LKA Sach­sen führt den Angriff nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. www.raa-sachsen.de/support/beratung

13.06.2020, Coburg: Am Gold­bergsee greifen drei Män­ner eine syrische Fam­i­lie mit Kleinkindern an. Mit der Dro­hung „Ich steche euch ab, ihr K***[rassistisches Schimpf­wort]!” schlägt der Haupt­täter so bru­tal mit ein­er Met­all­stange auf den Kopf des Fam­i­lien­vaters, dass dieser dauer­haft den Großteil seines Hörver­mö­gens ver­liert. Obwohl die Staat­san­waltschaft von ein­er ras­sis­tisch motivierten Tat aus­ge­ht und Ras­sis­mus im Plä­doy­er her­vorhebt, hält das Amts­gericht Coburg das Angriff­s­mo­tiv für ungek­lärt und verurteilt den Angreifer wegen Kör­per­ver­let­zung zu ein­er 16-monati­gen Haft­strafe. Das LKA Bay­ern führt den Angriff nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. www.bud-bayern.de

Esens, 20.07.2020: Am Abend des 20. Juli 2020 wird ein soma­lis­ch­er Fam­i­lien­vater unver­mit­telt vom Gast­ge­ber ein­er pri­vat­en Par­ty mit einem umge­baut­en Luft­gewehr bedro­ht und dann durch Schüsse lebens­ge­fährlich ver­let­zt. Der Betrof­fene ver­liert einen Teil sein­er Lunge und muss inten­sivmedi­zinisch behan­delt wer­den. Das Landgericht Aurich verurteilt den 29-jähri­gen Täter, der Mit­glied recht­sex­tremer Chat­grup­pen war und in sein­er Woh­nung Schwarzpul­ver gehort­et hat­te, im März 2020 zu 9,5 Jahren Haft wegen ver­sucht­en Mordes und benen­nt Ras­sis­mus und Aus­län­der­feindlichkeit als Tat­mo­tive. Den­noch wird der Fall vom LKA Nieder­sach­sen bis­lang nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat genan­nt. https://betroffenenberatung.de/

Kategorien
Antifaschismus Parlamentarismus

Antifaschistischer Protest laut und sichtbar gegen die AfD

Antifaschistischer Protest laut und sichtbar gegen die Brandenburger AfD in Frankfurt (Oder)

Am ver­gan­genen Sam­stag kam die Bran­den­burg­er AfD in Frank­furt (Oder) zu einem Parteitag zusam­men, um ihre Kandidat_innen für die kom­mende Bun­destagswahl zu bes­tim­men. Die Teil­nehmenden wur­den an der Zufahrt zum Olympiastützpunkt, wo der Parteitag in der Bran­den­burghalle stat­tfand, von einem bre­it­en antifaschis­tis­chen Bünd­nis „begrüßt“.

Ohne Nazis lässt sich ein­fach schön­er leben.

Nach langem Hin und her wegen des zunächst nicht aus­re­ichen­den Hyge­niekonzepts kon­nte der Parteitag des stark vom ange­blich aufgelösten „Flügel“ bee­in­flussten Lan­desver­bands nun doch in Frank­furt (Oder) stat­tfind­en. Ursprünglich wollte der aus­tra­gende AfD-Stadtver­band um den Bun­de­spolizis­ten Wilke Möller eine Genehmi­gung für 700 Delegierte durch­set­zen, scheit­erte aber an der Stadtver­wal­tung, die nur 500 genehmigte, was vom Ver­wal­tungs­gericht später bestätigt wurde. Für die unter hohem Polizeiaufge­bot geschützte Parteiver­samm­lung hät­ten sich die Ver­ant­wortlichen juris­tis­che Auseinan­der­set­zun­gen auch sparen kön­nen. Am Ende waren nicht ein­mal 300 Men­schen in der Halle.

Die antifaschis­tis­chen Kundge­bung war von weit­em gut sicht­bar auf einen Hügel positioniert.

Direkt an der Zufahrt zum Sport­gelände an der Kiel­er Straße kamen rund 250 Antifaschist_innen zusam­men, um gegen den Parteitag der extrem recht­en Partei zu demon­stri­eren. Aufgerufen hat­te das Frank­furter Bünd­nis „Kein Ort für Nazis“, welch­es von zahlre­ichen Ini­tia­tiv­en und Parteien aus ganz Bran­den­burg unter­stützt wurde. Auch das Berlin­er Bünd­nis „Kein Raum der AfD“, die das Woch­enende zuvor gegen den Berlin­er AfD-Parteitag im havel­ländis­chen Paaren am Glien demon­stri­erten, mobil­isierten an die Oder. In mehreren Rede­beiträ­gen wurde auf die Gefährlichkeit der Partei im Land hingewiesen. Mit regelmäßi­gen Anfra­gen zu linken und alter­na­tiv­en Pro­jek­ten im Land­tag ver­sucht die unter dem Recht­sex­tremen Christoph Berndt gelei­t­ende Frak­tion diese unter Druck zu set­zen und ihre Finanzierung in Frage zu stellen. Aber auch auf lokaler Ebene ver­sucht die extrem rechte Partei ihre Strate­gie umzuset­zen. In Frank­furt geri­et so der Vere­in Utopia unter Druck. Ein­er der Stich­wort­führer des Prinzips der Rück­gewin­nung kul­tureller Hege­monie ist der Neon­azi Andreas Kalb­itz. Der ehe­ma­lige Frak­tionsvor­sitzende ist nach wie vor der Teil der Frak­tion im Land­tag und es gibt kaum Anschein, dass sich seine ehe­ma­li­gen Parteikam­er­aden von ihm dis­tanzieren wollen. Das frühere HDJ-Mit­glied Kalb­itz hat­te vor kurzem sog­ar ver­sucht sich als Direk­tkan­di­dat in Süd­bran­den­burg auf­stellen zu lassen.

Der beste Platz für die AfD ist ganz weit unter der Erde.

Gewählt wurde er dieses Woch­enende nicht, dafür aber der Ehren­vor­sitzende Alexan­der Gauland. Eine deut­liche Mehrheit der Anwe­senden wollte ihn auf Lis­ten­platz 1 sehen. Der Höcke-Ver­traute wolle es noch ein­mal wis­sen und auch der näch­sten Bun­destags­frak­tion ange­hören. Ver­hin­dern wolle er damit wahrschein­lich einen zu großen Ein­fluss des nur wenig radikaleren recht­skon­ser­v­a­tiv­en Flügels um Jörg Meuthen, der als Gaulands Wider­sach­er gilt.

Vere­inzelt traut­en sich AfD-Anhänger_in­nen zu Fuß an die Kundge­bung. Lange blieben sie da aber nicht.

Die Bran­den­burg­er AfD tagte nach 2017 nun zum zweit­en Mal in der Bran­den­burghalle. Da die AfD im Stadt­par­la­ment sitzt, ste­hen ihr öffentliche Räume zu. Der Wider­stand dage­gen wird fast auss­chließlich von parteiun­ab­hängi­gen Ini­tia­tiv­en geführt, die in der Ver­gan­gen­heit auch auf ver­fas­sungs­feindliche Äußerun­gen lokaler AfD-Akteur_in­nen hingewiesen haben. Inzwis­chen soll es Über­legun­gen in der Parteizen­trale der Recht­sna­tionalen geben, ihren näch­sten Bun­desparteitag in Frank­furt (Oder) stat­tfind­en zu lassen.
Wenn es dazu kom­men sollte, wird es auch dage­gen zu ver­schiede­nen Protesten kom­men, ist sich ein Sprech­er von „Kein Ort für Nazis“ gegenüber Infori­ot sich­er. Der Aus­tra­gung­sort musste im Übri­gen noch bis kurz vor Ein­tr­e­f­fen der ersten AfD-Mit­glieder gere­inigt wer­den. Der Ein­gangs­bere­ich war zwei Tage zuvor großflächig mit Anti-AfD-Parolen ver­schön­ert worden.

Kategorien
Antifaschismus Parlamentarismus

Strausberger AfD-Stadtverordnete ruft zum Aufstand auf

Rain­er Thiel ist Frak­tionsvor­sitzen­der der AfD in Str­raus­berg und Kreistagsab­ge­ord­neter in Märkisch-Oder­land – und befördert mit seinen Face­book-Posts rechte Umsturz­pläne. Dem Jahreswech­sel im Lock-Down sieht er frohlock­end ent­ge­gen: „Bis dahin braut sich einiges zusam­men warten wir es ab, wenn dann knallt es richtig“ (sic). Hier­mit sind keine Böller und Raketen gemeint, son­dern ein „Volk­sauf­s­tand“. Damit spielt er auch auf die recht­en und von Corona-Leugner*innen wie “Quer­denken” geplanten Demon­stra­tionspläne an Sil­vester in Berlin an, die auf­grund des aktuellen Shut-Down ver­boten wor­den sind, und doch weit­er­hin mobil­isieren. Rain­er Thiel war auch bei der bun­desweit­en Großdemon­stra­tion am 29.08.20 in Berlin, als von Coronaleugner*innen und Neon­azis ver­sucht wurde, das Reich­stags­ge­bäude zu stürmen.

Thiels Auftreten in den Sozialen Medi­en ist geprägt durch eine abstruse Mis­chung auf rechter Pro­pa­gan­da, Urlaub­ser­leb­nis­sen und über­grif­figem Ver­hal­ten. Mehrfach belästigte er bei Face­book junge Frauen* mit sex­u­al­isierten Post­ings. Zusät­zlich betreut er die Face­book-Seite des AfD-Ortsver­band Straus­berg i.G., welche jedoch hin­ter dem aggres­siv­en Massen­post­ings ander­er AfD-Seit­en zurück­bleibt und eher wie ein unregelmäßig erscheinen­der Newslet­ter wirkt.

Auf sein­er Face­book­seite schwadroniert der AfD-Lokalpoli­tik­er mit eini­gen sein­er virtuellen Fre­undIn­nen über den Umsturz in der Bun­desre­pub­lik. Dass rechte Net­zw­erke den Sturz der Regierung pla­nen oder sich auf den Tag X vor­bere­it­en ist nichts Neues. Erst in der let­zten Woche wur­den ein großes Waf­fe­narse­nal in Öster­re­ich beschlagnahmt, mit dem eine rechte Miliz in Deutsch­land aufge­baut wer­den sollte – so der Ver­dacht. „Fordern Politiker*innen, die auf Basis demokratis­ch­er Wahlen in ihr Amt gekom­men sind, ihre Anhänger*innen öffentlich zum Umsturz auf, wer­den auch weit­er­hin Waf­fen­funde, die „Ent­deck­ung“ rechte Net­zw­erke und Morde durch Recht­sex­trem­is­ten an der Tage­sor­d­nung ste­hen. Poli­tik­er der AfD sind – wie eh und je – geistige Brand­s­tifter. Ger­ade in den ost­deutschen Bun­deslän­dern zeigt sich hier der Ein­fluss des völkischen Flügels.“ so Roya Toulany, Press­esprecherin des antifaschis­tis­chen Bünd­nis “Kein Ack­er der AfD”. „Wenn sich Mit­glieder der AfD immer noch fra­gen, warum sie in Bran­den­burg als recht­sex­trem eingestuft wer­den, kön­nen wir nur empfehlen, einen Blick auf die Kom­mu­nika­tion­skanäle der Kom­mu­nalpoli­tik­erIn­nen zu werfen.“

Kategorien
(Anti-)Rassismus Antifaschismus Arbeit & Soziales jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order Parlamentarismus

Pressemitteilung des Utopia e.V. zur AfD-Anfrage vom 29.10.

Pressemitteilung des Utopia e.V. zum antidemokratischen Angriff durch die Anfrage der AfD im brandenburgischen Landtag vom 29.10.

Die AfD Bran­den­burg stellte am 29.10.2020 eine Anfrage im Bran­den­burg­er Land­tag zu den „link­sex­trem­istis­chen Verbindun­gen des Utopia e.V. in Frank­furt (Oder)“.

Im Jahr 2020 in dem die Zahl recht­sex­tremer Morde auf einem neuen Höch­st­stand angekom­men ist. In dem sich inner­halb der AfD die Gruppe des „Flügel“ wegen extrem rechter Machen­schaften auflöst. In dem die bun­desweite Jugen­dor­gan­i­sa­tion, der AfD, „JA“ eben­falls als erwiesen­er­maßen recht­sex­trem behan­delt wird und der bran­den­bur­gis­che Lan­desver­band der AfD trotz Rauswurf des Neon­azis Andreas Kalb­itz die par­la­men­tarische Stimme der extremen Recht­en bleibt. Julian Mey­er, Sprech­er des Utopia e.V. sagt dazu: „Es ist gle­ichzeit­ig voraus­sag­bar und unfass­bar, wie eine extrem rechte Partei ver­sucht durch par­la­men­tarische Anfra­gen unsere Arbeit als Träger*in der Freien Jugen­dar­beit in Frank­furt (Oder) zu diskred­i­tieren. Ger­ade in Zeit­en der Pan­demie mit den dazuge­höri­gen Ein­schränkun­gen ist Jugen­dar­beit und das Ermöglichen von Freiräu­men exis­ten­tiell wichtig.“

Die AfD stellt sys­tem­a­tisch in Par­la­menten Anfra­gen zu demokratis­chen Vere­inen und Insti­tu­tio­nen der Zivilge­sellschaft. So stellte die AfD in Bran­den­burg in diesem Jahr schon Anfra­gen zum Beratungsnetz „Tol­er­antes Bran­den­burg“ [1], dem Bil­dungs- und Kul­tur­ort Frei­land in Pots­dam [2] und auch schon zur Schüler*innengruppe „Fri­days for Future“ in Frank­furt (Oder) [3].
In einem Antrag mit ähn­lich­er Absicht der AfD zu den Falken Bran­den­burg, in der eine Rück­zahlung der Fördergelder gefordert wird, zeigt deut­lich das eigentliche Ziel der Partei [4]. Julian Mey­er meint dazu: „Wir als klein­er ehre­namtlich­er Vere­in haben dadurch einen erhöht­en Ver­wal­tungsaufwand sowie schwierigere Förderbe­din­gun­gen, müssen viel mehr Elternar­beit leis­ten und sehen uns direkt bedroht“.

Anti­demokratis­che Ten­den­zen und Verbindun­gen zur extremen Recht­en wur­den der AfD auf Bun­de­sebene [5], Bran­den­burg­er Lan­desebene [6] und auch dem Frank­furter Stadtver­band [7] schon mehrfach nachgewiesen. Julian Mey­er ergänzt dazu weit­er: „Es ist nicht neu, dass die AfD durch Angriffe auf die demokratis­che Zivilge­sellschaft ver­sucht ihre Macht auszubauen. Ras­sis­tis­che, nation­al­is­tis­che und patri­ar­chale Ker­nele­mente existieren bere­its seit der Grün­dung der AfD“.
Der­weil scheint die AfD ihren anti­demokratis­chen Kurs weit­erzuführen. Nach dem Rauswurf des Neon­azis Andreas Kalb­itz, der neben Daniel Frei­herr von Lüt­zow und Wilko Möller Ver­fass­er der Anfrage war, wählte die AfD nun den näch­sten Faschis­ten, Hans-Christoph Berndt, zum Vor­sitzen­den. Dieser gelang in der extremen Recht­en in den let­zten Jahren zu Ruhm durch die Grün­dung und Leitung des ras­sis­tis­chen Vere­ins Zukun­ft Heimat. Julian Mey­er stellt dazu abschließend fest: „Wir erken­nen hier eine Kon­ti­nu­ität extrem rechte Posi­tio­nen inner­halb ein­er Partei, die in sämtlichen Par­la­menten sitzt. Antifaschis­tis­che, demokratis­che Werte, wie die der Emanzi­pa­tion, der Gle­ich­berech­ti­gung, der Men­schen­rechte und der Sol­i­dar­ität stellen für diese Partei offen­sichtlich Feind­bilder dar.“

Quellen:
1 Anfrage Nr. 4768 im Bran­den­burg­er Landtag
2 Anfrage Nr. 4481 im Bran­den­burg­er Landtag
3 Anfrage Nr. 4609 im Bran­den­burg­er Landtag
4  Antrag Druck­sache 7/1980 vom 15.09.2020
5 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2017–09/afd-kandidaten-bundestagswahl-abgeordnete
6 https://www.deutschlandfunk.de/brandenburger-afd-im-gleichschritt-auf-stramm.720.de.html?dram:article_id=486515
7 https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/12/20/die-frankfurter-afd-und-ihre-verstrickungen-in-den-braunen-sumpf/

Inforiot