SEELOW Mit einem eindringlichen Appell zu Wachsamkeit und Friedensliebe ist
am Sonnabend der Tausenden von Opfern der Schlacht auf den Seelower Höhen
(Märkisch-Oderland) vor 60 Jahren gedacht worden. Bei dem Gedenken zum
Kriegsende sagte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) dem
Rechtsextremismus den Kampf an. Am Rande der Veranstaltung wurden nach
Polizeiangaben elf Rechtsradikale in Gewahrsam genommen. Sie hatten
Handzettel mit volksverhetzendem Inhalt an der Gedenkstätte verteilt.
“Keine Anstrengung kann uns zu mühsam sein, um in den Vorstellungen junger
Menschen Werte wie Toleranz, Mitmenschlichkeit und Brüderlichkeit zu
verankern, aus denen Friedensliebe erwächst”, sagte Platzeck. Brandenburgs
Landesregierung sei angetreten, rechtsextremes Gedankengut und Verhalten zu
ächten. Zu den 600 Teilnehmern des Gedenkens in Seelow gehörten russische,
polnische und deutsche Kriegsveteranen.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof
Wolfgang Huber, rief zu Wachsamkeit auf. Der russische Botschafter in
Deutschland, Vladimir Kotenev, und sein polnischer Kollege Andrzej Byrt
erinnerten an die Pflicht, die Opfer auch nach 60 Jahren nicht zu vergessen.
Mit Gebeten und Fürbitten gedachten die Teilnehmer auf der gemeinsamen
Gedenkveranstaltung von Land und Landkreis der Opfer. Die Botschaft des
Tages sei, “dass sich diejenigen, die sich einst feindlich gesinnt
gegenüberstanden, heute die Hand geben”, sagte Regierungschef Platzeck. Dies
verdeutliche, dass es nie wieder zu so einem sinnlosen Sterben komme.
Platzeck wurde von Mitgliedern des Kabinetts, darunter Innenminister Jörg
Schönbohm (CDU) sowie dem Präsidenten des Brandenburger Landtags, Gunter
Fritsch (SPD), begleitet. Zu den Gästen gehörte auch der Präsident des
Berliner Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD).
An der Gedenkstätte und am deutschen Soldatenfriedhof wurden nach
Polizeiangaben zusammen 18 Platzverweise erteilt. Die Störenfriede seien der
Polizei teilweise schon länger wegen rechtsradikaler Straftaten bekannt.
Am deutschen Soldatenfriedhof, dort wurden wie an den Gräbern sowjetischer
Gefallener während des Gedenkens Kränze niedergelegt, kam es zu einem
weiteren Zwischenfall. Als die Ehrengäste den Friedhof verließen, wurde ein
Plakat entrollt. Die Veranstalter hatten sich laut Polizei aber auf ein
stilles Gedenken geeinigt. Da die Tatverdächtigen der Aufforderung, das
Plakat einzurollen, nicht nachkamen, stellte es die Polizei sicher.
Am Rande der Veranstaltung wurde auch bekannt, dass ehemalige deutsche
Kriegsteilnehmer aus Hamburg in Seelow mit Hilfe einer Stiftung das Gedenken
an die blutige Schlacht auf den Seelower Höhen wach halten wollen. Da sich
die Traditionsgemeinschaft aus Altersgründen auflösen wolle, solle das
vorhandene Kapital in eine Stiftung eingebracht werden, teilte Artur Römer,
einer der Organisatoren, am Sonnabend mit.
Mit dem Geld solle der Gedenkstein auf dem deutschen Soldatenfriedhof in
Seelow, den die Veteranen vor eineinhalb Jahren aufgestellt hatten, künftig
gepflegt werden. Das Geld stammt aus privaten Spenden. Nach Angaben der
Stadt liegen auf diesem Friedhof rund 750 deutsche Soldaten begraben.
Außerdem sollen immer am 16. April, dem Beginn der grausamen Schlacht auf
den Seelower Höhen, sowie am Volkstrauertag Kränze auf dem Soldatenfriedhof
sowie auch an der Gedenkstätte Seelower Höhen — dort sind Gräber gefallener
sowjetischer Soldaten — niedergelegt werden. Zudem müsste nach 25 Jahren das
Areal auf dem deutschen Friedhof für die weitere Nutzung erneut gekauft
werden. Mit dem restlichen Geld sollen sozial schwache Familien in Seelow
unterstützt werden, erläuterte der 89-Jährige. “Wir sind hier in der Stadt
mit offenen Armen aufgenommen worden.”