Gedenkspaziergang in Brandenburg an der Havel
50 Menschen gedachten Neonazi-Opfer Sven Beuter / Razzia bei Täter Sascha L.
Am vergangenen Sonntag veranstaltete das Antifaschistische Netzwerk [AFN] mit Unterstützung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN BdA), der Partei Die.LINKE und der Jüdischen Gemeinde Brandenburg e.V. in Brandenburg an der Havel einen Gedenkspaziergang. Anlass war der Todestag von Sven Beuter. Der damals 23 jährige Punk wurde am 15. Februar 1996 von Neonazi Sascha L. so brutal zusammengeschlagen, dass er wenige Tage später im Krankenhaus verstarb.
Um zu zeigen das es sich bei dieser Attacke nicht allein um die Tat eines sozial geschädigten Einzeltäters handelt, sondern dessen nazistische Weltanschauung maßgeblich für die Tat entscheidend war, hatten die Organisatoren des Spaziergangs auch weitere Erinnerungsorte an nationalsozialistische Verbrechen in der Stadt ins Programm mit aufgenommen.
Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen
Demonstrativ begann der Spaziergang deshalb am jüdischen Friedhof in der Geschwister-Scholl-Straße. Dort führte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Stadt Brandenburg e.V., Feliks Byelyenkow, die ungefähr 50 Teilnehmer_innen zunächst in die Bräuche des jüdischen Totengedenkens sowie in die Geschichte des Friedhofs ein. Auch erwähnte er, dass die Grabstätten vor einigen Jahren von Neonazis geschändet wurden. Abschließend erinnerte Byelyenkow an die von den Nationalsozialist_innen ermordeten Jüd_innen der Stadt.
Vom jüdischen Friedhof aus ging es dann in die Große Münzenstraße zur ehemaligen Synagoge. Diese wurde in der Pogromnacht vom 9. November 1938 von den Nazis total zerstört. Lediglich das vorgelagerte Rabbinerhaus überstand den damaligen Angriff und dient auch der heutigen jüdischen Gemeinde als Versammlungsort. Auch hier gab sich Feliks Byelyenkow sehr offen, zeigte den interessierten Spaziergängern die Räumlichkeiten des Gemeindehauses und erklärte dabei verschiedene Symboliken und Traditionen jüdischen Lebens.
Anschließend führte der Weg zur Gedenkstätte am Nikolaiplatz, die seit kurzem an die maßgeblich in Brandenburg an der Havel begangenen Euthanasiemorde der Nazis erinnert. Hier hielt der Brandenburger Landstagsabgeordnete René Kretzschmar (Die LINKE) eine kurze Ansprache zur grausamen Geschichte des Ortes und zur Gedenkpolitik in der Stadt.
Gedenkzeremonie für Sven Beuter
Vom Nikolaiplatz führte der Spaziergang schließlich zum Gedenkstein für Sven Beuter in der Havelstraße. Dem Ort wo er vor 17 Jahren umgebracht wurde. Hier fand auch die Abschlusskundgebung statt. Sowohl in einem Redebeitrag des VVN BdA als auch in der Rede des Antifaschistischen Netzwerkes wurde an Svens kurzes Leben erinnert und damit gleichzeitig der Beginn der 1990er Jahre, einer Zeit mit vielen neonazistischen Übergriffen in Brandenburg wieder lebendig. Auch der Täter, Sascha L., wurde genannt. Er schlug Beuter bewusstlos und schleifte ihn meterweit in die Havelstraße, um ihn dort mit Tritten und Schlägen weiter zu malträtieren. Am 20. Februar 1996 unterlag Beuter seinen Verletzungen und verstarb im Krankenhaus.
Um Sven Beuter würdig zu Gedenken wurde später eine Platte in den Bürgersteig eingelassen. Dort wurde zum Abschluss des Spaziergangs ein Kranz und mehrere Blumen niedergelegt.
Täter Sascha L. weiterhin in der rechten Szene aktiv
Trotz siebeneinhalbjähriger Haftstrafe zeigt Täter Sascha L. bisher keine Reue. Nicht einmal mit seiner neonazistischen Gesinnung hat er gebrochen. Im Gegenteil, er geriet jüngst wieder in den Fokus der Polizei, als diese gegen den so genannten „Nationalen Widerstand Berlin“, einer militanten Neonazigruppe aus der Bundeshauptstadt, vorgingen. Am 13. Februar 2013 wurde in diesem Zusammenhang auch die Wohnung von L., die sich zur Zeit in Berlin-Pankow befindet, durchsucht. L. hatte sich im sozialen Netzwerk in Polizeiuniform abbilden lassen und hat sich damit der Straftat der Amtsanmaßung verdächtig gemacht. Weiteren Fotos im Netz zeigen ihn übrigens auch bei Naziaufmärschen am 26. März 2011 und am 31. März 2012 in Brandenburg an der Havel, an denen er teilnahm.
Neonazis mobilisierten zu Gegenaktionen
Wie erst kurzfristig bekannt wurde, mobilisierten Neonazis in diversen Foren von sozialen Netzwerken zur Störung der Veranstaltung. Die Initiative dazu kam von demselben Personenkreis, der schon gegen den Antifa-Spaziergang in Wittstock am 2. Februar mobilisiert hatte. Zu Störaktionen kam es jedoch nicht, an diesem Tag ließ sich kein Neonazi blicken.
Weitere Bilder:
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