Potsdam, den 20.11.2007
Die Stadt Potsdam hat sich entschlossen, eine Gedenktafel für die in Potsdam
ausgebeuteten ZwangsarbeiterInnen zu errichten. Dieses Vorhaben ist grundsätzlich zu
begrüßen. Doch das Geschehen in der letzten Sitzung des Kulturausschusses war
bezeichnend dafür, wie skandalös der Umgang der deutschen Gesellschaft mit dem Thema
Zwangsarbeit heute noch ist.
Die Vertreter von SPD, Przybilski und CDU, Kapuste sahen sich in ihrer Eigenschaft
als „Zeitzeugen“ bemüßigt, Jugenderinnerungen daran auszutauschen, wie gut es den
zur Arbeit ins Deutsche Reich verschleppten Menschen doch gegangen wäre. Jene, die
wahrscheinlich von Vernichtungskrieg und Holocaust nichts gewusst haben wollen,
können sich nur zu gut erinnern, dass die ZwangsarbeiterInnen in der Landwirtschaft
doch ein ganz angenehmes Leben hatten.
Die um finanzielle Unterstützung für die Gedenktafel angeschriebenen Unternehmen
(wie die Deutsche Bahn AG), Nachfolgefirmen der Profiteure der Zwangsarbeit, lehnten
kühl ab und machten klar, dass sie den Schlussstrich unter die eigene Vergangenheit
gezogen haben.
Die Stadtverwaltung Potsdam hat sich mit der Außenwand des Kartoffelpubs in der
Großbeerenstraße einen Ort für die Gedenktafel ausgesucht, an dem die
Preußenseeligkeit vorbeiziehender TouristInnen nicht gestört wird. Die Stadt Potsdam
hat, z.B. in den Verkehrsbetrieben, selbst ZwangsarbeiterInnen ausgebeutet.
ZwangsarbeiterInnenlager befanden sich auch in der Potsdamer Innenstadt. Auf einem
Schiff in der Alten Fahrt starben in den letzten Kriegstagen kranke
ZwangsarbeiterInnen, weil die Stadtverwaltung Ihnen Schutzräume und medizinische
Betreuung verwehrte. Unter diesen Voraussetzungen stellt das Anbringen einer Tafel
in der Großbeerenstraße das Abschieben der ungeliebten Vergangenheit aus der zur
Umwandlung in eine preußische Repräsentationskulisse vorgesehenen Innenstadt an
einen eher unauffälligen Platz dar.
Zwangsarbeit wurde vom Nürnberger Tribunal als eines der deutschen Massenverbrechen
explizit verurteilt. Die Notwendigkeit einer angemessenen Erinnerung und politischen
und historischen Bildung, zeigt sich z.B. in den verharmlosenden Äußerungen
Potsdamer Kulturpolitiker.
Die Gedenktafel für die ZwangsarbeiterInnen gehört in die Innenstadt!