Rote Hilfe Potsdam gegen Ausweitung der DNA-Erfassung & Einführung des Brechmitteleinsatzes gegen vermutliche Drogenhändler
Rückblickend auf das Jahr 2004 ließ der Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm eben noch verkünden „die Aufklärungsquote sei noch nie so hoch gewesen“. Ganze Kriminalitätsrubriken seinen im zweistelligen Prozentbereich rückläufig, darunter z.B. auch die Straßenkriminalität. Dennoch hat die SPD/CDU geführte Landesregierung zwei Vorschläge erarbeitet, die der grundgesetzlich verankerten Menschenwürde und Unschuldsvermutung widersprechen und denen entschieden entgegengewirkt werden muss.
Genetischer „Fingerabdruck“
Dieser soll unter Wegfall des richterlichen Vorbehalts dem altbekannten Fingerabdruck gleichgesetzt werden. Langfristig läuft dies auf eine genetische Kompletterfassung der Bevölkerung hinaus. Diese zerstört zwar das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, wird
aber keine einzige Straftat verhindern. Ermittlungen können erst stattfinden, wenn eine Straftat geschehen ist. Erst dann, kann eine DNA-Erfassung durchgeführt werden. Bisher sieht das Gesetz vor, dass bei Straftaten erheblicher Bedeutung ein genetischer Fingerabdruck gemacht und in einer Datei beim BKA gespeichert werden kann. Eine Gleichsetzung zum herkömmlichen Fingerabdruck ist ebenso unnötig wie abzulehnen. Die Polizei hätte bei Wegfall der Richterentscheidung zum DNA-Test freie Hand den gläsernen Bürger zuschaffen. Hinzu kommt, dass ein DNA-Test lediglich Auskunft darüber geben kann, dass jemand höchstwahrscheinlich an einem Tatort war, nicht jedoch zu welchem Zeitpunkt. In der Praxis gilt es dann für den Verdächtigen oft den Beweis seiner Unschuld zu erbringen. Die Verkehrung des Unschuldsverdachts (in dubio pro reo)!
Im Bundesrat ist vorerst ein Vorstoß mehrerer Länder zum Wegfall des richterlichen Vorbehalts und zur Gleichsetzung mit dem Fingerabdruck gescheitert. Das sollte jedoch keineswegs beruhigen — es bleiben Spielräume in der Landesgesetzgebung.
Brechmitteleinsatz
Die Landesregierung plant die Einführung der „Brechmittelvergabe“ an Menschen, die des Drogenhandels verdächtigt werden. Diese Methode stellt kein ermittlungstechnisch zu rechtfertigendes Beweismittel dar: verschluckte Drogen werden innerhalb von 24 Stunden auf natürlichem Wege ausgeschieden, der Beweis des Drogenbesitzes lässt sich also leicht ohne Gefährdung von Leib und Leben erbringen. Denn die Methode der Brechmittelvergabe ist hochgradig gefährlich, in den letzten Jahren sind mehrmals Menschen (auch Unschuldige) nach und aufgrund der Brechmittelvergabe gestorben (bspw. in Hamburg, zuletzt in Bremen). Es handelt sich, angesichts der ungefährlichen Alternative, das Ausscheiden der Drogen abzuwarten und angesichts der Gefahr, die die Brechmittelvergabe für die Verdächtigen bedeutet um eine Form der Bestrafung möglicher Drogenhändler, die durch ihre Brutalität abschrecken soll. Mehr noch, die Methode hat eine deutlich rassistische Komponente, richtete sie sich mindestens in der Vergangenheit überhäufig mehrheitlich gegen so genannte „Ausländer“.
Ein weiterer kaum zu vernachlässigender Fakt spricht gegen den Einsatz von Brechmitteln in Brandenburg. Dealer im Straßenhandel verschlucken manchmal kleine abgepackte Portionen Heroin wenn sie verhaftet werden, um der Überführung zu entgehen. In Brandenburg jedoch ist, wie von Schönbohm selbst verkündet, die Straßenkriminalität rückläufig und eine Heroinszene nicht vorhanden.
Die Brechmittelvergabe ist als Folter anzusehen. Ärzte, die sich an der Brechmittelvergabe beteiligen, verstoßen gegen sämtliche ethischen Kodizes, die die Beteiligung von Medizinern an grausamen und inhumanen Handlungen von Sicherheitsorganen verbieten. Die Brechmittelvergabe ist eine Maßnahme die durch Härte und Repression Drogenprobleme beseitigen will, anstatt sich mit den sozialen Ursachen für Drogenmissbrauch auseinanderzusetzen.
Mediziner im Land Brandenburg sind aufgefordert, sich nicht für diese Foltermaßnahme zur Verfügung zu stellen und laut und deutlich im Namen der Menschlichkeit Widerspruch gegen dieses Vorhaben anzumelden.
Auch die DNA-Entnahme muss im Übrigen durch einen Arzt erfolgen!
Die Rote Hilfe e.V. Potsdam lehnt die Ausweitung der genetischen Erfassung der Bevölkerung und erst Recht die Einführung des Brechmitteleinsatzes entschieden ab. Beide Maßnahmen gefährden den demokratischen Rechtsstaat.