Kundgebung am 27. November 2006 gegen Rassismus und rechte Gewalt
Cottbus, Stadthallenvorplatz, 16 — 19 Uhr
Am 4. März 2006 wurden zwei afrikanische Asylbewerber in einem Bus in
Cottbus beleidigt und körperlich angegriffen. Der rassistisch
motivierte Angriff wird am 15. und 29. November 2006 vor dem
Amtsgericht in Cottbus öffentlich verhandelt werden. Die
Gerichtsverhandlung nehmen wir zum Anlass, um auch in der
Zivilgesellschaft ein Zeichen zu setzen. Wir laden am 27. November
2006 in Cottbus zu einer Kundgebung gegen Rassismus, rechte Gewalt und
Diskriminierung.
Rechte Gewalt
Der rechte Angriff auf zwei Asylbewerber am 4. März 2006 ist kein
Einzelfall. Im 1. Halbjahr 2006 ereigneten sich in Cottbus fünf
rechtsmotivierte Angriffe. Doch auch diese Zahl spiegelt nur einen
Teil der Realität wieder, eine relativ hoch einzuschätzende
Dunkelziffer wird von der Zählung nicht erfasst, weil die Betroffenen
keine Anzeige erstatten oder weil die Gewalttat von den erfassenden
Polizeidienststellen nicht als politisch motivierte Straftat
eingeordnet und somit auch nicht entsprechend gezählt bzw. bekannt
gegeben wird.
Aus rassistischen Motiven werden Menschen angegriffen, weil sie eine
andere Hautfarbe oder eine andere Herkunft haben und damit nicht in
das rechte Weltbild passen. Für Opfer rassistischer Gewalt ist jedoch
nicht nur die erlittene Gewalt, sondern die mit dem Angriff
signalisierte Diskriminierung und Abwertung ein schwerer Schlag.
Rechte Gewalttaten reichen von einer Beleidigungen bis zu einem
körperlichen Angriff mit Todesfolgen. Als Legitimation dienen den
rechten Schlägern ideologisch geprägte Ansichten und Vorurteile, die
immer wieder auch als Elemente in öffentlichen Debatten oder einer
gesellschaftlichen Praxis zu finden sind. Die zuletzt veröffentlichten
Ergebnisse einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung haben erneut
ergeben, dass rechte Einstellungsmuster kein Jugendphänomen und auch
kein “Ostproblem” sind. Rassistische und antisemitische Einstellungen
sind in den unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen und Altersstufen
anzutreffen.
Lebenssituation von Flüchtlingen in Deutschland Asylsuchende werden trotz
ihrer unterschiedlichen kulturellen und biographischen Hintergründe einer
Minderheitengruppe zugeordnet, der im Alltag neben der Gefahr eines
rechten Angriffs auch Mißtrauen und Diskriminierung begegnet. Bereits
durch die Gesetzgebung erhalten Asylsuchende in Deutschland einen
gesellschaftlichen Status, der ihnen weniger Rechte zubilligt. So sind
Asylbewerber z.B. auf der Grundlage des Ausländergesetzes und des
Asylbewerberleistungsgesetzes
verpflichtet, in einer Sammelunterkunft zu wohnen, sich ausschließlich
in dem gemeldeten Landkreis aufzuhalten (sogenannte Residenzpflicht)
und mit Gutscheinen statt mit Bargeld einzukaufen (Gutscheinsystem).
Auch die Aufnahme einer Arbeit oder einer Ausbildung wird den meisten
Asylsuchenden faktisch untersagt. Das sogenannte “Gutscheinsystem” und
die “Residenzpflicht” bedeuten für Asylsuchende genauso eine
Diskriminierung und Stigmatisierung im Alltag, wie die Verweigerung
des Zutritts zu einer Diskothek oder die Beleidigung aufgrund ihres
Aussehens.
Um rechten Gewalttaten vorzubeugen, sollten Flüchtlinge einen
gleichberechtigter Platz in der Gesellschaft erhalten. Ein “Nein”
gegen die Gewalttäter auf der Straße kann nicht vermittelt werden, so
lange die Ausgrenzung und Stigmatisierung von Minderheitengruppen wie
Flüchtlingen, genauso aber auch von Obdachlosen, Homosexuellen oder
Angehörigen anderer Religionsgruppen eine gesellschaftliche Praxis
bleibt. Der Einsatz für Toleranz und Demokratie erfordert auch die
Abschaffung diskriminierender Gesellschaftsstrukturen.
Gegen Rassismus und rechte Gewalt!
Für die Abschaffung des Gutscheinsystems und das Recht auf
Bewegungsfreiheit!
Gleiche Rechte für Alle!
Unterstützt von:
Flüchtlingsinitiative Brandenburg (FIB), Antirassistische Initiative Berlin (ARI), Initiative Oury Jalloh, SDAJ Cottbus, Antifa Finsterwalde, Antifa Cottbus, Cottbuser Initiative “Bargeld statt Gutscheine”, Opferperspektive e.V., Samba-Band Berlin, The VOICE Africa Forum,
Plataforma, Flüchtlingsrat Brandenburg