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Gelebte Utopie

(vom 08.01.2007)

(Peter Nowak)Am Son­ntag ging in König-Wuster­hausen bei Berlin der 14. Jugen­dumweltkongress (Jukss) zu Ende. Der Name ste­ht für die Anfänge am Beginn der 90er Jahre. Damals ist eine Jugen­dumwelt­be­we­gung ent­standen, die Spuren auch außer­halb der unmit­tel­baren ökol­o­gis­chen Bewe­gung hin­ter­lassen hat.

Einige der Aktivis­ten der ersten Stunde haben ihr Tätigkeits­feld mit­tler­weile auf Nichtregierung­sor­gan­i­sa­tio­nen ver­lagert. So sind einige der Attac-Mit­be­grün­der in der Auf­bruch­sphase der Jugen­dumwelt­be­we­gung poli­tisiert wor­den. Im Laufe der let­zten 14 Jahre gab es nicht wenige Prob­leme und Brüche. »Mehrmals stellte sich für die weni­gen Aktivis­ten die Frage, ob sie den Jukss ganz aufgeben sollen. Doch in der let­zten Minute fan­den sich immer wieder junge Leute, die mit ihren Engage­ment dafür sorgten, dass es weit­erge­ht«, berichtet ein­er der langjähriger Mit­stre­it­er. Ihnen ist es zu ver­danken, dass der 14. Jukss sog­ar beson­ders lange dauerte. Die Auf­bauphase begann schon am 23. Dezem­ber. Wenn man sich das umfan­gre­iche Pro­gramm ansieht, kann man ver­ste­hen, dass manchen Aktivis­ten der Name Jukss inzwis­chen zu einen­gend ist. Denn wenn auch die Alters­gruppe der Men­schen unter 30 auch beim diesjähri­gen Jukss ein­deutig über­wog, will man auch für Ältere offen sein.
Mit schar­fer Kri­tik am Umweltver­ständ­nis der großen Organ­i­sa­tio­nen Green­peace, BUND und WWF dis­tanzierten sich die Aus­richter der Arbeits­gruppe »Umweltschutz von unten« auch von manchen der frühen Jukss-Mit­stre­it­er, die jet­zt für diese Umweltver­bände arbeit­en. Die Basisökolo­gen sehen eine große Gefahr darin, dass »der Natur- und Umweltschutz heute fast über­all mit autoritär­er Durch­set­zung durch Umwelt­polizei, Kon­trollen und Ver­bote oder noch häu­figer mit mark­twirtschaftlichen Meth­o­d­en ver­bun­den ist«. Dadurch habe sich die in den Anfangs­jahren an Bürg­er­beteili­gung und alter­na­tiv­en Wirtschafts­for­men ori­en­tierte Ökolo­giebe­we­gung zu einem neolib­eralen Mod­ernisier­er aufgeschwun­gen und gehöre gar heute zu den stan­dort­sich­ern­den Wirtschafts­bere­ichen, war­nen diese Kritiker.
Mit ein­er Protes­tak­tion vor der franzö­sis­chen Botschaft in Berlin protestierten Jukss-Teil­nehmer am 2. Jan­u­ar gegen die Zer­störung der Lebens­grund­la­gen der indi­ge­nen Bevölkerung in der Überseekolonie Franzö­sisch-Guyana durch zunehmenden Touris­mus und den Betrieb ein­er Gold­mine. Sie sol­i­darisierten sie sich mit einem Appell, der von Sprech­ern der Indi­ge­nen Ende Dezem­ber 2006 an den franzö­sis­chen Präsi­den­ten Chirac gerichtet wurde. Darin hat­ten sie den Präsi­den­ten aufge­fordert, ihr Ter­ri­to­ri­um, in dem sie von der Sub­sis­ten­zwirtschaft leben, vor der Ansied­lung der Berg­bau-Unternehmen zu schützen.
Neben Umwelt­the­men nah­men Ver­anstal­tun­gen zu den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heili­gen­damm bre­it­en Raum ein. Über das bedin­gungslose Grun­deinkom­men wurde debat­tiert. Auch Alter­na­tiv­en zur herrschen­den Erziehungs- und Bil­dungspoli­tik nah­men beim diesjähri­gen Jukss bre­it­en Raum ein. Dem The­ma Herrschaft­skri­tik näherte man sich auf dem Kongress nicht nur the­o­retisch, son­dern auch ganz prak­tisch. Schließlich sind Selb­stor­gan­i­sa­tion und Basis­demokratie die zen­tralen Grund­la­gen des Jukss. »Das macht die Tre­f­fen nicht immer ein­fach«, räumt eine Aktivistin ein. Doch einige beson­ders Eifrige haben sich auf mehreren Tre­f­fen im Laufe des Jahres 2006 auf den Jukss und seine basis­demokrat­sichen Struk­turen vorbereitet.
Für manche Teil­nehmer ist der Jukss ein Exper­i­ment, ob es möglich ist, wenig­stens einige Tage herrschafts­frei zu leben. Deshalb wird es sehr wahrschein­lich auch im näch­sten Jahr einen 15. Kongress geben. Das Bedürf­nis nach gelebten Utopi­en ist groß in diesen Tagen, auch wenn sie nur für einige Tage halten. 

Infos unter: www.jukss.de/2006/

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