Streit um Kraftwerks-Geschäftsführer statt um die Sache / Einige Abgeordnete verließen aus Protest den Saal
Mit einem Eklat begann das zweite Treffen des Plessaer Aktionsbündnisses
gegen Rechts, das am Donnerstagabend zum zweiten Mal stattfand. An die 40
Personen waren ins Plessaer Kraftwerk gekommen, darunter auch etliche
Jugendliche. Die Veranstaltung wurde von einer öffentlich geführten
Auseinandersetzung um den Geschäftsführer der Kraftwerk Plessa gGmbH,
Hans-Joachim Schubert, dominiert. Anlass für die Gründung des
Bürgerbündnisses war ein rechtsradikales Skin head-Konzert im Kulturhaus
Plessa mit 300 Teilnehmern, das von der Polizei aufgelöst worden war — der
dritte Vorfall, bei dem sich Rechtsradikale Plessa als Versammlungsort
auserkoren hatten.
Noch bevor die beiden von der Amtsverwaltung eingeladenen Vertreter des
Mobilen Beratungsteams ihre Einführung zum Thema Rechtsextremismus geben
konnten, wollte der ehrenamtliche Bürgermeister von Plessa, Gottfried
Heinicke, eine Erklärung vorlesen, die insgesamt 13 von 17 Gemeindevertreter
unterschrieben hatten. Danach hatten die erschienenen Gemeindevertreter vor,
den Saal zu verlassen.
In dem offenen Brief der Gemeindevertreter wird die am 10. November von
Hans-Joachim Schubert initiierte Gründungsversammlung des Bürgerbündnisses
gegen Rechtsradikalismus als «ein medienwirksam inszeniertes Schauspiel»
bezeichnet, «um unser Dorf als rechtsradikale Hochburg in die Medien zu
bringen» . Die RUNDSCHAU und Elster-TV hatten über die Gründungsversammlung
des Aktionsbündnisses, an dem neben Plessaer Bürgern auch offizielle
Vertreter aus den Ämtern Plessa, Schradenland, Röderland, Elsterwerda und
Lauchhammer zugegen waren, berichtet. Schubert sei dafür verantwortlich,
dass Fernsehen und Presse bei diesem ersten Termin zugegen gewesen seien.
«Wir halten dies für unverantwortlich. Dieses Thema muss sensibel und nicht
derart populistisch behandelt werden» , heißt es weiter. Mit Herrn Schubert
könne und wolle man sich nicht an einen Tisch setzen. «Er schadet mit seinen
Unwahrheiten und In trigen sowie den unverantwortlichen Veröffentlichungen
in der Presse sowie im Elster-TV massiv dem Ansehen unserer Gemeinde Plessa»
, so die Unterzeichner. Insbesondere werfen die Gemeindevertreter Schubert
vor, dass er sie nicht persönlich eingeladen habe.
Dieser hingegen hatte erklärt, dass die beiden Bürgermeisterkandidaten
eingeladen worden seien, mit der Bitte, die Gemeindevertreter zu
informieren. Diese Bitte sei in der Einladung nicht enthalten gewesen, sagen
die Gemeindevertreter und bezichtigen Schubert deshalb der Lüge.
Gleichzeitig unterstreichen die Gemeindevertreter aber, dass sie bereit
seien, ihren Beitrag zu leisten, wenn es darum gehe, rechtsradikale
Zusammenkünfte zu vermeiden. So habe man die Entscheidung des Amtes, dem
Pächter des Kulturhauses zu kündigen, in der ersten Gemeindevertretersitzung
nach der Wahl unterstützt.
Beim uneingeweihten Publikum löste die Auseinandersetzung Kopfschütteln und
Empörung aus. Auch als Frank Werner, Gottfried Heinicke, Ruth Penther und
Carsten Schellschmidt demonstrativ den Saal verließen. Joachim Seidel,
Steffen Klotzsch und Alf Dietrich hingegen blieben.
«Ich kann die ganze Diskussion nicht verstehen. Wenn Ihr bei der letzten
Veranstaltung dabei gewesen wäret, dann hättet Ihr gehört, dass niemand
gesagt hat, Plessa ist eine rechtsradikale Hochburg» , sagte Sybille Krüger
an die Adresse der Gemeindevertreter. Hans-Joachim Schubert unterstrich
ebenfalls, dass man mit der ersten Veranstaltung gerade versucht habe
deutlich zu machen, dass Plessa kein rechtsradikales Dorf sei, sondern dass
die Bewohner dagegen etwas tun würden.
«Ich habe mich gefreut, dass Sie gekommen sind, aber Ihre Diskussion
entbehrt jeder Grundlage» , kommentierte Erich Opitz die Beiträge der
Gemeindevertreter. Ihre Enttäuschung brachte auch die Leiterin des
Ordnungsamtes des Amtes Schradenland, Silvia Petrenz, zum Ausdruck: «Ich bin
sehr enttäuscht, das passt nicht hierher. Wenn Sie gemeinsam an einem Strang
ziehen wollen, dann muss man über die Sache reden und nicht darüber, wer mit
wem nicht kann. Das hat einen unheimlich schlechten Eindruck gemacht.» Erwin
Gottwald vom Elsterwerdaer Ordnungsamt meinte nur: «Niveaulos.»
Sein Befremden brachte auch der Leiter der Elsterwerdaer Polizeiwache,
Karl-Heinz Apitz, zum Ausdruck: «Ich bin irritiert, ich kann nicht
nachvollziehen, was hier passiert ist» , sagte er. Gleichzeitig betonte er,
dass es Hinweise gäbe, dass die rechtsradikale Szene sich weiterhin in
Plessa und der Region etablieren wolle. Er bat um Verständnis, dass die
Polizei bei Veranstaltungen deshalb weiterhin Präsenz zeigen müsse.
Allerdings, so Apitz, stoße man bei der Bevölkerung dabei auf wenig
Verständnis.
Die ehemalige Gemeindevertreterin Bettina Weinhold, die sich von Frank
Werner (CDU) den Vorwurf gefallen lassen musste, sie habe in der vergangenen
Gemeindevertretersitzung die Gemeindevertreter kritisiert, zeigte sich
ebenfalls «äußerst enttäuscht, dass die Gemeindevertreter so reagieren. Das
ist nicht nachvollziehbar» , sagte sie. Sie stellte auch eine
unterschwellige Anschuldigung Frank Werners richtig. Warum Hans-Joachim
Schubert denn nicht schon beim zweiten Treffen der Rechtsradikalen in Plessa
auf die Idee gekommen sei, ein Aktionsbündnis zu gründen, wollte er wissen.
Bettina Weinhold stellte klar, dass Schubert bereits im Juni die
Gemeindevertretung auf das Problem aufmerksam gemacht habe und die
Gemeindevertreter sich einstimmig darauf geeinigt hätten, dass es nicht gut
sei, an die Öffentlichkeit zu gehen und man erst beim dritten Mal reagieren
wolle. «Es ist drei Mal passiert und wenn Hans-Joachim Schubert jetzt die
Initiative ergriffen hat, dann ist das richtig» , betonte Bettina Weinhold,
die außerdem forderte, die Dinge nicht unter den Tisch zu kehren.
Amtsdirektor Manfred Drews versuchte, die Wogen zu glätten. Es sei richtig,
dass die Geschichte öffentlich gemacht worden sei. Allerdings hätte man es
etwas eleganter machen können, sagte er. Fakt sei, dass die
Gemeindevertretung hinter dem Aktionsbündnis stehe. Allerdings müsse es auf
eine breitere Basis gestellt werden. «Die Vereine müssen mitmachen, die
Resonanz muss größer werden» , betonte Drews.
Was erst an diesem Abend öffentlich bekannt wurde: Unter den Besuchern des
Skinhead-Konzertes im Kulturhaus war auch ein Plessaer Gemeindevertreter.
Die Polizei hatte seine Personalien aufgenommen.