Wie ein Denkmal in der Potsdamer Schloßstraße genutzt wird, um aktuelle Politik zu machen
(ND, Andreas Fritsche) Denkmale erinnern nicht nur an historische Personen oder Ereignisse. Sie sind auch ein Spiegelbild der Zeit, in der sie aufgestellt werden. Das ist allgemein bekannt und wird noch einmal deutlich, wenn man das gerade erschienene Buch »Fürsten, Helden, große Geister« von Helmut Caspar zur Hand nimmt.
Sogar in der Neuzeit kann mit Denkmalen noch Politik gemacht werden. Ein gutes Beispiel dafür ist gerade jetzt das Monument für den zunächst preußischen und dann US-amerikanischen General Friedrich Wilhelm von Steuben (geboren 1730 in Magdeburg, gestorben 1794 in New York), über das man bei Caspar vier Seiten nachlesen kann. Ein Wunsch des Generalinspekteurs der USA-Streitkräfte, Joseph E. Schmitz, wurde dieser Tage laut. Schmitz möchte zum 30. April 2005 an der Potsdamer Version des Monuments eine Plakette mit der ursprünglichen Widmung anbringen.
Einst hieß es am Sockel unter anderem: »…dem deutschen Volke gewidmet vom Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika als Wahrzeichen ununterbrochener Freundschaft.« Der Hintergedanke der Initiative ist eindeutig. In einem Positionspapier aus Schmitz’ Büro im Pentagon heißt es, dies symbolisiere die gegenseitige Verpflichtung zum gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus.
Schmitz ist deutscher Abstammung und bekleidet als Generalinspekteur den selben Posten wie einst Steuben. Trotzdem besteht zwischen beiden ein riesiger Unterschied, denn zu Steubens Zeiten schickte Nordamerika noch keine Truppen in fremde Länder. Damals fochten die Aufständischen unter George Washington gegen die britische Kolonialmacht. Steuben sorgte für Disziplin in den Reihen der Unabhängigkeitskämpfer. Zum Dank gibt es alljährlich in New York, Chicago und Philadelphia Steuben-Paraden. Die berühmteste führt durch die New Yorker 5th Avenue.
Darüber hinaus findet man hier und dort Denkmale. Ein von Albrecht Jaeger geschaffenes Original steht im Washingtoner Lafayette-Park. Eine von den USA geschenkte Kopie wurde am 2. September 1911 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. in der Potsdamer Schloßstraße enthüllt. Der USA-Sondergesandte Barthold sprach damals von »traditioneller Freundschaft« und »Blutsverwandtschaft«. Der Kaiser revanchierte sich beim USA-Präsidenten Theodore Roosevelt mit der Kopie eines Denkmals für Friedrich den Großen. Derlei verhinderte freilich nicht, dass am Ende des Ersten Weltkriegs Soldaten beider Staaten aufeinander schießen mussten. Im April 1945 ist das Potsdamer Steuben-Denkmal vom Sockel gestürzt worden. Buntmetalldiebe sägten Kopf und Füße ab. Erst 1994 stellte man einen Nachguss des Originals in der Schloßstraße auf. In den Buchhandlungen liegen Dutzende Bände über Denkmale in Brandenburg. Oft präsentieren die Autoren nur die altbekannten Fakten. Der Qualitätsunterschied liegt meist lediglich in der Darbietung. Nicht so bei Caspar. Der schreibt flüssig und schildert außerdem Dinge, die nicht überall nachzulesen sind. Als Beispiel angeführt sei hier das Denkmal für den Architekten Konrad Wachsmann (1901–1980) vor dem nach ihm benannten Oberstufenzentrum in Frankfurt (Oder). Wachsmann entwarf auch Albert Einsteins Sommerhaus in Caputh.
Zunächst nervt das Gejammer darüber, dass viele Denkmale nach dem Zweiten Weltkrieg abgeräumt worden sind– besonders angesichts der Tatsache, dass sich unter dem Verschwundenen bekanntlich nicht nur kunsthistorisch Bedeutsames, sondern auch etlicher militaristischer Schund befand. Auf den folgenden Seiten relativieren sich die anfänglichen Irritationen, nicht zuletzt wegen der Passagen zu Denkzeichen für Opfer des Faschismus.
Caspar arbeitete als Pressereferent am DDR-Institut für Denkmalpflege und ist heute freier Journalist.
Helmut Caspar: »Fürsten, Helden, große Geister. Denkmalgeschichten aus der Mark Brandenburg«, be.bra-Verlag, 320 S., 81 Abb., 19,90 Euro.