Brandenburgs CDU versucht, ihre Justizministerin zu retten und dabei den Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg zu beschädigen. Der ist CDU-Chef Jörg Schönbohm schon lange ein Ärgernis, deshalb lässt der Exgeneral ihn heftig
attackieren
(TAZ, Daniel Schulz) Die Brandenburger CDU muss ihre Justizministerin retten. Und sie will schon
länger einen ungeliebten Generalstaatsanwalt loswerden. Jetzt versuchen die
Christdemokraten, beides auf einen Schlag zu erledigen.
Chefankläger Erardo Rautenberg (SPD) soll gehen: “Er hat mehrere
Indiskretionen begangen”, sagte CDU-Vize Sven Petke der taz. “Er ist nicht
mehr tragbar.” Anlass für die Attacke ist ein neuer Vorfall im Gefängnis
Brandenburg/Havel. In der JVA wurde eine selbst gebastelte Schusswaffe
gefunden — wie die Staatsanwaltschaft auf Medienanfrage bestätigte. Einen
“Skandal” nannte CDU-Innenminister Wolf Schönbohm diese Informationspolitik;
in Potsdam sitze die “durchlässigste Staatsanwaltschaft in ganz
Deutschland”.
Das sieht der Koalitionspartner SPD anders. Als “durchsichtiges
Ablenkungsmanöver” beschrieb Innenexperte Werner-Siegwart Schippel die
Attacken gegenüber der taz. “Das soll das Versagen der Ministerin in der JVA
Brandenburg verschleiern.” Häftlinge hatten sich dort über systematische
Misshandlungen durch die Wärter beschwert. Richstein wurde unter anderem
kritisiert, weil sie nichts von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu den
Vorwürfen wusste.
Wegen der Trennungsgeldaffäre sind Rautenberg und Richstein ebenfalls
aneinander geraten. In Brandenburg hatten Beamte ungerechtfertigt Geld für
die Versetzung an einen anderen Arbeitsort kassiert — auch Rautenberg. Er
will jedoch nicht, wie von Richstein gefordert, 5.000 Euro pauschal zahlen,
sondern zuerst klären, ob fehlerhafte Vorschriften des Ministeriums zu
Missverständnissen führten. Deshalb leitete die Justizministerin ein
Verwaltungsverfahren gegen den Querulanten ein.
Auch Schönbohm und Rautenberg verbindet innige Ablehnung. So attackierte der
Innenminister mehrfach das Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus, dem auch
Rautenberg angehört. Schönbohm lästerte über “die Rituale des
antifaschistischen Kampfes”. Rautenberg wiederum spricht auf Demonstrationen
gegen rechts und bekommt dafür Morddrohungen.
Zum Krach kam es während der V‑Mann-Affäre, die im Sommer 2002 begann. Der
mehrfach straffällig gewordene Neonazi Toni Stadler wurde bei einer Razzia
in Berlin festgenommen. Gleichzeitig war er V‑Mann des Verfassungsschutzes
in Brandenburg. Schönbohms Lesart: Ein V‑Mann dürfe Straftaten begehen, um
in der Szene nicht aufzufallen. Rautenberg widersprach öffentlich, die
Generalstaatsanwälte der anderen Bundesländer teilten seine Meinung. Der
Innenminister war blamiert. “Seitdem will Schönbohm diese Rechnung
begleichen”, sagt Wolfgang Wieland, Spitzenkandidat der Grünen in
Brandenburg, der taz. Die CDU bestreitet dies nicht. “Als Beamter hat sich
Herr Rautenberg mehrfach gegen seine Ministerin gestellt”, so Petke zur taz.
“Da hat sich Unzufriedenheit angesammelt.” Allerdings kann man Rautenberg
nicht einfach entlassen. Dafür wäre ein Kabinettsbeschluss nötig, und den
würde die SPD nicht mittragen.