Schon seit Februar ist Rolf Wischnath krank. Damals war über eine
Stasi-Verstrickung diskutiert worden
(Tagesspiegel, Robert Ide) Cottbus. Rolf Wischnath wirkt sehr bedrückt: “Mir geht es gar nicht gut”,
sagt der Cottbuser Generalsuperintendent dem Tagesspiegel: “Diese
Ruhestandsregelung ist eine Konsequenz aus meiner Erkrankung. Das ist alles
sehr schwierig für mich.”
Überraschend hatte die Leitung der Evangelischen Kirche in
Berlin-Brandenburg gestern mitgeteilt, dass der Cottbuser
Generalsuperintendent seine kirchlichen Ämter niederlegen und zum April 2004
in den Ruhestand gehen werde. Eine Wiederaufnahme des Dienstes durch den
55-jährigen Theologen sei aus gesundheitlichen Gründen derzeit nicht
absehbar. Die rheinische Landeskirche, die Wischnath für seine Tätigkeit in
Ostdeutschland freigestellt hat, habe ihn deshalb auf eigenen Wunsch in den
Ruhestand versetzt.
Im Februar dieses Jahres hatte sich der streitbare Generalsuperintendent,
der für neun Kirchenkreise des Sprengels Cottbus zuständig ist, eine heftige
Auseinandersetzung mit der Kirchenleitung geliefert. Die hatte beim
Bundesverfassungsschutz Nachforschungen über eine angebliche Stasi-Tätigkeit
Wischnaths angestellt — ohne diesen davon zu informieren. Wischnath hatte
das als Vertrauensbruch gewertet und juristische Schritte gegen die
Kirchenleitung angedroht. Die Affäre hatte auch Landesbischof Wolfgang Huber
in Erklärungsnot gebracht: Er soll zugestimmt haben, dass sich
Konsistorialpräsident Uwe Runge mit Vertretern des Verfassungsschutzes traf.
Wischnath, der Huber stets als seinen Freund bezeichnet hatte, fühlte sich
dadurch persönlich hintergangen. Huber ließ später erklären, er habe
Hinweise darauf gehabt, dass Wischnath als West-IM unter dem Decknamen
“Theologe” für die Stasi tätig gewesen sei . Doch — wie auch von ihm selbst
erwartet — habe sich dann herausgestellt, dass es keine Zusammenarbeit mit
dem Ministerium für Staatssicherheit gab. Die Vorwürfe aber waren in der
Welt. Der Cottbuser Generalsuperintendent hielt den Druck nicht aus, brach
zusammen — und ist bis heute krank.
“Es ist nicht absehbar, wann Wischnath wieder arbeitsfähig ist”, sagte
Wolfgang Huber am Dienstag. Der Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende hat
nach eigenen Worten viele Gespräche mit dem Generalsuperintendenten geführt.
Auf die Frage, ob die Kirchenleitung Fehler gemacht habe, sagte Huber: “Im
Rückblick müssen wir uns vielleicht vorwerfen, die mögliche Reaktion von
Rolf Wischnath nicht genügend berücksichtigt zu haben.”” Huber legt Wert auf
die Feststellung, dass es allein Wischnaths Entscheidung gewesen sei, in den
Ruhestand zu gehen. Wischnath selbst sagte dazu: “Bevor andere die
Entscheidung treffen, treffe ich sie lieber selbst.”
Ob der durch sein Engagement gegen Rechtsextremismus und
Fremdenfeindlichkeit bekannte Theologe eine Zukunft in der
berlin-brandenburgischen Kirche sieht, ließ er gestern offen: “Erst einmal
muss ich wieder gesund werden”, sagte er. Auch sein Bischof bezeichnet eine
Rückkehr als “nicht die wahrscheinlichste Variante”.