(LR, 16.11.) Die bei Rechtsradikalen beliebte Bekleidungsmarke “Thor Steinar”, die von
der Firma Mediatex in Zeesen bei Königs Wusterhausen vertrieben wird, nimmt
ihr umstrittenes Runen-Logo vom Markt. “Ich habe nach den Beschlagnahmungen
in den vergangenen Wochen dazu geraten”, sagte der Berliner Mediatex-Anwalt
Markus Roscher gestern auf Anfrage. Ein neues Firmenwappen sei aber schon in
Arbeit.
Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hatte vergangene Woche angeordnet,
bundesweit Textilien mit dem “Thor Steinar”-Zeichen einzuziehen. Erwirkt
hatte diesen Beschluss die Neuruppiner Staatsanwaltschaft. Sie ist der
Auffassung, dass das Runen-Logo “nationalsozialistischen Symbolen zum
Verwechseln” ähnele (die RUNDSCHAU berichtete).
Im “Thor-Steinar”-Logo sind zwei nordische Runen miteinander verschlungen:
die Tyr-Rune und die Wolfsangel. Erstere war in der NS-Zeit Ärmelemblem der
Absolventen der SA-Reichsführerschulen. Die Wolfsangel zählt nach Hakenkreuz
und Sig-Rune zu den signifikantesten Symbolen des Nationalsozialismus. Sie
tauchte in den Abzeichen mehrerer SS-Einheiten auf und wurde — leicht
abgewandelt — auch von der 1982 als verfassungsfeindlich verbotenen
Jugendorganisation “Junge Front” genutzt. Zudem heißt es, dass der Name
“Steinar” in Verbindung mit dem Wort Division, wie er auf T‑Shirts der Marke
aufgedruckt ist, eine gezielte Anspielung auf den von Neonazis
glorifizierten SS-General Felix Steiner sei.
Der Amtsgerichtsbeschluss hat für die Firma Mediatex weit reichende Folgen:
Er ermöglicht bundesweit Razzien in Geschäften, die Kleidung mit dem
Runen-Logo verkaufen. Auch Träger der Textilien müssen jetzt damit rechnen,
dass Beamte ihre Kleidungsstücke konfiszieren. Darüberhinaus ordnete das
Gericht an, die für die Firmenwappen-Herstellung notwendigen Hilfsmittel wie
“Platten, Formen, Negative oder Matritzen” unbrauchbar zu machen.
“Mediatex hat deshalb alle Händler aufgefordert, die Logos zu entfernen und
die Ware zurückzugeben”, sagte Anwalt Roscher auf Anfrage. “Wir beugen uns
dieser Gewalt, obwohl uns sächsische, die Cottbuser und die Frankfurter
Staatsanwaltschaft zuvor mehrfach signalisiert hatten, dass keine
Ähnlichkeit mit Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen bestehe. Der
Schaden ist katastrophal.”
Rechtsanwalt Roscher hat beim Potsdamer Landgericht Beschwerde gegen den
Amtsgerichtsbeschluss eingelegt. Textilien, die die Polizei im Oktober in
einem Henningsdorfer Geschäft bei Berlin beschlagnahmt hatte, haben die
Behörden inzwischen wieder zurückgeben müssen, da es dafür keine
Rechtsgrundlage gab.
Um mögliche Schadenersatzforderungen der Firma Mediatex auszuschließen, hat
Brandenburgs Generalstaatsanwaltschaft erst einmal angewiesen, den
Beschlagnahmungsbeschluss des Amtsgerichtes nicht zu vollstrecken. “Wir
wollen abwarten, wie das Landgericht Potsdam entscheidet”, sagte deren
Pressesprecher Rolf Grünebaum gestern auf Anfrage. “Wir stehen hinter der
Neuruppiner Staatsanwaltschaft, aber dass der Straftatbestand 86a durch das
Logo verletzt wird, sieht bislang sonst noch keiner in Deutschland so.”