Die Bildungspolitik in Brandenburg sorgt weiter für heftigen Streit. Scharfe Kritik am Entwurf für die Schulgesetz-Novelle kam gestern von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). »Die vorgesehenen Änderungen zeigen die Konzeptionslosigkeit der Regierung«, sagte GEW-Landeschef Günther Fuchs in Potsdam. »Das neue Gesetz ist ein Rückschritt und wir lehnen es deshalb ab.«
Es handle sich seit 1990 bereits um die 16. Novelle. »Hier ist Brandenburg bundesweiter Spitzenreiter«, meinte Fuchs. Angesichts schlechter PISA-Ergbenisse wird immer wieder geändert und nachgebessert. Doch der Nutzen für das Schulsystem bleibe leider aus. Der von den Koalitiospartnern SPD und CDU vereinbarte Gesetzentwurf soll im Dezember vom Landtag verabschiedet werden und mit Beginn des nächsten Schuljahres 2007/2008 in Kraft treten. Bis November sind vier Anhörungen von Gewerkschaften, Verbänden und Interessengruppen im Parlament vorgesehen. Die erste startet bereits am kommenden Donnerstag.
Die GEW lehnt besonders die geplante Einführung der so genannten Leistungs- und Begabtenklassen ab. »Damit findet eine noch zeitigere schulische und auch soziale Selektion der Kinder statt«, betonte Fuchs. Geplant sind landesweit bis zu 35 solcher Klassen für besonders leistungsstarke Schüler. Sie führen bereits ab der fünften Klasse nach zwölf Jahren zum Abitur. »Damit wird die sechsjährige Grundschule in Brandenburg mittelfristig zur Disposition gestellt«, erklärte Fuchs.
»Die GEW plädiert für ein mindestens achtjähriges gemeinsames Lernen aller Kinder in einer Schule.« Den Erfolg dieses Konzepts bestätigten beispielsweise das Schulsystem in Finnland und inzwischen auch mehrere Schulen in Deutschland, die auf diese erfolgreiche Strategie setzten. Trotz des neuen Gesetzes komme es auch künftig besonders in den ländlichen Regionen zu weiteren Schulschließungen. »Die Wege der Schüler zum Untericht werden damit immer länger«, klagte Fuchs. Die Landesregierung habe offenbar keine Lösungen.
Zu kurz kämen individuelle Förderangebote. Das Land Brandenburg hat im Bundesvergleich die niedrigsten Ausgaben für Bildung«, monierte Fuchs. Es fehle besonders an Lehrern. Bis 2008 gebe es ein Defizit von 800 Lehrerstellen. Dieser Mangel werde sich dann weiter verschärfen. Bis 2010 steige der Einstellungsbedarf auf 1400 Pädgogen. Doch die Kapazität für die Ausbildung neuer Lehrer sei viel zu gering. Die Folge seien immer größere Klassen mit bis zu 30 Kindern.
Abgelehnt wird das neue Schulgesetz auch von der Linkspartei.PDS. »Die Novelle hat keine Antwort auf die drängenden Probleme parat«, sagte deren Bildungsexpertin Gerrit Große. »Auch das Hauptanliegen der Bildungsreform, den Unterricht besser und effektiver zu gestalten, wird mit der Novelle nicht gelöst.« Der Gesetzentwurf trage die Handschrift der CDU. Diese habe beispielsweise auch die Leistungs- und Begabtenklassen gegen den anfänglichen Widerstand des Koalitionspartners SPD durchgesetzt.