(MAZ) POTSDAM Gewalttätige Neonazis in Brandenburg lassen sich durch den hohen
Fahndungsdruck der Polizei offenbar kaum weiter abschrecken. Trotz scharfer
Strafverfolgung und einer Rekordaufklärungsquote von 89 Prozent bei der
politisch motivierten Gewaltkriminalität sank die Zahl rechtsextremer
Gewalttaten lediglich um sechs auf 42 Delikte im ersten Halbjahr 2004 (2002:
34). Darunter seien 32 Körperverletzungen, acht Brandstiftungen und ein Raub
gewesen, gab Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern in Potsdam bekannt.
Dass sich die märkischen Neonazis nach wie vor auf eine breite Basis von
Sympathisanten stützen können, zeigt die Zahl der Ersttäter. Von den bis
Ende Juni ermittelten 68 Tatverdächtigen verübten laut Schönbohm 59
Personen — das sind 87 Prozent — erstmals eine rechtsextreme Gewalttat.
Dabei trat von den 245 Personen, die von der Polizeieinheit “Tomeg” betreut
werden, lediglich ein Dutzend strafrechtlich in Erscheinung. “Der
personenbezogene Ansatz von Tomeg ist der richtige Weg”, lobte Schönbohm.
Von nicht nachlassender Aktivität der rechtsextremen Szene zeugt zudem die
Arbeit der zweiten Polizei-Spezialtruppe im Kampf gegen Neonazis. Die Mobile
Einsatzeinheit gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit “Mega” kontrollierte
im ersten Halbjahr 12 572 Personen, 429 mehr als im Vergleichszeitraum 2003.
Dabei nahm die “Mega” 84 Personen (plus sechs) fest und 205 (plus 44) in
Gewahrsam.
Nach Schönbohms Einschätzung darf die Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht
auf die Polizei beschränkt sein. Der Minister appellierte auch an Eltern,
Lehrer und Ausbildungsbetriebe. “Der Gewalt auf der Straße müssen wir in den
Köpfen begegnen.” Die Polizei werde in ihrer Anstrengung nicht nachlassen,
versicherte der Innenminister.
Bezogen auf sämtliche Gewalt- sowie Propagandataten registrierte die Polizei
im ersten Halbjahr 451 Delikte mit rechtem Hintergrund (48 weniger als 2003
und sieben weniger als 2002). Dabei wurden 404 Tatverdächtige ermittelt, von
denen 77 Prozent zwischen 14 und 25 Jahre alt waren. Etwa 30 Prozent der
rechtsextremen Täter waren im Schüleralter.
Weniger rechte Straftaten — aber viele junge Täter
(Tagesspiegel) Potsdam — Rechtsextreme Schläger kommen in Brandenburg selten ungestraft
davon: Die Polizei hat die Aufklärungsrate bei politisch motivierten
Gewalttaten im ersten Halbjahr 2004 auf den Rekordwert von 89 Prozent
gesteigert, sagte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern in Potsdam. Die
Gesamtzahl politisch motivierter Straftaten sank gegenüber dem ersten
Halbjahr 2003 um 50 auf 756. Den größten Anteil machen 451 Delikte mit
rechtsextremen Hintergrund aus, das sind 48 weniger als im Vorjahr. Den
Rückgang führte Schönbohm auf das konsequente Durchgreifen der Polizei
zurück. So habe die MEGA-Sondereinheit gegen Gewalt und
Ausländerfeindlichkeit in diesem Jahr knapp 13000 Kontrollen durchgeführt. A
ls bedenklich bezeichnete Schönbohm, dass drei Viertel der Tatverdächtigen
jünger als 25 Jahre seien.
Baaske bedauert Fehlverhalten Jugendlicher in Auschwitz
Mit Nazi-Zeichen auf Kleidung Gedenkstätte besucht / Schönbohm: Rechtsextreme Gefahr nicht gebannt
(LR) Sozialminister Günter Baaske (SPD) bedauert das öffentlich bekannt gewordene
Fehlverhalten brandenburgischer Jugendlicher in der KZ-Gedenkstätte
Auschwitz.
In einer Stellungnahme gibt er seiner Erwartung Ausdruck, dass sich
derartige Vorkommnisse vom Juni künftig nicht wiederholen.
Zu einem vom Ministerium mit fast 5000 Euro geförderten Besuch von
brandenburgischen Jugendlichen in Auschwitz, der von der Bildungseinrichtung
Buckow geleitet worden war, hieß es später unter anderem in einem
Zeitungsbericht: Kurzgeschorene Jugendliche durften mit Pitbull-Shirts in
Auschwitz herumstromern, mit Insignien der Rechtsextremen. Ein Junge
weigerte sich polnische Gerichte zu essen. Den meisten Betreuern fehlte
jegliche Sensibilität für den Ort. Eine Sozialpädagogin meinte zu einem
rülpsenden Rechtsradikalen anerkennend: «Det könnte ick jar nich» . Der
Ausbilder stellte während der Führung durch Auschwitz eine einzige Frage:
«Darf man hier rauchen?»
Minister Baaske meinte dazu, das geschilderte Verhalten beziehe sich auf
Einzelpersonen. «Deren Verhalten darf nicht auf die Besuchergruppe insgesamt
übertragen werden.» Auch auf dieser durch Lotto-Mittel geförderten Reise sei
bei vielen Jugendlichen «ein wichtiger Denkprozess in Gang gesetzt worden».
Leiterin war Zeitzeugin
Die verantwortliche Bildungseinrichtung Buckow nannte Baaske «eine
Einrichtung, in der behinderte und sozial benachteiligte Jugendliche
ausgebildet werden» . Sie galt bislang als «stets zuverlässiger Partner bei
der Eingliederung Jugendlicher in ein Berufs- und Arbeitsleben» . Die
Leiterin der Aufsehen erregenden Fahrt selbst sei Zeitzeugin und Opfer des
NS-Regimes gewesen.
Gefördert worden war die Fahrt durch das Ministerium, nachdem im
eingereichten Konzept versichert worden war, dass die beteiligten 41
Jugendlichen durch erfahrene Sozialpädagogen betreut werden sollten. Als
Ziel des Unternehmens nannte der Minister die für die betroffenen
Jugendlichen seltene Gelegenheit zu eröffnen, andere Nationalitäten und
Glaubensgrundsätze kennen zu lernen. Zugleich sollten Denkprozesse zum Thema
Menschenrechte und Judenverfolgung in Gang gesetzt werden. Zur Konzeption
habe gehört, gerade solche Jugendliche mit dem dunkelsten Kapitel zu
konfrontieren, die zuvor ein nur mangelhaftes Geschichtsbewusstsein und eine
mangelhaft ausgeprägte Toleranz an den Tag gelegt hätten.
Trotz sinkender Deliktzahlen ist die rechtsextreme Gefahr in Brandenburg
laut Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) nicht gebannt. Wie er gestern in
Potsdam mitteilte, ist die Gesamtzahl der politisch motivierten Straftaten
im ersten Halbjahr 2004 gegenüber dem gleichen Zeitraum 2003 um 50 auf 756
zurückgegangen.
Aufklärungsquote: 89 Prozent
Im rechtsextremistischen Bereich sank die Zahl politisch motivierter
Gewaltdelikte leicht von 48 auf 42, während diejenige linker Gewalttaten um
mehr als 50 Prozent von sieben auf elf anstieg.
Zudem habe die brandenburgische Polizei von Januar bis Juni dieses Jahres
die weitaus meisten politisch motivierten Gewalttaten aufklären können. Die
Quote habe mit 89 Prozent ein Rekordniveau erreicht. Laut Schönbohm bleibt
die Bekämpfung extremistischer Straftaten noch auf Jahre ein Schwerpunkt der
Polizeiarbeit.