Klaus Farin: Gewalt und Alkohol typische Kennzeichen der rechten Szene
Finsterwalde. “Es liegt mir nichts ferner, als Neonazis zu verteidigen, doch
man muss sich authentisch informieren”, erklärt Klaus Farin vom Archiv der
Jugendkulturen e.V. seine Recherchen auf Nazikonzerten und in Interviews mit
Rechtsradikalen. In der Jugendeinrichtung “Nordtreff” in Finsterwalde
stellte er die Ergebnisse des Archivs vor.
Zwei typische Kennzeichen der rechten Szene kann Klaus Farin sofort nennen:
Gewalt und Alkohol. “Ich habe noch nie ein Nazikonzert ohne Prügelei erlebt.
Und wenn keine Gegner anderer Jugendkulturen erscheinen, dann prügeln sie
sich halt untereinander. Drogen sind offiziell verpönt, doch Bier ist
Grundnahrungsmittel, denn “ein ordentlicher Deutscher muss auch ordentlich
Bier vertragen können.”
Hass auf alles Undeutsche
Anhänger der rechten Szene sind gegen alles Fremdartige, doch sollte man sie
nicht unbedingt als politische Szene betrachten, so Farin. “Es gibt schon
politisch aktive Rechte, aber die meisten treten nicht bei, um Politik zu
machen, sondern es genügt ihnen zu wissen, wie sie selbst denken und damit
irgendwo rumzustehen.”
Rechte hätten einen Hass auf alles Undeutsche, so Farin. Sie dürfen nicht
chinesisch essen, nicht zu Mc Donalds gehen, keine HipHop-Musik hören, keine
Hollywood-Filme schauen, nur bestimmte Kleidung tragen… und immer
aufpassen, was geht und was nicht. “Der Alltag als aufrechter Recke ist ganz
schön schwer”, stellt Klaus Farin fest. Zum Beispiel interviewte er einmal
in Berlin bis in die Nacht ein paar Rechte und ging dann noch schnell ein
paar Bier holen. Seine Gäste waren ganz erstaunt: “Wo kriegstn du jetzt
noch Bier her?” Als Farin erwiderte, dass der Türke die ganze Nacht auf
hätte, ließ einer das Bier fallen und rührte es nicht mehr an, obwohl es
deutsches Schultheis war.
Klaus Farin sieht in der rechten Szene als Kernproblem die eigene
Persönlichkeit. “Obwohl die Welt so kompliziert ist, kann man in der rechten
Szene ein geordnetes Leben führen, denn es gibt klare Regeln, was man darf
und was nicht. Außerdem ist man nie selbst schuld und immer andere
verantwortlich. Ausländer sind ganz einfach eine Personifizierung für
Opfer.” Farin arbeitet manchmal auch mit inhaftierten Rechten und muss sich
dort im Knast tatsächlich Dinge anhören wie: “Der Ausländer hat mich
provoziert, da musste ich halt zustechen.” Oder: “Die Ausländer nehmen uns
die Arbeitsplätze weg, also muss ich ja mit Drogen dealen, wo soll ich denn
sonst Geld herkriegen?” “Immer handelt es sich um einen Justizirrtum und das
Schlimme ist, die glauben das auch noch selbst.”
Regeln der Szene sind sehr streng
Die strengen Regeln und viele Verbote sind oftmals Grund für einen Ausstieg,
da man in anderen Jugendkulturen auf einmal wieder alles darf und deren
Musik eine große Konkurrenz darstellt. Denn “manche Nazibands wissen nicht
einmal, wie man eine Gitarre stimmt, aber haben schon fünf CDs aufgenommen”,
so Farin. Die meisten Anhänger der rechten Szene sind Männer, sodass auch
die Liebe zu einer Frau oder einem Mann Grund für den Ausstieg ist.