NEURUPPIN Durchaus auch kritische Töne schlug die Gleichstellungbeauftragte des Landkreises Marlies Grunst am Mittwoch vor dem Kultur- und Sozialausschuss des Kreistages an. Grunst erstattete Bericht zur Lage von Ausländern im Landkreis.
Für eines der größten Probleme hält Marlies Grunst die langen Bearbeitungszeiten für Asylanträge. Sie berichtet von einer Familie, die 1991 ins Land kam: “Die Kinder sind heute 18 und 19 Jahre alt. Sie sind in Deutschland aufgewachsen und sollen nun nach Hause. Zu Hause ist für sie Deutschland und nicht der Kosovo.” Solange das Verfahren nicht entschieden sei, habe ein Asylbewerber keine Chance auf Integration. Das jahrelange Warten mache die Menschen krank. “Ein faires, effizientes und zügiges Asylverfahren muss doch auch in anderthalb Jahren machbar sein”, meint die Gleichstellungsbeauftragte.
Am härtesten treffe es stets die Kinder und Jugendlichen. Zwar gebe es auch für Asylbewerber einen Anspruch auf Kinderbetreuung, doch in der Stadt Neuruppin werde er beispielsweise glatt ignoriert. “Nach wie vor wird den Asylbewerberkindern der Zugang zu einer Kindertagesstätte nicht ermöglicht, obwohl freie Plätze vorhanden sind. Solche Probleme sind mir aus keinem anderen Landkreis bekannt. Neuruppin lehnt es ab, den Eigenanteil bei der Kita-Finanzierung zu übernehmen, den es laut Gesetz zu tragen hat. Dabei ist eine Kita ein sehr guter Ort für die Integration, zum spielenden Erlernen der deutschen Sprache.”
Defizite sieht Grunst auch bei der Beratung von Ausländern im Landkreis. Zwar sei es in den vergangenen Jahren gelungen, das Angebot in Kooperation mit Nachbarkreisen auszubauen, und im Projekt “Transfair” des Vereins Stattwerke Berlin werden junge Leute ausländischer Herkunft auf das Berufsleben vorbereitet. Doch seien die Wartelisten sehr lang. Bei weitem nicht jeder, der teilnehmen möchte, könne berücksichtigt werden. Als hinderlich habe sich auch der Einsatz von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bei solchen Angeboten erwiesen. Bei ABM-Laufzeiten von einem halben Jahr sei keine kontinuierliche Arbeit möglich. In der Folge würden die Ausländer immer häufiger an die normalen Behörden und Hilfsdienste verwiesen. “Die sehen sich im Besonderen durch die Sprachbarrieren mit der Hilfestellung oft überfordert”, so Grunst.
Im Landkreis (111 500 Einwohner) leben derzeit 678 ausländische Staatsangehörige auf Dauer. Hinzu kommen 61 ehemalige Asylbewerber mit Aufenthaltserlaubnis sowie 469 Asylbewerber und abgelehnte Asylbewerber. Der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung beträgt demnach 1,08 Prozent und stammt vorwiegend aus Vietnam und der russischen Konföderation. Der größte Teil wohnt direkt in Neuruppin.