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Gottesdienst gegen NPD-Schulungszentrum

INFORIOT — Am ver­gan­genen Son­ntag stand in großen Let­tern „Wir sagen NEIN zur NPD“ auf einem Ban­ner an der evan­ge­lis­chen Kirche im Zen­trum der Stadt Biesen­thal – einige Kilo­me­ter nord-östlich von Berlin im Land­kreis Barn­im. Viele Men­schen strömten zu Fuß, per Auto oder Fahrrad in Rich­tung Kirche. Bürger_innen ver­schieden­er Vere­ine und Schulen über Ini­tia­tiv­en bis hin zu Stadtverord­neten, Kreis‑, Land‑, und Bun­destagsab­ge­ord­neten waren vor Ort.

 

 

Bis vor die Kirchen­tür standen dann auch die Bewohner_innen Biesen­thals und Umge­bung sowie Inter­essierte und Journalist_innen, um wenig­stens einen Teil dessen zu hören, was Pfar­rer Brust, Bürg­er­meis­ter André Stahl (DIE LINKE.) oder andere engagierte Bürger_innen, wie Dieter Gadis­chke vom Bernauer Net­zw­erk für Tol­er­anz, zu sagen hat­ten. Man kön­nte meinen, die ganze Stadt ver­sam­melte sich an diesem Abend um ein Zeichen gegen die NPD und ihre Poli­tik zu set­zen. Inwiefern allerd­ings ein Gottes­di­enst hil­fre­ich sein kann, Ras­sis­mus und Anti­semitismus inner­halb der Gesellschaft zu begeg­nen, ließ sich vor­erst nicht erschließen.

Der Hin­ter­grund:

In der ver­gan­gen Woche wurde bekan­nt, dass sich die NPD in Biesen­thal ein­mi­eten wolle, um dort ein Schu­lungszen­trum zu erricht­en. Bere­its im August des let­zten Jahres hieß es, die NPD habe Inter­esse an einem Objekt, welch­es bis dahin als so genan­ntes Asyl­be­wer­ber­heim genutzt wurde. Der Mietver­trag des Heimes lief im März diesen Jahres aus und der Besitzer weigerte sich den Ver­trag zu ver­längern. Viele Zeitun­gen berichteten nun, dass die NPD noch im Mai mit ersten Ver­anstal­tun­gen anfan­gen wolle. Der Tagesspiegel, hat­te dies aus so genan­nten Sicher­heit­skreisen ver­nom­men. Dort heißt es weit­er: „In Biesen­thal habe die Partei offen­bar genau die Immo­bilie ent­deckt, die sie gesucht hat­te“. Auch der Ver­fas­sungss­chutz bestätigt dies. Nur der Besitzer bestre­it­et gegenüber Stadt und Presse einen Mietver­trag mit der NPD zu haben. Biesen­thals Bürg­er­meis­ter André Stahl kündigte an: “Wir wer­den eine NPD-Ein­rich­tung ver­hin­dern und dabei alle Möglichkeit­en des Ord­nungs- und Ver­wal­tungsrecht­es auss­chöpfen.“ Und so fol­gte am ver­gan­genen Fre­itag auch der Ver­such auf dem Fuße: Der Land­kreis Barn­im hat eine Ver­fü­gung gegen eine mögliche Ansied­lung der NPD in Biesen­thal erlassen. Dem­nach wird dem Eigen­tümer unter­sagt, dass Gelände für einen Pen­sions­be­trieb zu nutzen. 

Kein Platz im Sys­tem“ für die NPD

Auch die von Mar­git­ta Mächtig (MdL, DIE LINKE.) geforderte „mas­sive öffentliche Gegen­wehr” ist nach Son­ntag vorstell­bar gewor­den: 500 bis 600 Men­schen fol­gten dem Aufruf des Bünd­niss­es gegen Rechts , das sich aus aktuellem Anlass grün­dete, und gin­gen zu dem Gottesdienst.

 

Mit den Worten „Kein NPD-Schu­lungszen­trum in Biesen­thal oder ander­swo“ begrüßte der Pfar­rer der evan­ge­lis­chen Kirchge­meinde Christoph Brust die Besucher_innen. Schüler_innen der örtlichen Grund­schule hiel­ten Zettel mit Auf­schriften wie „Bunt statt Braun“ in die Höhe. Während man über Biesen­thals Geschichte im Nation­al­sozial­is­mus und die Ver­gan­gen­heit des Asyl­be­wer­ber­heimes berichtete, wur­den Unter­schriften­lis­ten durch die Rei­hen gere­icht. Durch die Unter­schriften solle Biesen­thal zum „Ort der Vielfalt“ wer­den. Wie durch eine Unter­schriften­samm­lung sich Biesen­thal zum „Ort der Vielfalt“ trans­formieren will, blieb zwar lei­der genau­so unerk­lärt wie der sin­n­freie Aus­ruf: „Für Recht­sex­trem­is­ten wie die NPD ist in diesem Sys­tem kein Platz!“ Aber das schien bei der Selb­st­be­weihräucherung hier nicht so wichtig zu sein. Ras­sis­mus und Anti­semitismus als gesellschaftliche Rand­phänomene zu betra­cht­en, hat in Biesen­thal wahrschein­lich immer noch Konjunktur.

Sie sind schon längst da

Wenn man den Schritt aus der Kirche nun her­auswagt, zeigt sich lei­der wie viel Platz in diesem Sys­tem oder dieser Stadt dann doch ist. Dort — einige Meter ent­fer­nt auf dem Mark­t­platz — sitzen und ste­hen viele Men­schen. Teil­weise die Dor­fju­gend, teil­weise die örtlichen Neon­azis – das Bild ver­schwimmt. Auf die Kirche star­rt ein Mann, mit einem recht­en „Heldenge­denken“ T‑Shirt. Ein Polizist läuft vor­bei und schüt­telt ihm fre­undlich die Hand. Daneben, unmit­tel­bar vor der Kirche parkt ein alter Opel-Cor­sa, auf dessen Frontscheibe ste­ht „Todesstrafe für Kinder­schän­der“ — eine beliebte Parole unter Neon­azis. Und ein Stück weit­er, sieht man bekan­nte Mit­glieder der NPD Barn­im-Uck­er­mark mit ihren Kindern Eis essen, die kurz vorher noch in den Rei­hen der Anti-NPD-Ver­anstal­tung saßen – von vie­len unbe­merkt. Doch wenn selb­st NPD´ler und deren Kinder bei der „Zige­uner-Musik“ und Gebeten gegen „braune Ein­falt“ klatscht­en, dann wun­dert es eine_n schon wie die Bürger_innen sich dies­bezüglich äußern. „So haben sie sel­ber gese­hen, dass sie bei uns keine Chance haben, sich bre­it zu machen“, hieß es von eini­gen Anwesenden.

 

Auf der Seite der Antifaschis­tis­chen Aktion Bernau befind­et sich ein Press­espiegel zu den Ereignis­sen. Hier klicken.

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