Nachdem im April 2012 bereits ein zuvor kritisiertes Konzert mit “Kärbholz” und “9mm” im Waschhaus stattfand, bewirbt sich nun offenbar der Lindenpark um rechtsoffene Besucher_innen und ein negatives Image.
Im Vorfeld des Konzerts vor 5 Monaten machten Antifaschist_innen auf die Situation rund um die Bands aufmerksam und warnten vor rechtslastigem Publikum. Die beiden Bands wiesen alle Vorwürfe vehement zurück und auch das Waschhaus ließ jegliche Kritik an sich abprallen. Alle Veranstaltungen fänden unter dem Motto “kein Bass für Nazis” statt, ließ das Waschhaus verlauten. Nazis ließen sich jedoch vom “fehlenden Bass” nicht davon abhalten, das Konzert zu besuchen. So wurde schon während den Vorbands der Hitlergruß gezeigt, wiederholt “Scheiß Antifa” skandiert und auch einschlägige Nazi-Codes ließen sich an der Kleidung und den Fahrzeugen der Besucher_innen erkennen.
Im Lindenpark treten nun drei Bands der selben Liga auf. “Krawallbrüder” haben sogar noch eine größere Fangemeinde als die damaligen Bands im Waschhaus und versuchen, das Erbe der “Böhsen Onkelz” anzutreten. In diesem Kampf mit diversen anderen unsympathischen Grauzonenbands ist es sehr wichtig sich als “harte Kerle” zu profilieren, die vor nichts zurückschrecken und weder Emotionen noch Einsicht zeigen. Politisches Engagement ist ebenfalls verpönt, da es der Kommerzialisierung hinderlich ist. So wird versucht aus allem Profit zu schlagen und im eigenen Online-Shop von “Condemned 84” über “Freiwild” bis zu “Martens Army” alles verkauft was Patriot_innen-Herzen höher schlagen und die Kasse der “Krawallbrüdern” klingeln lässt.
Auch an den zurückliegenden Auftritten lässt sich leicht erkennen, dass es “Krawallbrüder” mit der “unpolitischen Haltung” nicht ganz so eng sehen. So spielten sie in der Vergangenheit schon mit der RAC-Band “Glory Boys” aus Valencia, den rechtslastigen “Gerbenok”, den rechtsoffenen “Superyob” aus London und der Rechtsrockband “Bakers Dozen” zusammen. Das letztgenannte Konzert im Februar 2010 versuchten engagierte Antifaschist_innen zu verhindern und ernteten danach ein wutentbranntes Statement. Der “Krawallbrüder” Sänger behauptet, dass “Bakers Dozen” keine Nazi-Band sei, weil deren Sänger Sozialpädagoge sei, deren Drummer vorher in zwei angeblich linken Bands und deren Gitarrist in Punkbands spielten. Berichte wonach “Bakers Dozen” in den Neonazi-Kneipen “De Kastelein” in Brügge und im thüringischen “Skinhouse Menfis” auftraten, auf einem Fest des “Adler-Versandes” spielen wollten und in Neonaziheften Interviews geben, kann er nicht entkräften (PDF-Link).
Die Kooperation und das Verteidigen der Band “Bakers Dozen” durch “Krawallbrüder” ist beispielhaft für Bands der sogenannten Grauzone. Sie vermeiden eine eindeutige politische Positionierung um ihr Publikum, welches wild aus Punks, Skinheads, Hooligans und auch Nazis zusammengewürfelt ist, nicht zu verlieren. So fanden sich auch am 31. März 2012 in Leipzig beim Konzert der “Krawallbrüder” Neonazis aus Nordsachsen ein, um in der Pause lautstark vor dem Veranstaltungsort Lieder der Nazibands “Endstufe” und “Sleipnir” zu grölen.
Musik sagt bekanntlich mehr als 1000 Worte, deswegen wollen wir an dieser Stelle einmal ein paar Songtexte der “Krawallbrüder” auseinander nehmen. Im Lied “Gott mit uns” heißt es unter anderem “Ihr habt den Brunnen längst vergiftet / aus dem ihr das Wasser schöpft” womit Bezug genommen wird auf die antisemitisch geprägte Wahnvorstellung der jüdischen Brunnenvergifter_innen während des Mittelalters. Auch der Titel kann als Anspielung auf soldatische Werte verstanden werden. Die Parole “Gott mit uns” prangte zum Beispiel während des zweiten Weltkriegs auf den Koppelschlössern der Wehrmacht. In ihrem Lied “Saarland” geben sie ihren Reimeskünsten keine Blöße und dichten patriotisch “zu unser‘m Saarland stehn / Saarland — Oi! Oi! Oi! / Wir saufen uns die Hucke voll”.
Was sagt die Band selbst zu den Vorwürfen? “Krawallbrüder” bezeichnet sich als “unpolitisch” und findet “eine
Äußerung gegen Linksextremismus […] genauso OK wie eine Äußerung gegen Rechts”. Das sich beide Aussagen miteinander vereinbaren lassen beweist “Krawallbrüder” par excellence seit Jahren immer wieder auf ein Neues. Offene Vorwürfe bezüglich der Auftritte mit fragwürdigen Bands werden kleingeredet und stattdessen lieber der Feind “links” gesucht. So sind es die “Wichtigtuer und Selbstdarsteller unter dem Deckmantel der Antifa”, welche “Bands und Personen [denunzieren]” und laut der Band “einfach an die Wand [stellen]”. Die Aussage “der politische Faktor ist bei uns Nebensache, solange er nicht in das Extrem geht” bettelt förmlich danach auch Rassisten und Antisemiten bespielen zu dürfen, solange diese eben nicht zu “extrem” sind, was immer da auch die Grenze ist. Dazu kommt, dass ein Teil ihrer Einnahmen an “Laut gegen Nazis e.V.” fließt und sich so ein politisch korrektes Image verschafft wird um jegliche Kritik abprallen zu lassen. Dabei soll keineswegs in Frage gestellt werden, dass Krawallbrüder Nazis “wirklich doof finden”, jedoch geschieht hier eine Gleichsetzung von “rechts” und “links” in Form der Extremismus-Theorie, welche förmlich neonazistischen Kräfte einlädt in der Oi!-Skinhead Szene Fuß zu fassen und dabei gleichzeitig antifaschistische Interventionen massiv erschwert. Umso trauriger ist es, dass sich die Plattform “Laut gegen Nazis e.V.” für solch ein “Politik ist scheiße”-Statement hergibt und damit den Kampf gegen Rassismus ad absurdum führt.
Zusammen mit den Krawallbrüdern treten auch keine unbekannten Bands auf. “Die Bonkers” veröffentlichen ihre Platten auf dem Label der “Krawallbrüder”, treten immer wieder mit anderen Bands aus der Grauzone auf und spielen mit dem Klischee der Grauzone in dem sie sich selbst als “Blauzone” betiteln.
Die dritte Band “Saints & Sinners” aus Prag gab erst im Januar ein Konzert zusammen mit der britisch/polnischen RAC-Band “Booze & Glory”, welche selbst Konzerte mit weiteren RAC Bands in dubiosen Läden gibt. So wurden Konzerte in Lokalitäten gespielt, in denen auch Nazi- und “Blood&Honour”-Bands auftreten.
Das Problem um die Grauzone müsste den Potsdamer Veranstaltungsorten spätestens seit dem Auftritt von “Kärbholz” und “9mm” im April bekannt sein. So wird auch am 30. Oktober 2012 mit Sicherheit wieder zwiespältiges Publikum vor Ort sein, welches ihrem vorauseilenden Ruf gerecht wird. Oftmals können sich Bands nach außen noch so sehr von Neonazis abgrenzen und auf “unpolitisch” tun, Nazis werden fast magisch von dieser Szene angezogen, weil sich einer eindeutigen Trennung zwischen Rechtsrockbands und Grauzonencombos enthalten wird.
Erst durch Konzerte mit Bands wie “Bakers Dozen” oder “Booze & Glory” und der zeitgleichen Abgrenzung nach “links” machen sich Bands der Grauzone besonders interessant für Neonazis, welche sie angeblich nicht auf ihren Konzerten sehen wollen.
Unpolitisch macht hirntot! Keine Bühne für die Grauzone — “Krawallbrüder” Konzert absagen!