So gut ist die Nachricht nicht, wie sie sich zunächst anhört: Langjährig geduldete Asylbewerber werden nicht mehr abgeschoben, sie werden »geduldet«. Unter Voraussetzungen und Einschränkungen, mit Wenn und Aber. Und nur bis Ende dieses Jahres.
Gut, Innensenator Körting hätte auch bis Herbst abwarten und weiter abschieben können, bis auf Bundesebene eine einheitliche Regelung gefunden wird. Er hat aber anders entschieden und somit den Betroffenen erspart, gegen ihren Willen des Landes verwiesen und einem ungewissen Schicksal ausgeliefert zu werden. Sie haben wenigstens ein paar Monate gewonnen. Es ist ein Anfang, nicht die Durchsetzung von Humanität. Doch es zeigt, dass die Buchstaben des Gesetzes auslegbar sind, was Körting in letzter Zeit so nicht verstehen wollte. Er bevorzugte allzu lange, Härte zu demonstrieren und zeigte die Instrumente des Rechtsstaates. Wie im Fall der Familie Aydin. Dafür hat der Senator einige Kritik eingesteckt. Der näherrückende Wahltag mag ihn zur Einsicht bewogen haben, die Abschiebungsmaschinerie etwas lautloser arbeiten zu lassen. Falls die Innenminister der Bundesländer nicht vor dem 17. September die neue Regelung für »alte Fälle« zustande bringen, hat schon mal der Berliner Verantwortliche ein Stück Kuchen im Wahlkampf verteilt. Die Aydins gehen leer aus. Humanität hat hier zu Lande ihre Grenzen.
Meinungsseite — Karin Nölte