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Halb totgeschlagen in Potsdam

(Jörn Boewe) Von den bei­den Tätern, die am frühen Oster­son­ntag einen 37jährigen gebür­ti­gen Äthiopi­er in Pots­dam beina­he tot­geschla­gen haben, fehlt bis­lang noch jede Spur. Das Opfer liegt mit einem schw­eren Schädel-Hirn-Trau­ma immer noch im kün­stlichen Koma. Sein Zus­tand sei zwar sta­bil, aber weit­er­hin lebens­bedrohlich, teilte ein Sprech­er des Klinikums Ernst von Bergmann am Dien­stag in Pots­dam mit. Aus­sagen über mögliche Fol­gen der Ver­let­zun­gen ließen sich erst nach Beendi­gung des kün­stlichen Komas treffen. 

Inzwis­chen hat Gen­er­al­bun­de­san­walt Kay Nehm die Ermit­tlun­gen über­nom­men. Das bedeutet, daß in einem späteren Prozeß nicht die Staat­san­waltschaft, son­dern die Bun­de­san­waltschaft Anklage erheben wird und nicht vor einem Landgericht, son­dern vor einem Ober­lan­des­gericht ver­han­delt wer­den wird. 

Eine Son­derkom­mis­sion der Krim­i­nalpolizei suchte indessen weit­er mit Hochdruck nach den Tätern. Wie ein Polizeis­prech­er am Dien­stag sagte, wur­den am Tatort in der Nähe ein­er Tramhal­testelle in Pots­dam-West Spuren von Fin­ger­ab­drück­en und Schuhen gesichert. Zudem wur­den Tonauf­nah­men ein­er Handy-Mail­box aus­gew­ertet. Das Opfer hat­te kurz vor dem Angriff seine Frau anrufen wollen und danach ver­mut­lich nicht richtig aufgelegt. So war der Stre­it zwis­chen Opfer und Tätern von der Mobil­box aufgeze­ich­net wor­den. Dabei wurde der Mann unter anderem als »dreck­iger Nig­ger« beschimpft. Als er sich darüber beschw­erte, grif­f­en ihn die Täter mit ein­er Flasche an und schlu­gen ihn zu Boden. Als ein vor­beik­om­mender Tax­i­fahrer in den Stre­it ein­greifen wollte, flüchteten die bei­den Unbekan­nten. Nach kurz­er Ver­fol­gung zu Fuß ver­lor der Tax­i­fahrer die Täter in der Dunkel­heit aus den Augen. 

Nach der Mobil­box-Aufze­ich­nung kön­nte ein­er der Täter eine Frau gewe­sen sein, sagte ein Polizeis­prech­er. Die Stim­men sollen isoliert und im Netz unter internetwache.brandenburg.de veröf­fentlicht wer­den. Die Staat­san­waltschaft hat für Hin­weise, die zur Ergrei­fung der Täter führen, eine Beloh­nung von 5000 Euro ausgesetzt. 

Außer­dem stellt die Son­derkom­mis­sion derzeit auch eine soge­nan­nte Per­so­n­en­lage zusam­men. Sie unter­sucht, wer sich zur Tatzeit gegen vier Uhr mor­gens in Tatort­nähe aufge­hal­ten hat. Die Ermit­tler gehen außer­dem bis­lang acht Hin­weisen aus der Bevölkerung nach. 

Das Opfer des Angriffs, der in Addis Abe­ba geborene Inge­nieur, hat seit mehreren Jahren die deutsche Staats­bürg­er­schaft und ste­ht kurz vor sein­er Pro­mo­tion. Er ist mit ein­er Deutschen ver­heiratet und hat zwei Kinder. 

Der bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) kündigte eine kon­se­quente Ahn­dung des Ver­brechens an. »Wir dulden in diesem Lande nicht, daß Men­schen wegen ihrer Haut­farbe, ihrer Reli­gion oder poli­tis­chen Hal­tung von Extrem­is­ten ver­fol­gt, zusam­mengeschla­gen oder gar ermordet wer­den«, sagte er auf ein­er Pressekon­ferenz am Montag. 

Am Mon­tag abend demon­stri­erten etwa 500 Men­schen durch die Pots­damer Innen­stadt. Der Protest­marsch ging vom Platz der Ein­heit bis zum Tatort unweit vom Schloß Char­lot­ten­hof. Auf dem Front­trans­par­ent war zu lesen: »Jedes Opfer ist eines zuviel!«. Die Demon­stran­ten drück­ten ihre Sol­i­dar­ität mit dem Opfer aus und protestierten gegen fortwährende ras­sis­tis­che und neo­faschis­tis­che Über­griffe in Pots­dam. Ein Red­ner betonte: »Antifaschis­tis­ch­er Selb­stschutz ist leben­snotwendig, wie sich jet­zt wieder ein­mal gezeigt hat.«

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