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Halbe: Rück- und Ausblick zum bevorstehenden Nazi-Aufmarsch


Freie Kam­er­ad­schaften wollen am 17. Novem­ber auf dem Sol­daten­fried­hof in Halbe bei Königs Wuster­hausen auf­marschieren. von mariel­la schwertmüller
Sie ver­suchen es wieder ein­mal. Rund 1 000 Recht­sex­treme aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et wer­den am Volk­strauertag in Halbe erwartet. Die mil­i­tan­ten Freien Kam­er­ad­schaften um den Ham­burg­er Neon­azi Chris­t­ian Worch ver­suchen, an die erfol­gre­ichen recht­sex­tremen Aufmärsche auf dem Wald­fried­hof von Halbe in den Jahren 1990 und 1991 anzuschließen. 

 

Mit Fack­eln, Tromm­lern und in schwarz-brauner Uni­form zogen damals Neon­azis über den größten Sol­daten­fried­hof Deutsch­lands, auf dem rund 22 000 Sol­dat­en begraben sind, darunter Ange­hörige des 11. SS-Panz­erko­rps und des 5. SS-Gebirgsko­rps, die gegen die let­zte Offen­sive der Roten Armee vor der Ein­nahme Berlins einge­set­zt wur­den und wegen ihres bru­tal­en Vorge­hens gegen Deser­teure und Kriegs­geg­n­er in der Bevölkerung gefürchtet waren. 

 

Die Neon­azis feierten dort Anfang der neun­ziger Jahre den Auf­schwung ihrer Bewe­gung nach der Wiedervere­ini­gung. Organ­isiert wurde das Spek­takel, das aus­drück­lich der Waf­fen-SS huldigte, vom Berlin­er Ableger der recht­sex­tremen Deutschen Kul­turge­mein­schaft (DKG), die sich später in Berlin­er Kul­turge­mein­schaft Preußen umbe­nan­nte, und von den Jun­gen Nationaldemokraten. 

 

Waren es 1990 vor allem Neon­azis aus Berlin, Bran­den­burg und Nord­deutsch­land, die zwis­chen den Gräber­rei­hen umher­stolzierten, kamen im fol­gen­den Jahr alte und junge Nazis aus ganz Deutsch­land, Bel­gien, Spanien, Frankre­ich und den Nieder­lan­den, um ihre »Helden« zu ehren. Die auf­fäl­lig­sten For­ma­tio­nen stell­ten die Wik­ing-Jugend, die Nation­al­is­tis­che Front und die Berlin­er Nazirock­er­gruppe »Van­dalen«. Viele der damals beteiligten Grup­pen wur­den inzwis­chen ver­boten. Nicht so die »Van­dalen«.

 

Die Sicher­heits­be­hör­den rech­nen damit, dass sich sehr viele Recht­sex­treme an dem Auf­marsch beteili­gen. Und auch AntifaschistIn­nen gehen davon aus, dass die Sym­bo­l­ik des Ortes und des The­mas mehr als 1 000 Neon­azis aus ganz Deutsch­land anziehen wird. Auf jeden Fall wollen der ehe­ma­lige FAP-Vor­sitzende Fried­helm Busse, Chris­t­ian Worch und der Lie­der­ma­ch­er Jörg Häh­nel als Red­ner auftreten. 

 

Ein Ver­bot des Auf­marsches durch das zuständi­ge Amt Schenken­länd­chen wurde vom Ver­wal­tungs­gericht Cot­tbus Ende Okto­ber im Eil­ver­fahren aufge­hoben. Während Worch und seine Gefol­gsleute ihren »Sieg« feiern, hat das Gericht eine mehrdeutige Entschei­dung getroffen. 

 

Zum einen wurde fest­gestellt, dass die Neon­azis wegen ein­er im Jahr 1995 erlasse­nen Fried­hof­sor­d­nung keinen Anspruch auf eine Ver­samm­lung auf dem Gelände haben; zum anderen wandte sich das Gericht gegen das Amt Schenken­länd­chen. Das Ver­bot sei unzure­ichend begrün­det und daher aufge­hoben wor­den. Der Amts­di­rek­tor Rain­er Onck­en gab sich zwar entschlossen mit der Aus­sage, man wolle »gar keine Extrem­is­ten jed­wed­er Couleur in Halbe« haben, er wird dem Auf­marsch aber kaum mehr etwas Ern­sthaftes ent­ge­genset­zen können. 

 

Die Freien Kam­er­ad­schaften beto­nen bei ihrer Mobil­isierung die Lobpreisung des Nation­al­sozial­is­mus. So heißt es auf der Web­seite des Freien Infotele­fons Nord­deutsch­lands (FIT): »Wir bit­ten Euch aktiv darin mitzuwirken, dass jed­er Ver­band der Wehrma­cht, Waf­fen-SS, Volkssturm und der Hitler­ju­gend, die in Halbe und Umge­bung gekämpft haben, sep­a­rat einen Kranz erhält. Damit nun nicht alles drunter und drüber läuft, bit­ten wir Euch im Vor­feld sich bei uns zu melden. Ihr erhal­tet dann einen Divi­sion­sna­men, den ihr ver­wen­den kön­nt, z.B. 36. SS-Divi­sion Dirlewanger.« 

 

Ein­er der Betreiber des Infotele­fons, Lars Jacobs, fungiert auch als Anmelder des Auf­marschs. Er begann seine Neon­azikar­riere in Ros­tock als Aktivist der FAP und gilt als enger Ver­trauter von Worch. 

 

Während die Sicher­heits­be­hör­den Bran­den­burgs seit 1992 die recht­sex­tremen Aufmärsche in Halbe mit entsch­ieden­er Polizeipräsenz unter­ban­den und die Neon­azis am so genan­nten Volk­strauertag auf Kriegerdenkmäler und Fried­höfe in ihren jew­eili­gen Regio­nen auswe­ichen mussten, blieb es zulet­zt still um Halbe. Ein Ver­such des Pren­zlauer Neon­azikaders Gor­don Rein­holz, im ver­gan­genen Jahr im Namen des Jun­gen Nationalen Spek­trums am 17. Novem­ber einen Auf­marsch in Halbe anzumelden, wird von AntifaschistIn­nen als »Pro-For­ma-Aktiv­ität« bew­ertet. Auf das behördliche Ver­bot reagierte Rein­holz jeden­falls nicht. 

 

Gedenkver­anstal­tun­gen am 17. Novem­ber fan­den in den ver­gan­genen Jahren aber trotz­dem statt. Organ­isiert wur­den sie vom Volks­bund Deutsch­er Kriegs­gräber­für­sorge in Zusam­me­nar­beit mit der örtlichen Kirchenge­meinde und Offiziellen des Land­kreis­es. Auch Vertreter der Lan­desregierung hiel­ten Reden. Eine kri­tis­che Auseinan­der­set­zung mit der Geschichte des Wald­fried­hofes hat es in Halbe nie gegeben. Das ver­wun­dert kaum, gilt die Gegend rings um Königs Wuster­hausen doch als Hochburg der Neonazis. 

 

Ein Bran­dan­schlag auf ein Roma-Camp im Som­mer des Jahres 2001, Angriffe auf nicht rechte Jugendliche und der NPD-Kreisver­band Spree­wald, der mit seinem Vor­sitzen­den Rein­hard Goliber­such als ein­er der aktivsten gilt, tra­gen dazu bei, dass Königs Wuster­hausen, Halbe und andere Orte in der Region seit langem als No-Go-Areas für alle gel­ten, die nicht ins rechte Welt­bild passen. 

 

Unab­hängige Antifa­grup­pen und die Antifaschis­tis­che Aktion Berlin (AAB) wollen mit ihren Gege­nak­tiv­itäten in Halbe am 17. Novem­ber nicht nur den Neon­azi-Auf­marsch ver­hin­dern, son­dern auch der eben­falls auf dem Wald­fried­hof in Halbe bestat­teten 57 Wehrma­chts­de­ser­teure und sow­jetis­chen Zwangsar­bei­t­erIn­nen gedenken. Geplant sind u.a. eine Kundge­bung vor dem Fried­hof sowie eine Demon­stra­tion in Halbe. 

 

Auf ein­er der Kundge­bun­gen wird auch Lud­wig Bau­mann, der Vor­sitzende der Bun­desvere­ini­gung Opfer der NS-Mil­itär­jus­tiz e.V., als Red­ner auftreten. Sil­vio Kurz, der Sprech­er des unab­hängi­gen Antifa-Bünd­niss­es, sagte: »Es wird sich zeigen, ob eine Gedenkkundge­bung für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus zugun­sten ein­er Glo­ri­fizierung von NS-Ver­brech­ern ver­boten oder ver­legt wird.«

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